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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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bedeuten.«
    »Nein, Cindy, erzählen Sie mir alles, auch wenn Sie denken, es sei unwichtig.«
    »Ich bin sicher, es ist nichts, aber manchmal denke ich, sie verliert für Augenblicke den Kontakt zur Außenwelt. Sie scheint dann nicht zuzuhören, wenn ich mit ihr rede, und ins Leere zu starren - als würde ihr Bewußtsein für kurze Zeit aussetzen. Ich bin sicher, es hat nichts zu bedeuten; ich sehe einfach Dinge, weil ich danach suche.«
    »Wann haben Sie diese Zustände zum erstenmal bemerkt?«
    »Gestern, nach der Aufnahme.«
    »Und zu Hause sind Ihnen solche Zustände nie aufgefallen?«
    »Nein … aber ich weiß nicht, vielleicht ist es schon zu Hause vorgekommen, und ich hab es nicht bemerkt. Oder vielleicht bilde ich es mir nur ein. Wahrscheinlich ist es nichts - ich weiß es nicht.«
    Die hübsche Fassade brach zusammen. Stephanie tätschelte ihr die Schulter, und Cindy drückte sich an sie, als ob es sie nach mehr Tröstung verlangte. Stephanie zog sich daraufhin zurück und stellte die Distanz wieder her.
    »Wie oft ist Ihnen dieses Starren aufgefallen?«
    »Vielleicht zweimal am Tag. Vielleicht konzentriert sie sich nur. Das konnte sie schon immer gut. Beim Spielen zu Hause ist ihre Konzentration wirklich gut.«
    »Eine lange Aufmerksamkeitsspanne ist eigentlich ein gu tes Zeichen.«
    Cindy nickte, doch beruhigt schien sie noch nicht zu sein.
    »Wissen Sie was: Das nächstemal, wenn Sie dieses Starren bemerken, notieren Sie die genaue Zeit und rufen Vicki oder irgend jemand, der gerade Dienst hat, um es sich anzusehen. Einverstanden?«
    »Das kann ich tun, aber es dauert immer nur ein paar Sekunden.«
    »Versuchen Sie es einfach mal«, sagte Stephanie. »Inzwischen lasse ich Sie mit Dr. Delaware allein, damit Sie sich kennenlernen können.«
    Sie blieb einen Moment stehen und schaute das schlafende Kind an. Dann lächelte sie uns beiden zu und verließ das Zimmer.
    Nachdem die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, ging Cindy zu ihrer Liege. »Ich klappe die Couch hoch, damit Sie vernünftig sitzen können.« Unter ihrer Haut an den Schläfen waren feine, lavendelfarbene, pulsierende Venen sichtbar, genau wie bei ihrer Tochter.
    »Lassen Sie mich helfen«, bot ich an.
    Das schien sie zu verwirren. »Nein, nein, ich mach das schon.«
    Sie bückte sich und hob die Matratze an einem Ende an. Ich nahm das andere Ende, und wir verwandelten das Bett in ein Sofa zurück.
    Sie strich die Kissen glatt und trat einen Schritt zurück:
    »Bitte schön.«
    Ich kam mir vor wie in einem Geisha-Haus und gehorchte.
    Sie räumte die Kuschelhasen von einem Stuhl und stellte sie zu den anderen auf den Nachttisch. Dann setzte sie sich mir gegenüber, die Füße flach auf dem Boden, die Hände auf ihren schlanken Oberschenkeln.
    Ich nahm eins der Häschen von der Fensterbank und streichelte es.
    »Süß. Sind das lauter Geschenke?«
    »Nicht alle; einige haben wir von zu Hause mitgebracht.
    Wir wollten, daß Cassie sich hier heimisch fühlt.«
    »Das Krankenhaus ist ihr zum zweiten Zuhause geworden, nicht wahr?«
    Sie starrte mich an. Tränen schössen in ihre braunen Augen und ließen sie noch größer erscheinen. Sie schämte sich, das konnte ich an ihrem Gesicht ablesen.
    Oder war es Schuldbewußtsein, was ich da sah?
    Ihre Hände schnellten hoch, um die Tränen zu verbergen.
    Sie weinte lautlos.
    Ich nahm ein Papiertaschentuch aus einem Päckchen, das auf dem Tisch lag, und wartete.

4
    »Tut mir leid«, sagte sie, als sie sich wieder gefangen hatte.
    »Das braucht es aber nicht. Kaum etwas belastet mehr als ein krankes Kind.«
    Sie nickte. »Das schlimmste ist, daß man nichts weiß - daß man nur zuschauen kann und nicht weiß, was ihr fehlt. Wenn das nur jemand herausfinden könnte.«
    »Die früheren Symptome sind immer wieder verschwunden. Vielleicht geht es jetzt wieder so.«
    Sie legte sich ihren Zopf über die Schulter und spielte damit.
    »Hoffentlich, aber …«
    Ich lächelte und schwieg.
    »Die anderen Dinge waren… greifbarer. - Normaler, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ja, normale Kinderkrankheiten.«
    »Genau - Keuchhusten und Durchfall. Andere Kinder bekommen das auch. Vielleicht nicht so schlimm, aber es kommt vor, und man weiß, woran man ist. Aber diese Anfälle, das ist nicht normal.«
    »Manchmal haben Kinder solche Anfälle, wenn sie ein hohes Fieber hinter sich haben. Es passiert ein oder zweimal und dann nie wieder.«
    »Ja, ich weiß. Dr. Eves hat mir das schon erklärt. Aber Cassie hatte

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