Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
Korporationsressourcen für unsere Zwecke einzusetzen, für die Suche nach meinem Jungen. Und zwar so schnell wie möglich.«
    »Ich kümmere mich darum, Madam«, erwiderte der Avatar. Er schien zurückzuweichen, ohne sich umzudrehen, verbeugte sich und wurde kleiner, bis er im Picasso-Bild verschwand, einer der optischen Tricks, die sich KIs einfallen ließen, um das menschliche Auge zu narren. Den Grund dafür kannte niemand.
    Wir nehmen es einfach hin. Weil es uns amüsiert. Und weil es den KIs offenbar Spaß macht.
    Und weil sie ganz genau wissen, wie groß unsere Angst vor ihnen ist.
    Ein anderer Bediensteter erschien, gekleidet in eine ähnliche Uniform, blaugrün und mit gelben Paspeln. In diesem Fall handelte es sich um eine junge Frau, eine der Kamerun-Flüchtlinge, die Lacey seit vielen Jahren un terstützte. Sie war absolut loyal, was ein detaillierter PET-Scan bestätigt hatte.
    Lacey nahm eine dampfende Tasse Tee entgegen und murmelte ein Dankeschön. Um nicht an Hacker zu denken, lenkte sie ihre Gedanken in eine andere Richtung, zurück zu dem riesigen Apparat, den ihr Geld in den Anden gebaut hatte. Ein kleiner Orden klösterlicher Astronomen bereitete das unkonventionelle Instrument jetzt, da der Abend dämmerte, auf den ersten Einsatz vor.
    Es spricht wohl für die Zeiten, in denen wir leben, dass keine der großen Mediengruppen einen Journalisten mit dem Auftrag geschickt hat, live über die Einweihungsfeier zu berichten. Wir haben nur ein paar Feed-Pods bekommen, die wir auspacken und selbst aktivieren mussten, damit die lästigen Dinger über uns schweben und dumme Fragen stellen konnten.
    Die Berichte und Web-Feeds schienen kaum hilfreich zu sein. Abgesehen von Wissenschafts-Junkies und SETI-Fans bestand die Reaktion vor allem aus müdem Zynismus und nicht etwa erwartungsvoller Aufregung.
    »Welchen Sinn hat es?«, fragte die destillierte Massenstimme mit einem kollektiven Gähnen. »Wir wissen bereits, dass es dort draußen Leben gibt, in den Umlaufbahnen einiger naher Sonnen. Auf Planeten mit Teichen, in denen Einzeller schwimmen. Auf Welten, wo sich Bakterien zwischen wandernden Dünen wohlfühlen. Und? Was bedeutet das für uns? Wir sind nicht einmal in der Lage, den Mars und die dortigen Bakterien zu besuchen.«
    Es war nicht Laceys Aufgabe, auf derartigen Medienspott zu reagieren. Sie beschäftigte professionelle Einflüsterer und Schmeichler, die das für sie erledigten und dafür warben, die Suche fortzusetzen, den Himmel auf eine neue Art zu durchkämmen. In der Hoffnung, dass der Blick auf eine blaue Welt, vielleicht eine zweite Erde, den Menschen etwas Freude zurückbrachte. Aber es war sehr mühsam.
    Selbst bei Ihresgleichen, bei anderen »Kathedralenbauern« in der Aristokratie, stieß Laceys Lieblingsprojekt auf wenig Respekt. Helene duPont-Vonessen und andere führende Zillis hielten das Fernsucher angesichts vieler moderner Probleme, die Aufmerksamkeit verlangten, für Verschwendung. Neue Krankheiten in den überfluteten Küstenbereichen erforderten medizinische Stiftungen, die sie untersuchten. Schwelende Städte, in denen ein großzügig eingerichtetes Kulturzentrum die unruhige Bevölkerung besänftigen und ihr vielleicht sogar Zufriedenheit geben konnte. Monumente, um den Mob zu beschwichtigen und Zilli-Familien Sicherheit zu geben, sie vielleicht sogar populär zu machen. Im zwanzigsten Jahrhundert hatten Regierungen all die großen Universitäten, Bibliotheken, Forschungszentren, Museen, Arenen, Observatorien, Monumente und Internets gebaut. Jetzt stöhnten sie unter der Schuldenlast und überließen solche Dinge den Megareichen, wie in alten Zeiten. Eine Tradition so alt wie die Medici. Wie Hadrian und Domitian. Wie die Pyramiden.
    Neublesse oblige. Ein wichtiger Teil des Big Deal, um einen Klassenkrieg zu verhindern, neben dem – laut den Computermodellen – 1789 wie ein Picknick ausgesehen hätte. Aber niemand rechnete damit, dass der Big Deal lange von Bestand blieb. Helenas vom Papageienhirn verschlüsselte Mitteilungen deuteten darauf hin, dass die Zeit knapp wurde. Das überraschte Lacey nicht.
    Aber ein Bündnis mit dem Propheten … mit Tenskwatawa und seiner Bewegung …
    Muss es dazu kommen?
    Es war nicht etwa so, dass sich Lacey dem Big Deal sehr verpflichtet fühlte. Oder der Demokratie und so weiter. Die abendländische Aufklärung ging ganz offensichtlich ihrem Ende entgegen. Jemand musste in der neuen Ära die Führung übernehmen. Warum nicht jene, die

Weitere Kostenlose Bücher