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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Es klingt nach Polnisch - oder Ukrainisch? Wahrscheinlich sind es Typen, die gerade von irgendeiner Art von »Montage« zurückkommen, um Kohle für ihre Amature wife ranzuschaffen, damit die sich noch einen passenden Wohnzimmerschrank mit Vitrine aus Eiche kaufen kann.
    »Und jetzt?«, frage ich. Nick zieht das Kopfkissen unter der Tagesdecke raus, die wie ein rauer, schwimmbadgrüner Aufnehmer aussieht, und stopft es sich in den Nacken. Dann wirft er einen letzten Blick auf das Tape, murmelt »Morgen, Alter«.
    Zehn Sekunden später atmet er schon ganz ruhig. Er hat nicht mal seine Anzughose ausgezogen.

#17 T-6: 01:49
    »Eins, zwei oder drei ... «, sage ich.
    »Du musst dich entscheiden, drei Felder sind frei«, leiert Nick runter, während er in die Öffnung seines Milchkaffees reinlinst, um zu erkennen, wie viel noch drin ist. Obwohl wir im ganz regulären Bedienungsbereich des Cafes sitzen, haben wir beide Mitnehmbecher mit Kleckerdeckel bestellt, aus reiner Gewohnheit. Nachdem sich der Beifahrer überzeugt hat, dass der Füllstand noch für fünf Minuten reicht, schaut er wieder hoch.
    »Gähn, Alter, hast du nichts Besseres auf Lager?«
    Okay, das war wirklich zuuuu einfach. Vielleicht was aus der »Next Generation«, irgendwas, das nicht so auf der Hand liegt wie Michael Schanze. Ich lehne mich ein bisschen vor, als würde ich in einen Replikator reinsprechen: »Tee, Earl Grey!«
    ».... heiß«, feuert Nick sofort zurück. Unser Frühstück läuft exzellent, obwohl es streng interpretiert keins mehr ist, denn wir haben uns erst gegen elf aus der Poofe geschält und am Geldautomaten gegenüber der Pension erst mal Geld gezogen, weil wir ja ab sofort alles bar bezahlen müssen. Jetzt ist es kurz nach zwölf, also eher Mittagszeit. Doch wir waren beide einfach zu erledigt, um früher aufzustehen. So richtig repariert sieht Nick immer noch nicht aus: Seine Haare stehen in alle Himmelsrichtungen ab und über seine Wange zieht sich der Abdruck einer Lakenkante, auf der er anscheinend neun Stunden lang gelegen hat. Die einzige Sache, die er nach dem Aufstehen sorgfältig erledigt hatte, war, die Hülle des Tapes auf Schäden zu untersuchen und es danach in seiner Hosentasche zu verstauen. Unsere ewige Flucht vor allem, was potenziell einheimisch oder hip ist, hat uns in eine Ketten-Bäckerei direkt neben dem Bahnhof getrieben. Sicher, wir hätten uns auch neben die Fahrradtaschen-Heinis setzen können, die in der szenigen Coffeebar Schrägstrich-Buchhandlung um die Ecke über ihren Apfelrechnern kauerten und eifrig Pionierarbeit in der digitalen Arbeitswelt der Zukunft leisteten. Oder in dieses herrlich altmodische Cafe am Hafen, oder oder oder ... Hach, es hätte so viele Optionen gegeben. Und weil es so viele waren, haben wir uns für die erstbeste entschieden: für die seelenlose Ketten-Bäckerei mit ihrer klimatisierten Berechenbarkeit. Hier hocken wir also seit einer Stunde, und weil die Kumpellaune wieder halbwegs hergestellt ist, spielen wir Auto-Ausfüllen. Die Regeln sind einfach: Einer startet mit einem bekannten Satz aus Funk, Film oder Fernsehen, der andere muss ihn korrekt ergänzen - ein Spiel, bei dem nur Menschen gewinnen können, die schon einmal im Hallenbad versucht haben, so zu schwimmen wie der Mann aus dem Meer. Ich bin wieder mit Aufschlag dran. Man muss ihn doch irgendwie aus der Reserve locken können, wenn man nur tief genug im Speicher kramt ...
    »Übrigens, ich heiße Max ... «, lege ich vor.
    »... ich kümmere mich um die beiden«, pariert Nick. Dann aber bitte alles von vorne!
    »Das ist mein Boss, Jonathan Hart ...«, pfeffere ich übers Netz.
    »... ein echter Selfmade-Millionär!«, retourniert der Beifahrer.
    »Der hat Nerven!« , sagen wir im Chor und müssen lachen. Ich habe erst vor ein paar Jahren so richtig kapiert, was da am Ende jeder Folge von »Hart, aber herzlich« abging, wenn die Eheleute Hart in die Koje stiegen und Jennifer ihrem Jonathan ins Ohr hauchte »Hallo Matrose«.
    Klar, man konnte sich vorstellen, was sie danach taten, aber, aber, aber - die waren doch so superalt! Jenny sah ziemlich genau wie Nicks Mom damals aus, mit ihren rot gefärbten Haaren. Oh Gott, ja, bitte einmal gut mit Hirn-Domestos durchspülen. Wir spielen die Runde auf einer Arschbacke zu Ende, dann gehe ich nochmal zur Theke, um eine weitere Runde Kaffee und ein paar Brötchen zu holen, die natürlich nicht »Brötchen« heißen, sondern Namen tragen, die überhitzten Vermarkterhirnen

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