Exit Mosel
werden die Schiffer informiert.« Stadler hatte seine Jacke ausgezogen und hängte sie über einen Bügel.
Grabbe versuchte dem Gespräch zu folgen, um sich von seinen aktuellen Problemen abzulenken. Er wunderte sich, wie schnell sie die Insel vor der Kaiser-Wilhelm-Brücke erreichten. Mit dem Wagen waren sie vorhin kaum schneller gewesen. Üblicherweise hielt sich Gabi nicht an Geschwindigkeitsbeschränkungen, aber heute hatte sie sich auffallend zurückgehalten. Ein Indikator dafür, dass es ihr wirklich nicht gut ging.
Nicht gut ging? Für wenige Minuten hatte Grabbe vergessen, gegen was er ankämpfte. Nun war die Panik wieder da. Er atmete so tief ein, dass es wie ein Seufzer klang.
»Sie kennen sich bereits? Das ist Simone.«
Während Grabbe versuchte, das Lächeln der jungen Frau mit dem Dienstwappen auf dem dunkelblauen Pullover zu erwidern, fragte Stadler: »Was war denn mit Gabi los?«
»Ich glaube, sie hat gefeiert«, antwortete Grabbe halblaut.
»Hmh. Hab’ ich ihren Geburtstag verschwitzt?«
War es der momentane Groll, den er gegen seine Kollegin hegte, oder wollte er sich mit seinem illoyalen Gerede ablenken? Nach einem Strohhalm greifen, der ihn vor seiner Panik bewahren sollte?
»Nein. Ihr Freund hatte, glaube ich, Premiere am Theater. Und so heftig war es nun auch wieder nicht«, versuchte er, die Sache herunterzuspielen.
»Die Theaterleute haben einen ganz anderen Lebensrhythmus als wir, die früh zur Arbeit erscheinen müssen.«
Grabbe haderte damit, möglicherweise bereits zu viel erzählt zu haben. Am besten sagte er nichts mehr zu dieser Geschichte.
Als sie die Brücke passierten, wandte Grabbe nur kurz seinen Blick von der Fahrtrichtung, um nach rechts auf Zurlauben und dann nach links auf die roten Sandsteinfelsen zu sehen, wo oben auf dem Plateau das Weißhaus thronte.
*
In der Wohnung war es ruhig. Nachdem Walde die Einkaufstüte in der Küche abgestellt hatte, nahm er die Schnur aus seiner Jackentasche und schloss das Ladekabel an sein Mobiltelefon an. Er fand Doris im Musikzimmer, wo sie Wäsche auf dem Bügelbrett ausgebreitet hatte.
»Wie hast du geschlafen?« Er trat hinter sie und küsste ihren Nacken.
»Ich glaube, so eine Phase braucht man, um zu wissen, was wirklich wichtig ist.« Sie faltete ein winziges Babyhemd zusammen.
»Wie meinst du das?«
»Mal wieder zu spüren, wie wichtig Schlafen und Essen ist. Und …« Sie drehte sich zu ihm um und legte ihre Arme um seine Schulter. »… eine Familie zu haben.« Während sie sich zu ihm vorbeugte und auf die Zehen stellte, um ihn zu küssen, hielt sie inne. Erst dachte er, das Baby würde sich melden, aber dann identifizierte er das Geräusch als das Klingeln seines Handys in der Diele. Hoffentlich wurde Mathilda nicht wach. Doris ließ ihn los, und er eilte mit großen Schritten in die Diele.
»Entschuldige, störe ich?«
Walde erkannte Gabis Stimme. »Wie man’s nimmt.«
»Dann noch einen schönen Tag.«
»Was gibt’s denn?«, beeilte er sich zu sagen, bevor seine Kollegin auflegte.
»Du wirst es nicht glauben, Grabbe ist mit dem Polizeiboot losgedüst.«
»Was ist denn in ihn gefahren?«
»Vielleicht gibt es ihm neuen Mut, wenn du Urlaub hast.« »Und warum ist er auf der Mosel unterwegs?«, fragte Walde.
»Stadler hat eine Leiche in einem versunkenen Auto gemeldet.«
»Hat das was mit dem Mann zu tun, von dem TELE Mosel berichtet hat?«
»Seit wann guckst du diesen Quatsch? Ich wollte dir nur das von Grabbe sagen.«
»Jetzt kannst du mir auch den Rest erzählen.«
»Stadler meint, es sei kein Unfall.«
»Danke. Und welchen Eindruck hast du?«
»Keinen. Der Wagen muss noch aus der Mosel geborgen werden. Grabbe ist mit dem Polizeiboot unterwegs.«
»Und warum bist du nicht mitgefahren?«
»Es hat sich einfach so ergeben«, wich sie aus.
Walde blickte zu Doris. »Bitte halte mich auf dem Laufenden.«
In der Küche packte er Sellerie, Petersilie, Lauch und Karotten aus der Tüte, die er vom Markt mitgebracht hatte.
Als Doris eine Viertelstunde später in die Küche kam, hatte er bereits verschiedene Schalen mit geputztem Gemüse auf der Arbeitsplatte neben dem Herd stehen. Das Handy hing wieder am Ladekabel.
»Hast du einen neuen Fall?«, fragte sie.
»Wie kommst du darauf?« Er überlegte, ob Ringe unter den Augen generell eine Frau hübscher machten oder ob das nur bei Doris der Fall war.
»Du pfeifst beim Kochen?«
Das war ihm gar nicht aufgefallen.
»Das machst du, seitdem Gabi angerufen
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