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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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und Radaranlagen. Sie kann vier Rekorder lokalisieren - dann geht ihr das Geld aus und sie lagert die Tapes samt der Geräte in einer Hühnerfarm ein. Das Projekt fällt für weitere Jahrzehnte wieder in den Kryoschlaf. Ende der Nuller tritt eine gewisse Firma Skycorp auf den Plan und belebt das Projekt neu. Der Rekorder wird aus der Scheune geholt und ein Ingenieur ausfindig gemacht, der damals bei Ampex den Rekorder entworfen hat. Der Mann steht zwar kurz vor der Rente, lässt sich aber überreden, ein Laufwerk zu restaurieren. Die Ausleseaktion kann steigen! Skycorp bringt die gesamte Operation ausgerechnet in einem verlassenen McDonald's unter, was dazu führt, dass die Presse hellhörig wird. Reporter und Fernsehteams schneien rein, Bilder der bizarren Tape-Rettungsaktion gehen um die Welt. Darauf zu sehen sind Menschen, die mit ihren Macs an den festgeschraubten Mäckes-Tischen hocken, und Tape-Berge neben der ehemaligen Fritteuse in der Küche. Irgendwann wird es der Nasa doch zu peinlich, dass ihr Erbe in einem ehemaligen Schnellimbiss verwaltet wird, und die Behörde spuckt Geld aus, um die Amateure zu unterstützen. Ein Reinraum für die Laufwerke wird gebaut, die Techniker beschaffen Ersatzteile bei Ebay, bauen neue Verstärker aus GermaniumTransistoren. Seitdem rödeln die Bandmaschinen still und heimlich im McMoons vor sich hin und spucken Stück für Stück einen hochauflösenden Atlas des Mondes aus, Stand 1966. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, lehnt sich der Beifahrer mit dem Hinterkopf gegen das Pony der Immobilienmaklerin und starrt in den Nachthimmel hoch. An den Stellen, wo die schwarze Wolkendecke aufreißt, glimmt ein bisschen Mondlicht durch .
    »Keine Ahnung, was auf dem Tape ist«, wiederholt er abwesend, »mit ein bisschen Glück erfahren wir es morgen.«

#32 T-2: 17:40
    Nick wirft nervös einen Blick auf seine Timex Datalink.
    »Keine Sorge, wir werden erwartet.«
    Ich mach mir keine Sorgen, Alter, aber du vielleicht? Erstaunlicherweise haben wir es gestern Abend noch geschafft, ohne Verletzungen von diesem Werbeschild runterzukommen. Den komatösen Suffschlaf danach beendete der Beifahrer heute Morgen um fünf mit seiner Standardansage »die Räder müssen rollen«, was sie dann auch taten. Einen halben Tag lang lotste er mich noch über irgendwelche Sträßchen, die natürlich schöne große Bögen um jedes Dorf mit mehr als zwanzig Einwohnern machten. Denn dort, so meinte er, könnten Webcams über der einzigen Ampelkreuzung lauern. Die Irrfahrt endete wie so oft im epischen Nichts. Eine kleine Windhose tanzt vor uns über den Acker. Jetzt, nach der Ernte, ist von der ehemals grünen Ebene nur noch eine Wüste aus Lehm und verdorrten Maisblättern übrig. Aus unserem Wagen, den Nick einfach mitten auf dem Weg geparkt hat, klingelt das unendliche Dingding-ding für Driver Door Open! und paart sich mit dem leisen Pfeifen des Windes. Für die perfekte High-Noon-Kulisse fehlt nur noch eine Wüstenrose, die in Zeitlupe über den Weg kullert. Zieh, Bübchen! Nick wischt sich mit der Hand über den schweißnassen Nacken und wirft einen besorgten Blick rüber zum Wagen. Wenn unser Kontaktmann nicht bald auftaucht, wird sich das Tape unterm Sitz bei der Bullenhitze bald aufrollen wie eine Luftschlange. Weit und breit keine Menschseele in Sicht, dabei ist mindestens zwölf Uhr, vielleicht auch schon halb eins. Unsere eigenen Schatten sind so winzig, dass sie nur knapp über die Fußspitzen hinausreichen. Die letzte Etappe bis zu unserem Zielort war reine Durchführung. Frühstück, tanken, auf die Straße, zweihundert Meilen runterreißen bis rein nach Montana. Dank Jetlag sind wir schon um fünf aus dem Bett gefallen, was dazu führte, dass wir um elf wieder Hunger kriegten - der reife Mensch braucht ja seine regelmäßigen Mahlzeiten, Essen ist der Sex des Alters. Also hielten wir an einem x-beliebigen Verschlag an, um ein Sandwich an Bord zu holen. Da hat Nick dann nochmal kurz telefoniert.
    »May I use your phone - it's a local call«, hatte er die Dienst habende Mom gefragt. Er wollte unserem Kontaktmann Bescheid sagen, wir waren also fast am Ziel. Auf den letzten Meilen hat sich Nick dann noch eine Aktion geleistet, die balancierte mal wieder genau auf der Grenze zwischen lächerlich und gänsehautmäßig: Nach dem Sandwich-Stopp bestand er nämlich drauf, selbst zu fahren. Nachdem ich auf seine Seite rübergerutscht war und er hinterm Steuer kauerte, bat er mich ganz höflich, doch

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