Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
virginianus pacificus aufzog, direkt um den Balkon herum. Alle meine Nachbarn sehen die Eulen hin und wieder, aber nicht so wie ich. Sie haben, glaube ich, wirklich etwas Vertrauen zu mir. Das ist magic, wirklich magic!
Warum haben die Tiere so viel Vertrauen zu mir?
Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass ich sie zutiefst respektiere. Vor allem ihre privacy und ihren space. Neulich hatte ich Besuch, ein paar Freunde waren da, und ich machte sie auf meine Eule aufmerksam, die man vom Balkon aus sehen konnte. Einer von ihnen ging dann gleich auf sie zu, um sie zu fotografieren. Natürlich flog sie dann aber sofort weg.
Ich war mit Bockhorn einmal in einem Adlerhorst und hatte einen Adler auf meinem Arm. Bockhorn sagte: »Schau nicht in seine Augen. Das ist ein Mangel an Respekt.« Ich respektiere das Wesen aller Tiere und gebe ihnen space. In Baja kamen damals Wale oft fast bis ans Ufer, um sich auf dem Sand den Rücken zu schrubben. Da gab es dann immer wieder solche Idioten, die auf die Wale zuschwammen, um sie anzufassen und zu erschrecken. Wenn du aber nicht diesen kleinen Abstand in der Begegnung mit einem anderen Wesen hältst, dann hast du kein Erlebnis. Wenn ich morgens meine Eule suche, sehe ich oft schon aus dem Augenwinkel, dass sie da ist, obwohl sie für andere unsichtbar ist und in der Landschaft verschwindet. Es ist wie ein Instinkt, eine ganz tiefe Verbindung, die wir haben. Das Wichtigste ist in jeder Begegnung und vor allem mit Naturwesen: ihre privacy zu respektieren und sich ihnen nicht aufzudrängen. Mir sind alle Tiere lieb, die in Freiheit leben können. Mir tut es weh, wenn Tiere gefangen gehalten werden. Frei zu leben ist immer ein Risiko. Ich will frei sein, meine Tiere sollen frei sein und aus freiem Willen bei mir leben. Meine Männer übrigens auch …
Ja, und dann sind da die heimlichen Stars in meinem Film, meine one and only Pepis – denn alle meine wunderschönen Bluebelly-Eidechsen, die sich hier vor meiner Haustür entweder auf dem steinernen Löwen in der Sonne aalen oder unter der großen Muschel auf der Mauerbrüstung wohnen, nenne ich so. Ich zähme sie. Dazu setze ich ausschließlich leckere Mehlwürmer ein. Sie müssen definitiv lecker sein, denn die Pepis fahren wirklich darauf ab. Meine ersten Dressurexemplare sind allerdings im Laufe ihrer Zähmung ziemlich fett geworden, und zwar so, dass ich Angst habe, sie platzen. Eine Dose Vorratswürmer habe ich auf jeden Fall immer im Kühlschrank. Es ist übrigens naturgemäß, auch für Profis, ziemlich schwierig, alle Pepis auseinanderzuhalten, deshalb fange ich gar nicht erst damit an. Auch wenn ich glaube, diesbezüglich mittlerweile über ein gewisses Talent zu verfügen (Mrs. Grzimek eben). Mittlerweile schaffe ich es jedenfalls, dass mir die Pepis auf meine Hand kommen und mich manchmal in den Finger beißen, weil sie den für einen besonders schönen, fetten Wurm halten. Diese Eidechsen sind gelegentlich einfach nur gierig. Sie beobachten mich ganz genau mit ihren schwarzen Stecknadelaugen, und mittlerweile rennt der, den ich am längsten kenne, mit Windradbeinen und erhobenem Schwanz auf mich zu. Aber: Den einen oder anderen konnte ich durch den dosierten Mehlwurmeinsatz schon am Bauch kraulen!
Ich finde deine Pepis unheimlich. Mich schauen sie immer mit so einem abschätzigen Blick an. Sie wissen wahrscheinlich, dass ich nicht besonders mehlwurmaffin bin. Aber gut, ich bin von Uschis Dressur wirklich beeindruckt und vor allem, welche Ausmaße so eine Eidechse durch eine konzentrierte Mehlwurmmast bekommen kann. In anderen Kulturen gehören Eidechsen ja wie Schildkröten auch zu den mythologischen Drachen. Wahrscheinlich haben sie auch noch sonderbare Zauberkräfte. Ich würde Uschi so eine Gesellschaft durchaus zutrauen …
Last, but not least, sind da meine Hunde: La Luz, dieses sorglose, liebe Geschöpf mit ihrem Knickohr, die immer nur draußen sein will und sogar auf ihre Fressration verzichtet, wenn es darum geht, die Nacht zum Tag zu machen. Jetzt bekomme ich genau das zurück, was Mütter von ihren groß gewordenen Kindern zurückbekommen, nachdem sie ihre Brut mühevoll großgezogen haben. Ich sitze zu Hause und mache mir Sorgen, wenn sie nachts nicht nach Hause kommt und da draußen irgendwo rumstrawanzt. Ganz wie ihre Mama früher …
Razzo, der Rattenterrier, ist nicht ganz so hübsch wie seine Schwester, hat dafür aber viel Charakter und schätzt eine gewisse Gemütlichkeit und mein Bett, was
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