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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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zuckt direkt vor uns auf die Ebene runter, und für einen kurzen Moment zeichnet sich die Scheune als Scherenschnitt ab: Es ist nur ein Holzverschlag, so groß wie ein zweistöckiges Haus, windschief, als ob er noch aus der Zeit der Pioniere stammt. Gehört das etwa auch noch zur Kolonie? Überhaupt ein komisches Wort: die Kolonie. Es klingt nach etwas Bösem. Fuck, wo geht's 'n hier rein? Wie Dick und Doof tasten wir uns an den Holzlatten entlang, treten uns auf die Füße und stoßen gegeneinander. Endlich ein Lichtspalt. Nick fährt sein Knie aus, und die alte Holztür springt knarrend auf. Willkommen im 19.Jahrhundert. Als Joseph vorhin sagte, dass der IBM in einer Scheune steht, klang das so nach einem ordentlichen Kuhstall, mit Betonwänden und so. Aber er steht wirklich in einer Scheune, und zwar in einer, die aussieht wie in diesem Freilichtmuseum, wo wir mit der Schule früher immer hingefahren sind. Joseph sitzt auf einem Melkschemel in der Mitte des Raums und starrt auf den IBM, den er zusammen mit einem riesigen prähistorischen Drucker auf einen kleinen Holztisch gequetscht hat. Direkt über seinem Kopf baumelt eine nackte Neonröhre, die eine kleine Lichtinsel in die Mitte des Verschlags zaubert. Die Decke ist so hoch, dass man das Ende des Kabels nicht erkennen kann. Knarrend schließt sich die Tür hinter uns. Beunruhigend: Hier herrscht nicht das übliche Geek-Chaos. Auf dem Boden stapeln sich keine ausgeweideten Rechner, nirgendwo liegen Diskettenstapel rum, keine Platinen oder Kabelnichts. Alles wurde ratzekahlleergeräumt, als ob hier gleich irgendeine Firmenpräsentation stattfinden soll. Wir stehen wie angewurzelt an der Tür. Seltsam, dass Nick auch so überrascht ist, schließlich war er schon mal hier. Junge, ist das heiß, wie in 'ner Duschkabine - und laut. Von allen Seiten trommelt der Regen gegen die Holzwände. Ab und zu schafft es ein Tropfen durch eine Ritze und schlägt kalt im Nacken ein. Deshalb hat Joseph den Tisch so dramatisch in der Mitte platziert - damit der Rechner in dem undichten Holzverschlag nicht nass wird. Nick setzt seinen Fuß unsicher nach vorne, also immer schön dranbleiben. Stroh raschelt unter unseren Füßen. Ob der staubige Lehmboden die richtige Umgebung für so ein wertvolles Museumsstück ist?
    »Guten Abend«, begrüßt uns Joseph. Korrektur: Er begrüßt uns auf Nerd-Art, was bedeutet, dass er uns völlig ignoriert und weiter auf den Monitor starrt. So bei Licht besehen wirkt der Bildschirm des IBM noch winziger als bei dem Exemplar, das in Johns abgestürztem Flugzeug lag, er ist nur einen Tick größer als eine Kippenschachtel. Joseph hat sein Interesse an unverbindlichen Schwätzchen wohl verloren, denn er streckt nur wortlos den Arm in unsere Richtung aus, ohne sich umzudrehen. Vielleicht muss er gleich zur nächsten Gebetsstunde oder so; er trägt immer noch die gleichen Klamotten und seine altmodischen Hosenträger. Nick zögert. Komm schon, Alter, aufwachen. Na endlich, er fischt die Kassette unter seinem T-Shirt heraus, fummelt die Hülle auf und drückt Joseph das Tape in die Hand. Ned Flanders schnappt es sich und schiebt es in einen Schlitz direkt über der Tastatur.
    »Let's seeee... «
    Ein paar Zeilen weiße Schrift scrollen über den Monitor. So richtig erkennen können wir nichts, weil wir zu Josephs Tisch immer noch einen guten Meter Sicherheitsabstand halten, als ob ihn ein Kraftfeld umgibt, das man besser nicht berührt. Der Typ ist einfach gespenstisch. Seine weißen Finger rasen über die Tastatur. Enter. Der IBM beginnt, die Daten vom Tape runterzuziehen. Kein Rappeln aus dem Laufwerk, keine hochpoppenden Fehlermeldungen. Es ist also wirklich ein Tape für genau diesen Typ von Rechner, und die Metallatome auf dem Band scheinen auch noch alle am richtigen Platz zu sitzen. Teil eins des Auftrags ist gemeistert, der Showdown unserer Dienstreise kann beginnen. Elektronik altert schnell und meistens würdelos. Kann man hier mal wieder sehen. Die Tasten des IBM wirken gigantisch, vor allem im Vergleich zu Josephs dürren Fingerchen; die gleiche Art von Tastatur packte IBM in die legendären Selectric-Kugelkopfschreibmaschinen. Höhepunkt der Steinzeit-Tech sind die Schalter auf der schwarzen Frontplatte, die so bedeutsam aussehen, wie sie im heraufdämmernden Zeitalter der Elektronenhirne einfach mussten. Allein dieser wuchtige Ein-aus-Hebel aus rotem Plastik - der wirkt so gefährlich, als könnte man mit ihm den Hauptreaktor des

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