Exit
lassen müßten?«
»Vicki!« fuhr Steph dazwischen.
»Klar«, sagte ich lächelnd, »die Reaktion ist vollkommen normal, doch manchmal kann man Angst mit Verhaltenstherapie lindern.«
Sie lachte gepreßt. »Ach ja? Dann wünsch ich Ihnen viel Glück.«
Stephanie wollte etwas sagen, doch ich hielt sie zurück.
»Laß uns jetzt gehen.«
»Ja. Denken Sie daran«, mahnte sie Bottomley, »keine orale Medikation mehr, nur Speisen und Getränke.«
»Ja, Doktor. Übrigens, ich muß für ein paar Minuten weg.« Stephanie schaute auf ihre Uhr. »Haben Sie denn Pause?«
»Nein, ich wollte nur schnell zum Geschenkladen und Cassie ein Häschen kaufen - diese Stofftiere, wissen Sie, so eins wie in den Trickfilmen im Fernsehen. Sie ist ganz verrückt danach. Solange Sie bei ihr sind, wird sie sicher ein paar Minuten ohne mich auskommen.« Sie lachte noch einmal ihr gepreßtes Lachen und watschelte schnell davon.
»Entschuldige, Alex. Das ist das erste Mal, daß ich sie so erlebe.«
»Hat sie Cassie früher schon einmal betreut?«
»Mehrmals - fast von Anfang an. Zu Cindy hat sie mittlerweile ein gutes Verhältnis, und Cassie scheint sie auch zu mögen.«
»Sie scheint ziemlich besitzergreifend zu sein.«
»Sie neigt dazu, sich voll zu engagieren, doch das hab ich immer als etwas Positives betrachtet. Die Familien lieben sie - sie ist eine der hingebungsvollsten Schwestern, mit denen ich je gearbeitet habe.«
»Erstreckt sich ihre Hingabe auch auf Hausbesuche?«
»Nein, soweit ich weiß, nicht. Die einzigen Hausbesuche habe ich selbst gemacht, mit einem der Spezialisten, ganz am Anfang, als wir den Schlafmonitor installierten. - Du willst doch nicht andeuten, daß sie etwas zu tun haben könnte mit -«
»Ich deute gar nichts an«, versetzte ich, wobei ich mich fragte, ob das nicht doch der Fall war, zumal Bottomley mich angegriffen hatte. »Ich stelle nur eine weitere Hypothese zur Debatte.«
»Und was für eine. Eine Münchhausen-Schwester. Ihr medizinischer Hintergrund würde jedenfalls passen.«
»Es hat solche Fälle gegeben: Schwestern und Ärzte, die sich nach Beachtung sehnen, und gewöhnlich sind es die, die auch besonders besitzergreifend erscheinen. Wenn aber Cassies Anfälle immer zu Hause auftraten und nie hier im Krankenhaus, dann kann Vicki unmöglich etwas damit zu tun haben, es sei denn, sie geht bei den Jones' ein und aus.«
»Das tut sie nicht, jedenfalls nicht, daß ich wüßte. Nein, bestimmt nicht - davon hätte ich erfahren.«
Stephanie schien verunsichert und niedergeschlagen. Mir wurde klar, welche Belastung der Fall für sie war.
»Es wäre gut, zu wissen, warum sie mir gegenüber so feindselig ist«, sagte ich. »Es interessiert mich nicht etwa aus persönlichen Gründen, sondern im Zusammenhang mit dem Beziehungsnetz dieser Familie. Wenn Vicki und die Mutter sich nahestehen und Vicki mich nicht leiden kann, dann könnte das meine Aufgabe sehr erschweren.«
»Das sehe ich ein, aber ich habe keine Ahnung, was mit ihr los ist.«
»Ich nehme nicht an, daß du deinen Verdacht gegenüber Cindy mit ihr besprochen hast?«
»Nein, du bist der erste, mit dem ich darüber rede. Und wenn ich Anweisung gebe, Cassie keinerlei Medizin zu verabreichen, dann erkläre ich das stets mit dem Risiko von Nebenwirkungen, die eine Diagnose erschweren würden. Mit derselben Begründung habe ich auch Cindy gebeten, kein Essen von zu Hause mitzubringen. Vicki und die Schwestern auf den anderen Schichten haben alles zu protokollieren, was Cassie zu sich nimmt.« Sie runzelte die Stirn. »Wenn Vicki ihre Befugnisse überschreitet, dann wissen wir überhaupt nicht mehr, wo wir stehen. Soll ich sie versetzen lassen? Die Pflegeverwaltung würde mir zwar die Hölle heiß machen, doch damit würde ich schon fertig.«
»Nein, meinetwegen nicht. Lassen wir lieber zunächst alles unverändert.«
Stephanie nahm noch einmal die Akte zur Hand.
»Scheint alles einwandfrei zu sein«, sagte sie nach einer Weile, »ich will aber trotzdem noch einmal mit Vicki reden.«
»Zeig doch mal her«, bat ich sie.
Sie reichte mir die Akte, die Notizen in ihrer gewohnten sauberen Handschrift enthielt. Darunter fand ich eine Stammbaumskizze der Jones', die ich eingehend betrachtete.
»Keine Großeltern mütterlicherseits?«
Stephanie schüttelte den Kopf. »Cindy verlor früh ihre Eltern. Chips Mutter starb, als er noch ein Teenager war. Großvater Chuck ist der einzige Überlebende aus der vorletzten Generation.«
»Kommt er oft
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