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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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ich schön langsam fahre, fällt den Bullen unser Langweiler-Dienstwagen vielleicht gar nicht auf. Doch was ist, wenn Nick wirklich noch da drin ist? Und wenn er fliehen kann? Dann steht er vor der Tür und ich bin abgedampft. Okay, er kriegt dreißig Sekunden, vielleicht taucht er noch auf. Völlig idiotisch, der Abend damals. Alles lief gut. Sabina lachte und schnappte sich meine Hand, als wir aus der Schmetterlingsbahn rauskamen. Mir war schlecht, aber das spielte keine Rolle. Ich hätte vor Stolz platzen können. Jetzt gehörte ich auch dazu, war auch im Club. Ausgerechnet da mussten wir Nick in die Arme laufen. Er war schon ziemlich angezeckt, schwache Nerd-Leber halt, und meinte, die Jungs bräuchten drüben im Festzelt noch Unterstützung bei einem Meter Bier. Warum ich ja gesagt habe, weiß ich nicht.
    »Bis gleich«, sagte Sabina und lächelte tapfer, als ich ihre Hand losließ. Erst am Montag in der Schule haben wir uns wieder gesehen. Noch zehn Sekunden, dann fahre ich los, dann hat der Beifahrer eben Pech gehabt. Dass sie dann zwei Wochen später ein Paar waren, habe ich ihm nie übel genommen - Nick gehört schließlich zu den guten Menschen. Niemals im Leben hätte er sich am Abend auf der Kirmes an sie rangemacht, egal, wie strack er auch gewesen sein mag. Das muss später passiert sein. Mit ihm persönlich hatte die Sache ohnehin nichts zu tun. Dass Sabina ausgerechnet mit ihm zusammenkam, war eher Zufall, auf diese Schmetterling-auf-Hawaii-schlägt-mit-dem-Flügel-Chaostheorie-Art. Im Grund genommen war ich selbst schuld: Man konnte sich nicht auf mich verlassen, wie immer, deshalb ist sie gegangen. Die Zeit ist um. Sorry, Alter. Ich lege den Rückwärtsgang ein, kupple hektisch ein; die Karre macht einen Satz nach hinten und kracht voll gegen den Baumstamm. Egal. Erster Gang, Lenkrad ganz nach links einschlagen und immer schön in den Seitenspiegel gucken. Plötzlich ist er da: ein schwarzer Fleck vor den grellen Flutlichtern. Er wird größer, bewegt sich unruhig hin und her. Es ist ein Mensch. Er stolpert über die nasse Fahrbahn, rutscht aus, rappelt sich wieder auf, läuft weiter. Es ist keiner von ihnen, das erkenne ich sofort. Dieses schlaksige Wackeln mit den Armen während des Laufens kenne ich zu gut. Es ist Nick.
    »Telefonzelle!«
    Mehr kriegt er nicht raus. Dann reißt er mit zitternder Hand die Tür zu.
    »Telefonzelle!«, keucht er nochmal und drückt seinen Körper tief in den Sitz, als ob er Angst hätte, ein Auto hinter uns könnte den Umriss seines Kopfes erkennen. Sein Atem rasselt, Tränen rinnen sein Gesicht runter. Du bist lustig, Alter, von wegen Telefonzelle. Wir müssen erst mal hier weg. Die da hinten setzen bestimmt gerade die Kavallerie in Gang. Ich tippe das Gaspedal ultravorsichtig an, wie Scheider in »Atemlos vor Angst«, der Streifen, wo er die Ladung Nitroglyzerin über die buckelige Dschungelpiste kutschieren muss. Nur nicht schneller als fünfzig werden, nur nicht auffallen, das ist unsere einzige Chance. Nick bäumt sich wieder auf.
    »Telefon ...«
    »Ist schon klar, Alter, ist klar, weiß auch schon, wo«, beruhige ich ihn. Natürlich habe ich nicht die leiseste Ahnung, wo die nächste Telefonsäule steht. Doch das spielt keine Rolle, er muss runtergebracht werden, sonst dreht er noch durch und macht irgendwas Unüberlegtes. Wenn er mit Sabina sprechen will, sollte man ihm besser nicht im Weg stehen. Quälend langsam kriecht Wirtschaftswunder-Deutschland an uns vorbei: weitere Villen, in denen Dr. Borsig dir einen Tee reicht, dann eine dieser schwimmbadgrünen Polizeinotrufsäulen, schließlich ein Kiosk, an dessen Dach eine uralte Werbung für die »FAZ« hängt. Steckt dahinter noch irgendein Kopf? Rückspiegel-Check. Alles klar, niemand hinter uns. Eine Verfolgungsjagd mitten durch eine deutsche Stadt riskieren die Ärsche von der Company wohl doch nicht. Einfach weiterrollen, einfach mehr Kilometer zwischen uns und die Botschaft bringen, die Telefonzelle kann noch warten. Die Wochen und Monate, nachdem Sabina bei Nick angedockt hatte, waren hart, vor allem diese ersten paar Sekunden, wenn ich zum Beispiel in einen Partykeller kam und die beiden da hab stehen sehen, wie sie Händchen hielten, rumturtelten. Das alles hätte ich haben können - es gibt keinen unproduktiveren Gedanken. Aber er verzog sich nach und nach in den Hinterkopf. Okay, vielleicht nicht so ganz. Immerhin haben sie es mir bisher erspart zu heiraten. Vermutlich müsste ich dann auch noch

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