Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
die Stones und war bei Keith, während er ständig irgendwelche Affären hatte. Nur unterschieden sie sich dabei im Stil. Er holte sich en passant alle möglichen Mädchen, bei ihr waren es weniger Begegnungen, die dafür aber tiefer gingen.
Auch dieser andere Mann, mit dem sie später viele Jahre zusammen war, liebte sie mit ihrer besonderen Intensität. Ich kann mich an eine Begegnung von den beiden erinnern, nachdem sie sich längere Zeit nicht gesehen hatten. Es war in meinem Haus auf Hawaii, und ich erlebte, wie sich zwei Menschen unbändig übereinander freuten. Sie tanzten, lachten, konnten ihr Glück kaum fassen – das Ganze eine kindliche, spielerische Glückssituation.
Uschi ist sehr begeisterungsfähig, spielfreudig, abenteuerlich, voller Intensität im Leben, der Liebe, beim Sex. Dazu braucht sie als Gegenüber diese wilden, unangepassten Typen. Sie sind unabhängig von ihr, und sie kann sich nie gewiss sein, ob sie sie wirklich hat. Es ist ein Spiel, bei dem sich das Herz immer danach sehnt, das Spiel zu gewinnen. Die Hoffnung wachsen zu lassen, ihn doch noch irgendwie zu haben.
Ihre Liebesgeschichten und Affären behandelten Bockhorn und Uschi dabei völlig offen. Es gab kein heimliches Fremdgehen, keine Lüge, keinen Verrat.
Auch wenn Uschi die Fähigkeit hat, völlig mit einem Mann zu verschmelzen und sich ihm hinzugeben, so konnte sie nie einem vertrauen. Sie konnte nie vertrauen, dass jemand da ist für sie und bleibt und sie auch wirklich sieht und meint. Dabei schließt sich der Wunsch nach Verschmelzen und gleichzeitig auf Abenteuer nicht aus. Vielleicht auf mentaler Ebene, aber nicht in den Gefühlen. Man kann eine Frau oder einen Mann total lieben, aber trotzdem gelegentlich mit einem anderen losziehen.
Dann ging es bei den Streitereien, bei denen sie mich jeweils zu Rate zogen, natürlich auch um Alltagsfetzereien oder Alltagsproblematiken, die sich in jeder Beziehung ergeben. Er war einfach sehr macho, sie war nicht zu zähmen und dabei sein großer Schmuck. Andererseits war sie die Traumfrau mindestens der Hälfte der männlichen Bevölkerung … Bockhorn war also immer bemüht, sie zu zähmen, was mit ihr aber nicht ging und geht und in einer Beziehung sogar noch mehr zur Leidenschaft beiträgt. Uschi lebt bis heute gerade dadurch, dass sie selbstbestimmt ist, ihre eigene Frau, und lässt sich nicht zähmen. Das war bei beiden bis zum Schluss so.
»Her road is littered with guys who tried to tame her. They tried to tame something that’s untamable. She’s the best bad girl I know.«
Keith Richards
Ein paar Tage bevor er starb, hatten Bockhorn und ich ein Gespräch: »Halko, muss ich jetzt heilig werden? Muss ich jetzt einen spirituellen Weg gehen?« Die Frage stellte sich, denn jeden Tag in seinem Leben war ja immer etwas Tolleres passiert, jeden Tag wurde noch etwas draufgelegt. Ein Unterhaltungsfaktor, der auf Dauer nicht mehr erfüllte. Dabei war Bockhorn ja immer auf der Suche nach Erfüllung. Er brannte und hat alles gehabt, die tollste Frau, die wildesten Reisen gemacht. Alles, was er wollte, hat er hingekriegt. Doch am Ende war er nicht erfüllt. Er war ein Suchender geblieben.
Vor der Spiritualität ist er letztlich zurückgeschreckt, obwohl er selbst ein zutiefst spiritueller Mensch war, rein aus seiner Natur heraus. Aber nun stellte er sich die Frage: »Muss ich alles loslassen, sitzen, meditieren? Kann ich nur auf diese Weise Erfüllung finden?« Dieser asketische Zug, den so ein Leben hat, das hat ihn erschreckt. Alles aufgeben, was er vorher hatte? Nun war der Unterhaltungsfaktor einfach aufgebraucht. Wenn du alles hast, hast du echt ein Problem. Du kannst noch mehr und alles noch eine Nummer größer haben, aber das bringt es nicht. Es wird fade, ein solches Leben macht den Tag nicht schön.
Denn letztlich geht es immer um die Frage: Kann ich jetzt, in diesem Moment, ein erfülltes Leben führen? An dieser Frage arbeitete er sich ab, denn er hatte diese Tiefe, um die Frage überhaupt stellen zu können.
Dass er einige Tage später starb, hat er meiner Meinung nach nicht mit Absicht gemacht. Es war zu offensichtlich ein Verkehrsunfall. Ich war ja noch auf dem Hinweg hinten auf dem Bike gesessen. Als er dann zurückgefahren ist, sagte er noch: »Nein, steig ab und fahr lieber mit Tom. Ich bin zu betrunken.« Er fuhr dann in vergnügten Schlangenlinien vor uns her. Als man das Motorrad nach dem Unfall fand, war die Bremse angezogen und ein Bremsgriff abgebrochen. Es
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