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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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versuche, irgendwo anders ein Stipendium zu bekommen.«
    »Im Ausland?«
    »Ja, klar.« Shakila gräbt ein kleines Loch in den Sand, schmeißt ihre Zigarettenkippe hinein und schüttet es zu. »Was ist mit dir? Was treibst du so?«, fragt sie mich. Vielleicht weiß sie, dass ihr Vater eine Abtreibung bei mir vorgenommen hat? Vielleicht weiß sie es aber auch nicht.
    »Ich bin krank gewesen, lange. Wohne bei meiner Schwester gleich da oben.« Ich zeige hinauf zum Villenviertel.
    »Ja, ich weiß, wo das ist, mit dem KLM -Mann, nicht wahr? Und dein Examen hast du nicht gemacht?«
    »Nein.« Ich will nicht darüber reden, darum füge ich hinzu: »Vielleicht hol ich’s noch nach, bei einer Nachprüfung.«
    »Fährst du zurück nach Tanga?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Ich will nicht«, sage ich; ich habe keine Lust, über meine Mutter, meinen Vater, England … diese ganze Scheiße zu reden.
    »Und was machst du so, hier in Dar?«
    »Ich langweile mich.«
    »Vielleicht könnten wir … etwas unternehmen?«
    »Gehst du in den Marine’s Club?«
    »Ja, hin und wieder.«
    »Kann sein, dass wir uns dort sehen«, sage ich. Eigentlich will ich gern, aber … Ich weiß ja, wo sie wohnt. Ich könnte einfach vorbeischauen. Aber nicht, wenn ihr Vater zu Hause ist. Ich weiß nicht.
    Marines
    Ich gehe zum Filmabend in den Marine’s Club in der Laibon Street. Er liegt direkt gegenüber der amerikanischen Botschaft und dem Wohnhaus des Botschafters. Soldaten wohnen im Gebäude, und am Ende des Gartens steht eine große weißlackierte Wand aus Holzplatten, auf der jeden Donnerstag ein Film gezeigt wird. An der Bar gibt es Heineken zu kaufen, das die Botschaft für den Eigenbedarf importieren darf. Mich lässt man sofort herein – junges Fleisch. Obwohl ich noch immer ziemlich dünn bin, wird mein Arsch allmählich wieder fülliger. Ich gehe ein bisschen im Garten umher und schaue mich um; Shakila ist nicht hier, ich kenne niemanden. Nur hirntote Marines, die mich gierig anstarren. Kaufe mir ein Heineken an der Bar. Vor der Holzwand steht eine Reihe Plastikstühle auf der Grasfläche. Noch hat sich niemand hingesetzt. Ich setze mich auf einen Platz in der dritten Reihe ganz außen. Trinke mein Bier. Ein Marine kommt auf mich zu – aufgepumpte Muskeln, kurzgeschorener Schädel. Er stellt einen Fuß auf den leeren Stuhl neben mir. Beugt sich vor. Nennt seinen Namen.
    »Und wer bist du?«, will er wissen.
    »Sam the man«, antworte ich. Er bietet mir eine Marlboro an, die ich annehme.
    »Kommst du mit ins Haus? Ich hab noch Stärkeres als das hier«, sagt er und nickt in Richtung Bier und Zigaretten. Ich bin unsicher. Drehe mich auf dem Stuhl um und schaue zur Bar, die von Leuten umstanden ist.
    »Willst du die einheimischen Mädchen im Stich lassen?«, frage ich ihn. Er folgt meinem Blick.
    »Du gefällst mir besser.«
    »Weißt du was?«
    »Nein.«
    »Mein Vater ist Soldat. Und das reicht mir vollkommen.«
    Ein Junge geht die Stuhlreihe entlang, dem Soldaten entgegen. Er wirft sich ohne weiteres auf den Stuhl neben mich und knallt seine Füße in Tennisschuhen auf den Stuhl davor. Schaut mich an und guckt dann wieder vor sich hin, ein kleines Lächeln umspielt seine Mundwinkel.
    »Was für ein Soldat?«, fragt der Marine. Ich lasse meine Zigarette auf den Rasen fallen, trete sie mit der Schuhsohle aus, sehe ihn an – der kleine Bursche, der sich neben mich gesetzt hat, irritiert ihn offensichtlich.
    »Söldner«, erwidere ich.
    »Wirklich? Wo?«
    »Hier in Afrika. Und Typen wie dich verspeist er zum Frühstück.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Das macht nichts«, sage ich, »denn ich weiß es.«
    »Was für eine Ausbildung hat er denn?«
    » SAS «, antworte ich. Der Soldat richtet sich ein wenig auf.
    »Den würde ich gern mal kennenlernen«, sagt er.
    »Tja, eigentlich lege ich darauf überhaupt keinen Wert.«
    Total anders
    »Marine«, sagt der Bursche, der sich neben mich gesetzt hat. »Begreifst du nicht, dass sie dir einen Korb gibt?« Der Soldat holt tief Luft, um etwas zu erwidern, verzieht dann aber nur das Gesicht, nimmt seinen Fuß vom Stuhl und geht. Ich werfe dem jungen Burschen einen gleichgültigen Blick zu.
    »Ich heiße Jack«, sagt er.
    »Hey, Jack, hast du eine Zigarette?«
    »Natürlich, Süße, und ich hab noch mehr als nur ’ne Zigarette.« Er blinzelt mir zu.
    »Wer bist du?«
    »Amerikaner. Der Sohn des neuen Botschafters.«
    »Tja, das erklärt wohl, warum der Fleischkopf dir keine geknallt

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