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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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er jetzt über ein Thema seiner Wahl einen Vortrag absondern wird.
    »... apropos Telefon. Das ist ja auch so eine von den Sachen, die kannste im Film nicht mehr bringen. Du weißt schon, diese klassische Comedy-Handlung: Ein Typ steigt bei seiner Freundin ein, um seine eigene Nachricht auf dem Anrufbeantworter zu löschen. Neeeee, das geht ja nicht mehr. Da müsste er heute in das Datenzentrum von AT&T in Roanoke, Virginia, einbrechen, um an den Server mit der Voicemail ranzukommen - und das wäre ja dann wieder ein ganzer Film für sich!«
    Okay, jetzt mal eins nach dem anderen. Also, das Thema lautet: Filmplots, die heute technikbedingt nicht mehr funktionieren. Alles klar, ich steige ein.
    »Was auch nicht mehr geht, ist der alte Dreh .Sie trifft ihn und weiß nicht, dass er Milliardär/Schauspieler/Massenmörder ist', so wie bei Bejore Sunset, wo Julie Delpy keine Ahnung davon hat, dass ihr Schwarm mittlerweile ein berühmter Schriftsteller ist - obwohl sie seinen Namen weiß! Mit ungefähr einem Blick ins Netz hätte sie das schon rauskriegen können, oder?«
    Ich bin ziemlich stolz auf meine Einlassung, doch Nick verzieht das Gesicht .
    »Stimmt. Aber so 'n reinrassiger Frauen-Scheiß gilt eigentlich nicht als Beispiel.«
    Er legt sich aufs Bett und starrt am Game Boy vorbei an die -natürlich getäfelte -Decke.
    »Überhaupt Film ... «
    Noch so eines von seinen Füllworten. Genau wie »apropos« läutet »überhaupt« bei ihm eine neue Runde fröhliches Assoziieren ein.
    »... überhaupt, kennst du das Ende von The Beach, da, wo DiCaprio am Schluss mit dem ganzen anderen Backpacker-Gesocks im Internetcafe sitzt und seinen, haha, Hotmail-Account checkt? Da ist mir das erste Mal klar geworden, dass es das alte Reisen, wie wir es immer durchgezogen haben, nicht mehr gibt.«
    »Verstehe ich nicht.«
    »Naja, wenn die Kids heute Urlaub machen, dann haben sie ständig ihr Telefon an, sodass jeder ihrer total supi Freunde in jeder Nanosekunde genau weiß, wo sie sind und ob sie sich gerade die Socken zusammenrollen.«
    »Kann ja auch praktisch sei...«
    Ich kriege wie üblich keine Chance, meine Attacke gegen seine Retro-Windmühlen zu Ende zu reiten.
    »Damals, da hieß es: Tschüss, Taschentuch winken an den Landungsbrücken, wir sehen uns in drei Wochen«, giftet er dazwischen, »zuhause anrufen? Keine Chance, weil es entweder mordsmäßig teuer war oder die Schlange vor der Zelle einmal ums Hotel ging. Also: Die einzige Möglichkeit, in der Zwischenzeit was zu posten«, Ekelblick, »war, eine Postkarte in den Briefkasten zu schmeißen.«
    Er legt den Game Boy zur Seite und dreht sich zu mir rum.
    »Weißt du, was der Unterschied zwischen dem Reisen heute und dem früher ist?«
    Wie üblich wartet er nicht auf mein rhetorisches »Neee«.
    »Der Unterschied ist: Früher warst du echt weg!«
    Stimmt. Eigentlich so wie wir jetzt.

#36 T-2: 08:24
    In zehn Minuten wird die Welt untergehen. Jedenfalls sieht der Himmel so aus. Am Horizont, also ziemlich genau vor uns, zucken Stroboblitze durch die düsteren Wolkenberge und glühen nach wie Plasmasalven, die in die Hülle eines Raumkreuzers einschlagen. Windböen ruckeln am Wagen und zerzausen Nicks Haare, bis sie nicht mehr nach oben stehen, sondern ponymäßig in die Stirn hängen, wie bei der Maklerin auf dem Werbeplakat. Wir schweigen. Die Zeiten des lockeren Auto-Ausfüllens sind vorbei, dafür ist die Sache hier zu wichtig. Wenn Josephs alter IBM mit unserem Datentape, das wir um die halbe Welt hierher gekarrt haben, nichts anfangen kann, wird es eng. Wir können uns nicht ewig in irgendwelchen amerikanischen Nestern verstecken, auf analoger Schleichfahrt durch die Staaten gondeln und hoffen, dass uns die Company vergisst. Irgendwann werden sie uns kriegen, und dann müssen wir die Karten, oder besser gesagt: das Tape auf den Tisch legen und hoffen, dass wir nicht auch - extragroße Finger-Anführungszeichen - zufällig mit dem Flugzeug abstürzen. Gott, hoffentlich hat die Hitze im Auto dem Band nicht geschadet. Es liegt was in der Luft heute Abend. Wir schweben in unserem Boot durch die schwüle Nacht. Für die Verfilmung unseres Lebens, die wir im Kopf ständig planen, bedeutet das: Der Beleuchter muss im Fußraum ein schwaches Licht platzieren, weil der Kameramann sonst außer unseren Autoscheinwerfern nichts drauf bekäme. Unsere Gesichter werden also von unten blassblau angefunzeIt, während die Kamera über den Kotflügel hinweg unsere unbeweglichen

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