Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
Vom Netzwerk:
verschwitzten Gesichter fixiert. Im unscharfen Hintergrund verglüht rosarot der Tag. Sehr schön. Die Vorspannschrift wird eingeblendet: Two Players. Dann Schnitt: Einstellung aus dem Helikopter, schräg von oben auf das Fahrerfenster, der Pilot dreht ganz sachte ab, sodass unser Auto immer kleiner und kleiner wird, bis es sich als Punkt in der schwarzen Unendlichkeit verliert. Yeah, wir sehen wie Tubbs und Crockett aus, wie sie in ihrem Ferrari Daytona durch Miami rollen, zur Legende veredelt durch »In The Air Tonight«.
    Das ist die einzige Nummer, die Collins' Existenz rechtfertigt - in dem Punkt waren wir uns schon immer einig. Mit knappen Kommandos lotst mich der Beifahrer durch die Nacht.
    »In einer Meile müssen wir vom Highway runter.«
    Er kaut auf seinem Tanken-Sandwich rum. Truthahnbrust, mit Plutonium bestrahlt. Muss es sein, anders wäre es nicht zu erklären, dass sich das Teil ungefähr bis zum übernächsten Schaltjahr hält. Unser Zielgebiet scheint weit weg vom Bruderhof zu liegen. Draußen ist es pechschwarz, obwohl wir gerade mal halb zehn haben. Dabei sind wir doch schon hoch oben im Norden. Angenommen, wir fahren bis morgen Mittag weiter, wären wir in Kanada. Nick lässt sein Fenster hochsurren. Über den Griff zu diesem Knopf denkt man auch nicht mehr nach. Hach, der erste Fensterheber - was war das für ein Flash! Unverschämter Luxus, fast wie die Zentralverriegelung. Junge, wie lange hat man noch nach dem Knöpfchen zum Runterdrücken gesucht?
    »Hab den ersten Tropfen abgekriegt«, nörgelt Statler. Ich fahre alle Fenster hoch, ein letzter Kubikmeter schwüle Luft und ungefähr tausend Mücken schlängeln sich noch rein, dann herrscht im Cockpit wieder zenmäßige Ruhe, wie früher auf unseren Forschungsreisen. Nick klopft gegen seine Scheibe wie gegen eine Haustür.
    »Da rechts rein.«
    Ich biege vorsichtig in den Feldweg ein. Holla, jetzt geht's richtig los. Die erste Tropfensalve prasselt gegen die Frontscheibe. Und wir müssen ausgerechnet über diese Lehmpiste schippern! Das kann gefährlich werden, denn die Feldwege kreuzen oft ausgetrocknete Bachläufe, und wenn es losplästert - so wie jetzt und man bleibt da stecken, säuft der Wagen mit Maus und Mann ab. Heißt Flash Flood und reißt jedes Jahr etliche Natur-Ignoranten wie uns in den Tod. Mein Angst-Bruder kann meine Gedanken natürlich ahnen.
    »Sind gleich da«, sagt er mit seiner »Jaaaanz ruhich, Henry“-Stimme. Wir sehnen uns beide nach dem Ende der Geschichte und einem kühlen Miller. Nick hat garantiert schon die Pläne für seine Zeit nach der Datacorp in der mentalen Schublade - muss er ja auch, schließlich gilt es, jeden Monat die Rate für das feine Eigenheim zu überweisen. Sonst wäre der sorgfältig eingestielte soziale Aufstieg ganz schnell zu Ende. Sabina ist sicher krank vor Sorge - um ihn natürlich, nicht um das Haus, solche Sachen waren ihr nie so wichtig. Komisch, warum sie sich das ganze Eigentum überhaupt an die Backe gehängt haben? Wahrscheinlich ein klassisches Missverständnis: Sie denkt, dass Nick sich nach all seinen Junggesellen-Medienbunkern mal ein echtes Zuhause wünscht - dabei hat er sich in seinen Hardware-Hotels immer ausgesprochen wohlgefühlt. Und Nick denkt, dass sie auf den ganzen Spießerhokuspokus abfährt, und macht auf Häuslebauer, obwohl er nichts mehr hasst, als den Rasenmäher-Mann zu spielen. Mehr Ekel kann er nur für den gleichnamigen Film mit Pierce Brosnan aufbringen Stichwort: Neunzigerjahre Virtual Reality. Kotz. Er schubst mich mit dem Ellenbogen an.
    »Langsam, da vorne isses!«
    Woher will er das wissen? Vor uns ist absolut nichts zu sehen, außer einer hell angestrahlten Wand aus Regen. Der Dodge gräbt sich mühsam durch die vollgelaufenen Spurrillen. Schhhhhlick. Ein Reifen dreht durch, das Differenzial packt zu und schubst den Wagen weiter nach vorne.
    »Fahr hier ran«, bestimmt der Beifahrer.
    »Wo?«
    Am Straßenrand ist doch gar nichts zu sehen, außer ein paar Sträuchern.
    »Na einfach hier!«
    Unser Köpfe stoßen zusammen, als sich der Wagen den steilen Rand der Lehmpiste hochgräbt. Ich schalte den Motor ab, wir sitzen schweigend da und schauen den überforderten Wischern zu. Noch bevor sie den halben Weg über die Scheibe zurückgelegt haben, verdecken die Bäche von oben wieder die Sicht. Und da sollen wir also raus? Raus auf die abgemähten Felder, wo unsere Köpfe garantiert die höchsten Erhebungen sind - und das mitten im Weltuntergang. Ein Blitz

Weitere Kostenlose Bücher