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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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zurück. Unser Hotel sieht mit seinen rosa und bordeauxroten Streifen aus wie ein riesiger Kalter Hund. Über dem Eingang hat das Management große weiße Buchstaben ankleben lassen. Sie versprechen Tagungen mit Atempausen und Mediterrane Küche. Nachricht an uns selbst: Burger essen gehen. Ein japanischer Billigroller knattert vorbei. Der Fahrer trägt eine blaue Latzhose und steuert mit der rechten Hand, während er mit der linken an seiner Kippe zieht. Er nimmt sie nicht mal aus dem Mund, als ein holländischer Tausendtonner an ihm vorbeidonnert. Danach ist es wieder totenstill, und wir bleiben in einer Rußwolke zurück, hinter der sanft das Morgenlicht durchfunzelt, Nick tut so, als müsse er wahnsinnig husten. Er fuchtelt mit der Hand durch die Schwaden und lacht sich halb kaputt dabei; wie immer um die Uhrzeit ist er bestens aufgelegt. Die Geister der letzten Nacht haben sich verzogen, keine Angst mehr vor den vermeintlichen Verfolgern. Wie sollten sie uns hier auch finden, wir haben uns mit dem GPS-Störsender ja unsichtbar gemacht. Vermutlich.
    »Mann, ey«, quengelt er mit gespielter schlechter Laune, »warum müssen wir immer durch die Gegend laufen, irgendwelche Kabel kaufen, um irgendwelche klapprigen Kisten für ein paar Minuten wiederzubeleben? Ich sage: Lasst sie in Frieden ruhenl«
    Weiteres Husten.
    »Wir sind echt die letzten Menschen auf diesem Planeten, die mit Computern zu tun haben und dafür ihr Büro verlassen müssen. All die anderen hocken schön in ihrer kühlen, abgedunkelten Zelle, hacken Code und basteln nebenher an ihrem Level-70-Warlock.«
    Obwohl sich der Qualm längst verzogen hat, wedelt er weiter.
    »Ich meine, der ganze Kram ist doch längst virtualisiert. Wenn du irgendeinen alten Computer laufen lassen willst, kaufst du dir einen neuen Rechner und lässt darauf einen Emulator laufen, sodass sich der neue Rechner anfühlt wie der alte. Fertig. Ach was! Du brauchst ja nicht mal mehr einen eigenen Rechner! Läuft doch alles in der großen Wolke von Redmond, Mountain View oder wo auch immer. Warum also müssen wir immer noch Zeugs rumschleppen, das man anfassen kann?«
    Wo er Recht hat, hat er Recht. Der Film, in dem wir Komparsen sind, setzt langsam Staub an.
    »Wir stecken halt in so einem Streifen aus den Achtzigern fest, in dem die guten Jungs eine supergeheime Diskette vor superbösen Konzernheinis retten müssen«, stimme ich ein, »eine Fünfeinviertel-Zoll-Floppy, die dann am Schluss in einen Cray-Computer geschoben wird.«
    Nick kichert vor sich hin.
    »Ja genau, mit John Cusack in der Hauptrolle«, sagt er und piekst mir seinen Zeigefinger in die Schulter. Er behauptet seit Jahren, dass ich Cusack ähnlich sehe. So ein peinliches Kompliment darf nicht ungerächt bleiben.
    »... und Emilio Estevez als sein Kumpel«, schiebe ich hinterher und mein Castingvorschlag ist im Gegensatz zu seinem wenigstens ein bisschen realistisch.
    » ... wohl eher Anthony Michael Hall«, stapelt Nick tief. Dabei wissen wir beide, dass er eigentlich gar nicht wie der Erz-Nerd aus dem »Breakfast Club« aussieht, sondern wirklich wie Estevez. Oder sollte er das echt nicht bemerkt haben? Könnte fast sein, krankhaft uneitel, wie er ist. Zeit, die Sache mal auf neutrales Gebiet zu ziehen.
    »Auf jeden Fall führt John Hughes in dem Film Regie, und jede Einstellung ist durch einen Filter wie bei Top Gun gefilmt, sodass das Bild zum oberen Rand hin immer dunkler wird - als ob der Kameramann eine Porsche-Brille vors Objektiv gehalten hat.«
    »Musik: Giorgio Moroder«.
    spinnt Nick weiter. Langsam, aber sicher nähern wir uns der Gretchenfrage.
    »Und die weibliche Hauptrolle spielt ...«
    Wir schauen versonnen zum Himmel.
    »Molly ...«, legt er vor.
    »... Ringwald«, bolze ich rein. Wir müssen tierisch lachen und schubsen uns gegenseitig vom Fußweg runter. Seltsam: Keiner von uns hatte jemals eine rothaarige Freundin. Ist wohl eher eine theoretische Schwärmerei. Wir lieben einfach die Idee, 1985 alt genug gewesen zu sein, um Molly ausführen zu können. Unsere Erinnerungen steigen in einen DeLorean und rasen die Ausfallstraße runter. Jetzt bloß nicht aufhören! Es ist so schön, mal wieder zusammen auf den Gedankenspielplatz zu gehen. Mit der Brechstange drehe ich das Rad weiter: »Wie sagt Hank Moody in Californication: Ich bin ein analoger Typ in einer digitalen Welt.«
    »Digital sind wir ja schon«, wendet Nick ein.
    »Aber ohne Modem.«
    Er schnipst mit dem Finger.
    »Genau, das isses:

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