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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Obermaier
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sie voller Zweifel und Ängste über ihre Zukunft waren, und sie manchmal regelrecht therapiert.

Mach nur das im Leben, was du wirklich willst
    Wenn ich heute zurückblicke, so bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass man im Leben unbedingt nur das tun sollte, was einem das eigene Herz sagt, und sich nicht von stumpfer Routine einfangen lassen. Auch wenn einem das eine vermeintliche Sicherheit vorgaukelt. Bockhorn lebte so, konnte das gut und war für andere unglaublich überzeugend. Und letztlich lebte er das ja auch vor, zumindest lange Zeit. Er ging die Leute in seinen »Überzeugungsgesprächen«, in denen er sie auf den rechten Weg bringen wollte, manchmal sogar ziemlich tough an – also nicht in einem sanften, verständnisvollen Therapeutensetting, sondern auf die harte, klare, aber immer ehrliche Nummer. Dabei hat er den einen oder anderen manchmal regelrecht zusammengekanzelt und gesagt: »Das kannst du nicht machen, du kannst doch nicht so etwas Entfremdetes tun. Mach doch das, was du willst.« Er wusste, wie kurz ein Leben sein kann und wie schnell es verschwendet wird. Gleichzeitig schenkte er den Menschen in seinen Ansprachen auch viel Selbstvertrauen und Liebe. Ich habe noch Briefe von manchen Leuten, die sich nach Jahren bei uns gemeldet haben und ihm schrieben: »Ich bin so froh, dass ich Dich getroffen habe, weil ich wirklich das gemacht habe, was ich eigentlich machen wollte. Du hast mich dabei unterstützt.«
    Ich bin an diesem Thema immer noch dran, weil, mein Weg war das ursprünglich auch nicht. Ich war zwar eigenwillig und hatte ein gutes Gespür dafür, wenn mir etwas zu eng, zu langweilig und zu dumm war, um dann auch möglichst schnell auszubrechen und wegzuziehen. Aber letztlich war und ist das ein Entwicklungsprozess, da zu sein, wo ich jetzt stehe, nachdem Bockhorn mich verlassen hatte. Dorthin zu gehen, wo mein Herz hinwollte, das habe ich erst danach richtig geschafft. Die Fähigkeit dazu, das hat er mir hinterlassen, das ist sein Vermächtnis.

Freunde

Bei ihm ging es immer um absolute Aufrichtigkeit, Echtheit. »Authentizität« sagt man heute dazu. Als wir damals in Indien geheiratet haben, war ja alles von den Elefanten, dem Ritual, dem Orchester bis hin zu den Henna-Tattoos auf meinen Händen und Füßen absolut identisch mit der Ausstattung einer »richtigen« Hochzeit von jungen adligen Rajputen.
    Die Maharani von Jaipur, die das damals so prunk- und liebevoll für uns in Szene gesetzt hatte, schrieb hinterher auch, dass die ganze Familie so stolz auf uns wäre, weil wir nicht nur wie richtige Rajputen ausgesehen, sondern uns auch so verhalten hätten. Das ist ein unglaubliches Kompliment für zwei Menschen, die aus einem völlig anderen Kulturkreis stammen. Wir wollten uns auch nicht anbiedern, aber das Ritual, die Feier, die Farben, die Musik – dieses Erleben war uns wichtig. Wir hatten einen so großen Hunger nach Leben, nach Kunst und Schönheit, nach Märchen, die Wirklichkeit wurden. Wo hätte man dies echter erfahren können als in Indien, wo alles Farbe, Pracht, Geschichte, Mythos und Lachen ist – oder zumindest war? Bockhorn wollte sogar die Hochzeit an sich, das Ritual, mit dem er mich an sich binden wollte, in guten und in schlechten Zeiten, auf dass sein Weib ihm für immer untertan sei … Bei diesen Gedanken verspürte ich gleich wieder die bekannten Engegefühle. Nein, mit mir nicht. Die Feier, das Drumherum, ja! Deshalb habe ich auch später immer wieder betont, dass, Echtheit hin oder her, die ganze Geschichte für mich eine Inszenierung und ein echtes Happening war. Mit der Ehe konnte ich grundsätzlich nie etwas anfangen, der Gedanke, »für immer mit einem Typen verheiratet sein zu müssen«, verfolgte mich als Albtraum seit Teenagerzeiten.

Die Neugier bewahren
    Ich denke, Bockhorn würde gefallen, dass ich gelernt habe, meine Welt so genau anzuschauen, mir meine Neugier zu bewahren. Er sähe wie ich den Habicht mit seinem scharfen Profil, der lange unbeweglich und mit so einem Ausdruck im Eukalyptusbaum sitzt, als gehöre ihm hier alles, und nach Schlangen, Mäusen und Maulwürfen Ausschau hält. Gegen Abend in einem anderen Baum sitzt eine Eule, die das ganze Jahr über hier wohnt, und ich rufe sie, wenn ich aus dem Haus komme. »Bobuuu, wo bist du denn, mein Totemtier …?« Manchmal bekomme ich auch eine Antwort.
    »Meiner« Eule habe ich schon zugesehen, wie sie den Sommer über mit ihrem Eulengefährten neue Nachkommen der Gattung Bubo

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