Existenz
Tor verlegen innegehalten. Doch ihr Starrsinn setzte sich durch. Ich schaffe es!
Nach und nach wurden die Geräusche besser.
Schließlich gelang ihr eine Mitteilung.
»H-h-h-allo … D-docsss …«
Natürlich waren sie sehr großzügig mit Lob und positiver Bestärkung. Ja, es fühlte sich gut an, den Ärzten zu helfen und Fortschritte zu erzielen. Das alles – und die Aussicht, nicht mehr auf das Morse-Alphabet angewiesen zu sein – half Tor, mit dem Gefühl fertigzuwerden, gönnerhaft behandelt zu werden und den einen oder anderen Klaps auf die metaphorische Schulter zu bekommen, ohne darüber entscheiden zu können, was als Nächstes kam.
Ich werde bald in der Lage sein, mir wieder Geltung zu verschaffen. Meine Auto nomie zu erklären. Für fähig gehalten zu werden, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Und vielleicht – wenn ich möchte – dies alles zu beenden.
Es war ein harscher Gedanke, und er erschien ihr undankbar angesichts der beträchtlichen medizinischen Fortschritte. Aber trotzdem, es war ihr Gedanke. Tor hatte kaum etwas anderes, das ihr gehörte, abgesehen von Gedanken.
Jedenfalls, diese Vorstellung verharrte nicht lange in ihr, denn der nächste Versuch, den die Ärzte unternahmen, lenkte sie von allem anderen ab.
Sie verbanden Tor mit der Cloud.
Mechaniker
Mann, was für ein Scheiß!
Ich sollte vorsichtig sein mit dem, was ich sage. Als öffentlicher Sprecher des Freiheitsclubs wäre es besser, wenn ich von »illegaler Aktivität« Abstand nehme. Ein Prinzip revolutionärer Bewegungen, das bis auf Bakunin zurückgeht, besteht aus strenger Teilung zwischen militantem und politischem Flügel.
Aber zum Teufel auch, ich hab die Schnauze voll. Was haben wir erreicht seit dem gloriosen Ereignis, das die Vollidioten Furchtbartag nennen? Als es für einen wundervollen Moment den Anschein hatte, das ganze korrupte Gebäude aus Habgier, Bürokratie und Technik könnte in sich zusammenfallen? Seit damals … welch eine Enttäuschung! Der Große Ted, der in seiner kleinen Berghütte arbeitete und den Käfig der Modernisten erschütterte … Warum sind wir nicht dazu imstande?
Fehlschläge häufen sich. Hat die Atombombe in den Pyrenäen irgendetwas bewirkt? Gerüchten zufolge entkam die Abscheulichkeit, die Baskische Chimäre. Schlimmer noch, eine ganze Herde wiederauferstandener Mammuts grast jetzt in Kanada, ganz zu schweigen von einer Million Hektar genmanipuliertem ganzjährigem Weizen! Und gottverdammte intelligente Computer werden jeden Tag schlauer! Und was haben die kühnen Anhänger von Kaschinski, McVey und Fu-Wayne in letzter Zeit dagegen ausgerichtet?
Die Tölpel können nicht mal einen mit explosivem Gas gefüllten Zeppelin in die Luft jagen! Das Ding aus dem All hat also überlebt, und wer weiß, wie viele grässliche neue Technologien die Mistkerle aus ihm herausquetschen werden?
Die Zeit der Entscheidung naht! IHR passiven Unterstützer des Besseren Wegs müsst wählen. Ihr könnt euch der friedlichen Abkehrbewegung anschließen, wie wehleidige Schwachköpfe, dem »Propheten« folgen und innerhalb des korrupten Systems arbeiten …
… oder ihr greift zu den Waffen! Bietet eure Fähigkeiten und euer Leben dem militanten Flügel an und helft, diese wankende sogenannte Zivilisation zu Fall zu bringen!
Wie ihr euch uns anschließen könnt? Erhebt eure Stimme. Wir finden euch.
Konsensuelle Realität 31
Natürlich war Laceys Generation schuld.
Schließlich war sie es gewesen, die »kontinuierlich geteilte Aufmerksamkeit« erfunden hatte. Die voller Stolz von einem Thema zum nächsten sprang, sich mit zahlreichen Projekten gleichzeitig beschäftigte und überall zugegen war, um auch die letzten Ecken und Winkel des Jetzt auszukosten.
Aber Lacey hatte das Gefühl, dass sie sich mehr wichtigen Themen als jemals zuvor widmen musste, und jedes einzelne von ihnen hätte ihre volle Aufmerksamkeit verdient. Sie wusste, dass die Multitasking-Fähigkeiten des menschlichen Gehirns begrenzt waren; es wählte ständig aus und priorisierte, kehrte früher oder später zu dem Gedanken zurück, den es für den wichtigsten hielt, zum Elefanten im Zimmer.
Ich bin eine schreckliche Mutter.
Sie kümmerte sich um Angelegenheiten in der Schweiz, Afrika, hier in Washington und im Weltall, doch jener Gedanke meldete sich immer wieder zu Wort. Nach den moralischen Maßstäben einer beliebigen menschlichen Kultur hätte sie alles stehen und liegen lassen sollen, um an der Suche nach ihrem
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