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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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alte Mönche bemerken sollen, oder?«
    Diesmal war das Gelächter spontan. Noch immer nervös, aber echt. Mit der Stangenlinse beobachtete Tor, dass auch einige der Dürren lachten und den Spott gutmütig hinnahmen. Brookeman hatte es wirklich gut drauf.
    »Denken Sie daran, dass Alter und Tod große Recycler sind! In einer Welt, die sowohl überbevölkert als auch zugunsten des Alters aus dem Gleichgewicht geraten ist … Glauben Sie im Ernst, dass die nächste Welle junger Leute für immer in Ihrem Schatten bleiben möchte?
    Um es für einen Moment philosophisch zu sehen: Bieten Sie nicht einfach nur falsche Hoffnung an, die den heutigen Alten den großen Trost nimmt, an dem sich jede alternde Generation festklammert, wenn es für sie Zeit wird, die Mühsal des Irdischen zu verlassen? Ich meine den Trost, dass es wenigstens alle trifft.
    Während aller vergangenen Epochen hat diese einfache, universelle Tatsache – dass der Tod keine Unterschiede macht – den Alten dabei geholfen, ihn zu akzeptieren und das Leben loszulassen. Es ist schmerzlich und traurig, aber zumindest dieser eine Aspekt des Lebens schien fair zu sein. Ob reich oder arm, ob glücklich oder unglücklich: Alle erreichen den gleichen Punkt, mit ungefähr der gleichen Geschwindigkeit. Wer hat gesagt, dass unser Leben nur dann einen Sinn bekommt, wenn wir uns unserer Sterblichkeit bewusst sind?
    Aber jetzt betonen Sie immer wieder, dass der Tod nicht notwendig ist . Verwandeln Sie einen bis dahin normalen Rhythmus nicht in eine bittere Pille? Insbesondere dann, wenn das Versprechen (wie zu vermuten ist) leer bleibt und die Menschen sich trotzdem damit abfinden müssen, trotz all Ihrer schönen Worte?«
    Brookeman schüttelte den Kopf.
    »Aber lassen Sie mich großzügig sein und davon ausgehen, dass Sie zumindest teilweise erfolgreich sind. Angenommen, nur die Reichen können sich das Geschenk eines verlängerten Lebens leisten. Das passiert doch mit den meisten großartigen neue Dingen, oder? Werden sie nicht zuerst von den Mächtigen für sich beansprucht? Ihr Gottmacher sagt, dass ihr ein egalitäres Wunder wollt, ein neues Zeitalter für alle. Aber ist es nicht wahrscheinlicher, dass ihr ein neues Volk von Olympiern schaffen würdet? Nicht nur privilegiert und elitär, sondern auch permanent und unsterblich.«
    Jetzt herrschte Stille im Saal. Tor fragte sich, ob Brookeman zu weit gegangen war.
    »Seien wir doch ehrlich«, wandte sich der große Mann an 3012 Zuhörer im Saal und 9 164 087 weitere, die weltweit zugeschaltet waren. »Ihr Techno-Transzendentalisten unterscheidet euch nicht von den Jahrtausendpredigern und Propheten, die vor euch kamen. Die gleiche glotzäugige, hektische Leidenschaft. Leute, die sich immerzu etwas Besseres wünschen, als sie in der Hand halten. Und die gleiche Bereitschaft zu glauben! Zu glauben, dass etwas Besseres für all jene erreichbar ist, die das richtige Gebet sprechen. Für jene, die sich den rechten Glauben zu eigen machen, oder die rechte Tugend. Oder die sich die geheime Formel ausgedacht haben.
    Aber die früheren Propheten waren viel schlauer als Sie! Denn die von ihnen in Aussicht gestellte Erlösung war meistens mehrdeutig , angesiedelt in einer nicht näher bestimmten Zeit und an einem nicht näher bestimmten Ort. Oder sie befand sich gleich ganz in einer anderen Sphäre. Und wenn die Verheißung nicht in Erfüllung ging? Der Priester oder Schamane konnte immer den Ungläubigen die Schuld daran geben. Oder Gefolgsleuten, die nicht tugendhaft genug waren. Oder die Formel nicht ganz richtig hinbekamen. Manchmal richtete sich der anklagende Finger auch auf Gott.
    Aber Sie hier? Hinter wem wollen Sie sich verstecken, wenn die Enttäuschung beginnt? Ihr Glaube an den Homo technologicus – den Bastelnden Menschen – hat einen großen Fehler. Er lässt Ihnen keine Hintertür offen.
    Wenn sich Ihre großartigen Versprechungen nicht erfüllen … Wem werden die enttäuschten Massen dann die Schuld geben?
    Allein … Ihnen.«

Abkehrer
    Im Jahr 1421 brach Admiral Zheng He mit einer großen Flotte chinesischer Schiffe auf – einige von ihnen mehr als hundert Meter lang –, um Tribut von den Barbaren jenseits der Meere einzusammeln und die ganze Welt in konfuzianischer Harmonie zu vereinen.
    Ironischerweise schrieb Konfuzius – oder Kung-tse beziehungsweise Kong-tse – in seinen Analekten: »Während seine Eltern leben, sollte der Sohn keine weite Reise ins Ausland unternehmen.« Zheng Hes Eltern kamen

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