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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Gesicht und dem Dämmer der Kabine gleichsam hervor.
    »Aber vielleicht kannst du beurteilen, wie lange diese Schlamperei noch dauern soll?« fragte Res anzüglich.
    »Ist ›Schlamperei‹ als Synonym für ›Regen‹ zu setzen?«
    fragte der ZENTIN zurück.
    Jetzt lachte auch Res. »Setze, mein Freund, setze!« sagte sie gnädig.
    »Regen bis acht Uhr fünfunddreißig.«
    »Vielleicht bist du so liebenswürdig und schließt die Tageswetteraussicht an?«
    »Ich bin!« Der ZENTIN machte eine deutliche Pause. Dann schnurrte er herunter: »Neun Uhr Kondensationskonzentration aufgelöst. Sonnenschein. Vierundzwanzig Grad, Südwind eins, Luftfeuchte fünfzig Prozent, Sonnenuntergang neunzehn Uhr zwanzig, nachts Temperaturrückgang auf achtzehn Grad. Ab ein Uhr erneut Kondensationskonzentration, Von drei bis vier Uhr drei Liter Niederschlag in Form von Regen pro Quadratmeter, Ende!«
    »Wenn euer Impulsgeber euch nicht im Stich läßt!« bemerkte Res bissig, dann schaltete sie ab. »Ein Glück, daß die Sonne noch aufgeht, wann die Himmelsmechanik es will und nicht irgendein Impulsgeber!«
    »Also noch eine halbe Stunde«, stellte Marc Carpa fest.
    »Dann fliege ich gleich zu den Kindern«, sagte Res. »Und du kommst mittags, sagen wir gegen zehn Uhr dreißig auch dorthin. Bis dahin wirst du deine Besorgungen erledigt haben? Wir warten dort auf dich.« Einen winzigen Augenblick glaubte Res, daß der Nachmittag mit den Kindern sicher nicht ganz so schön verlaufen würde, wenn Marc Carpa aus irgendeinem Grund nicht mitkommen könnte.
    Dann schaltete sie den Autopiloten ab, orientierte sich durch die Scheibe und ließ den Gleiter in die Stadt hinabsinken.
    Sie saßen auf einem Wiesenhang über der Stadt wie einige andere Spaziergänger auch. Die Sonne hatte gerade die letzten Regentröpfchen von den Gräsern geleckt, der leichte Wind brachte Frische.
    Von der Stadt blitzte ab und an ein Sonnenreflex herüber, von der Scheibe eines Gleiters vielleicht oder von einem Fenster.
    Res’ Kinder, Tom und Ann, tollten herum und versuchten, Schmetterlinge einzufangen.
    Der Hang, links und rechts eingefaßt von saftigen Wäldern, blütenübersät, floß weiter unten allmählich in einen Park und die Stadt über. Niemand empfand, daß diese Harmonie den umsichtigen Händen fähiger Landschaftsgestalter zuzuschreiben war.
    Res dachte an das Kommende. Der Gedanke schmerzte ein wenig: Es wird eine schöne Bresche in dieser Harmonie geben, wenn sich der Strom hindurchgefressen hat. Ein Wüstenstreifen! Und es wird trotz aller Anstrengungen ein Jahr dauern, bis die Wunde zugeheilt ist, allerdings wie nach einer kosmetischen Operation, tröstete sich Res, einer Operation, die verschönt.
    Einen Augenblick drängten sich die Bilder des Entsetzens in ihr Bewußtsein. Dann lächelte sie. Wir haben dazugelernt!
    Res hielt wohlig der Sonne das Gesicht entgegen. Sie hielt die Augen geschlossen.
    Später dachte sie an die Stadt im Norden, an Mexer, an die Kuppel, die dort bereits das Grün des Parks vor dem Frost schützte, und sie dachte eigenartigerweise an den Spatz, der so nachdrücklich um seine Feder gekämpft hatte.
    »Marc«, fragte Res unvermittelt, »ist es vor der Gemeinschaft zu verantworten, Angefangenes, in dem schon viel Gedankenarbeit steckt, untergehen zu lassen? Ich meine dann, wenn bislang keine gesellschaftlichen Aufwände damit verbunden waren. Auch wenn man sich im Recht fühlt, aus Bequemlichkeit sozusagen, um Streit aus dem Weg zu gehen – eben, weil man es satt hat!«
    Marc Carpa schien einen Augenblick überrascht. Er lag ausgestreckt mit angewinkeltem Bein im Gras und kaute an einem Halm.
    »Niemand hat das Recht, glaube ich«, sagte er dann, »Wissen, selbst wenn er es für unbedeutend ansieht, zurückzuhalten.
    Ich glaube auch, daß es Pflicht ist, am Fortschritt mitzuarbeiten… Warum fragst du?«
    »Es war nur so ein Gedanke…«
    »Wenn du deine Arbeit meinst, Res, bist du ohnehin auf dem Holzweg. Es wäre – entschuldige – egoistisch und arrogant von dir aufzugeben. Du weißt, wir stehen hinter dir. Und – noch respektieren wir deinen Wunsch, uns nicht einzumischen, aber nur, weil du noch andere Möglichkeiten prüfen wolltest. Aber wenn du so anfängst!«
    »Nein, nein«, beeilte sich Res zu versichern. Ihr war auf einmal froh zumute. Sie griff nach Marcs Hand und drückte sie flüchtig und sagte dann scheinbar zusammenhanglos: »Das wäre ja noch schöner!«
    »Mutti, Mutti – wir haben einen, ein

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