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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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über dem Weg sieht es kurz aus, als würden zwei Personen auf uns zujoggen. Lebens-Komparsen klingt natürlich erst mal hart, trifft es trotzdem ganz gut. Denn wirklich ernst nimmt Nick niemanden. Er ist zwar immer superfreundlich zu allen, grüßt brav und vergisst keine Geburtstage, doch tief in sich drin sind die Leute für ihn Luft. Wenn er jemanden neu kennen lernt, braucht er mit demjenigen nur fünf Minuten zu reden, und schon hat er ihn einsortiert: Er weiß, was ihn antreibt, wo sein geistiger Horizont endet, welche intellektuelle Stimulation von ihm zu erwarten ist. Und im Kopf geht Mister Spocks Daumen dann meist nach unten. Mit dem ist nichts anzufangen. Das provoziert natürlich die alles entscheidende Frage: Warum hängt er ausgerechnet mit mir ab? Ist wohl das letzte Rätsel der Menschheit. Da, jetzt kann man den Typen richtig erkennen. Komisch, auf die Entfernung sieht er wie ein Kind aus.
    »Niklas!«
    Unglaublich, der Hosenscheißer hat ihn tatsächlich mit seinem echten Vornamen angesprochen! Was für eine Provokation. Und dann schüttelt er ihm auch noch ganz locker die Hand, so, als wären Nick und er schon seit Jahren dicke Freunde.
    »Ist ja schon eine Ewigkeit her«, sagt er, ein bisschen außer Atem. Seine Stimme leiert unentschlossen zwischen den Tonlagen rum. Na, da naht wohl der Stimmbruch. Hier stimmt einiges nicht. Punkt eins: Was ist das überhaupt für ein Vogel? Ich hatte den üblichen IT-Schrat mit grauem Pferdeschwanz erwartet - einen dieser alten Säcke, von denen es in der Legacy-Branche so wimmelt. Aber der Typ hier sieht eher aus, als könnte er zusammen mit dem Sandwich-Künstler von gestern auf die Highschool gehen. Wie alt wird er sein? Maximal fünfzehn und damit deutlich zu jung, um in der Vergangenheit zu leben. Meine Anwesenheit passt ihm jedenfalls nicht. Sieht man daran, wie seine blauen Augen hinter der billigen Metallbrille unruhig hin-und herwandern, um mich nicht anschauen zu müssen. Warum schwitzt der nicht? Sein Outfit sieht aus, als müsste er jeden Moment einen Hitzschlag kriegen: Die schlaksigen Arme stecken in einem hellgrauen Langarmhemd, das er schön bis zum Hals zugeknöpft hat. Über die Schultern spannen sich Hosenträger, die seine schwarze, viel zu große Arbeitshose daran hindern, auf den Boden zu fallen. Er trägt Sandalen und - als ob ihm noch nicht warm genug wäre -schwarze Socken. Der Sommer scheint völlig von ihm abzuprallen. Seine Wangen leuchten so kalkweiß, als würde er unter der Erde leben. Vielleicht tut er das ja auch, bei Muttern im Keller. Punkt zwei: Mit der Art, wie er spricht, stimmt was nicht. Es klingt zwar erst mal nach Deutsch mit heftigem amerikanischem Akzent, doch drunter schwingt noch was anderes mit, ein Dialekt, österreichisch vielleicht. Er hat die »Ewigkeit« zu einem breiten »Ewigkääit« gedehnt. Genau - er klingt original wie Arnold Schwarzenegger! Nick zumindest scheint über den Auftritt des Pupsis kein bisschen überrascht zu sein. Alter und andere Äußerlichkeiten beachtet er ja ohnehin nicht, das muss man ihm echt zugutehalten. Er pumpt jedenfalls erst mal ausgiebig die Hand seines Kumpels, kommt dann aber schnell zur Sache. Die Herren haben wohl schon zu einem früheren Zeitpunkt eine tiefere Geek-Connection aufgebaut. Nick reicht ihm das Tape rüber. Der Dreikäsehoch wirft einen professionellen Blick drauf.
    »Eine Quarter-Inch-Cartridge, für den Piftyone-Ten, nehme ich an.“ Das »an“ walzt er zu einem »ooaahn“ aus.
    »Korrekt“, gibt Nick kurz zurück. Im Gegensatz zu seinem Gegenüber ölt er wie ein Schwein vor sich hin. Kleine Schweißbäche bahnen sich aus seinem Haaransatz ihren Weg die Schläfe runter. Erst jetzt, nachdem er den Grund für das Treffen präsentiert, hält es der Beifahrer für nötig, mich vorzustellen.
    »By the way: Das ist Kee, er arbeitet auch für die Company.«
    Der Winzling hält mir seine Hand hin, und ich versuche, das wabbelige Knochengestell so kurz wie möglich zu drücken. Der Kleine hat kein bisschen Handschweiß, unfassbar.
    »Freut mich«, sagt er.
    »Mich auch«, sage ich. Er fixiert meine Pupillen, zuckt aber schon nach einer halben Sekunde zurück und schaut auf den Boden. Immerhin, dieser In-die-Augen-starr-Wettbewerb ging an mich. Kee - eins, unbekannter Nerd-Kumpel von Nick -null! Der Hosenscheißer dreht die Kassettenhülle etwas verlegen hin und her.
    »Ich nehme an, die nationale Sicherheit steht mal wieder auf dem Spiel?«, feixt er. Das hätte

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