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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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der Müllkippe trocknen konnte, wuchs Gras über die Sache, und der Ruf von Alamogordo als Grab der Videospielindustrie verhallte. Die Geschichte verschwand schnell aus den Medien und wurde zu dem Stoff, aus dem Thekengespräche zwischen in die Jahre gekommenen 8-Bittern sind. Zwischen Leuten wie Nick und mir also. In den Neunzigern meldeten sich zwar Zweifler, die behaupteten, das Ganze sei erstunken und erlogen, doch die seien mittlerweile widerlegt worden, versichert mir Nick. Der ehemalige Bürgermeister habe im Interview mit einem Retrogame-Experten alles bestätigt.
    »Der Atari Landfill existiert«, schließt er, mit ein wenig gespielter Erleichterung. Und selbst wenn nicht, würde es keinen Unterschied machen, denn das ist ja das Schöne an unseren Forschungsreisen. Wir fahren nicht durch die Welt, sondern durch unsere Vorstellung.

LEVEL 09
    In den letzten paar Tagen haben wir herausgefunden, dass sechs Uhr die schlechteste Zeit ist, um an einer Tankstelle in Amerika einen Kaffee zu kaufen. Dann ist nämlich die Frühschicht gerade noch nicht da, und die Halbwüchsigen von der nächtlichen Friedhofs-Schicht haben keine Lust, eine neue Kanne aufzusetzen, weil sie ja eh gleich gehen. Das heißt, man kriegt das Zeug, was seit dem Vorabend auf der Warmhalteplatte steht, ein bitterer Kaffeesirup, zu dem unsere Omas wohl noch Negerschweiß gesagt hätten. Doch wer wollte schon die Koffeinkameradschaft untergraben? Also runter damit. Heute Morgen, ohne Frühstück im Magen, fließt das Zeug besonders zäh. In dem Dorf, wo wir übernachtet haben, war zu der Opa-Uhrzeit, zu der wir aufgestanden sind, nämlich das einzige Café auf der Hauptstraße noch zu. Also Frühstück an der Tanke kaufen. Jetzt rollen die Räder wieder, und mein Beifahrer isst genüsslich einen Chocolate Cake Dip -Donut, der laut dem Aufkleber auf der Packung ein Viertel des täglichen Fettbedarfs deckt. Ich kaue auf einem harten Trail Bar -Fitnessriegel herum und verfluche das Gesetz, das die Lebensmittelhersteller zwingt, Nährwertangaben auf ihre Produkte zu drucken. Unterdessen tauchen um uns herum die ersten Ausläufer von Alamogordo auf: Wassertürme, Autowerkstätten, Matratzengroßhändler. Die Gegend ist nicht halb so wüst, wie wir dachten, eher ein bisschen bergig wie in Kalifornien. Trotzdem verspricht es ein heißer Tag zu werden, denn schon jetzt, um kurz vor sieben morgens, schaltet die Klimaanlage im Wagen von Heizen auf Kühlen um. Klick, der typische Kühlmittelmief - Typ: Hallenbad am Morgen - kriecht aus der Lüftung. Nick versucht, ein wenig Spannung in unsere anstehende Exkursion zu bringen.
    »Letztens hat da jemand gegraben und wurde erwischt. Er musste angeblich 25 Dollar Strafe zahlen, und die Cops haben ihm die Schaufel abgeknöpft.«
    Aha, ist ja interessant. Statt höflich nachzuhaken, tue ich so, als müsse ich mich aufs Fahren konzentrieren, was natürlich nicht nötig ist, da der kleine Staatshighway völlig verödet in der Morgensonne gart. Nick legt ungerührt nach: »Dann hat er's am nächsten Tag noch mal versucht - und musste wieder blechen. Seitdem hat angeblich keiner mehr die Grabruhe gestört.«
    Nachdem auch sein zweiter Versuch, eine Konversation zu starten, ins Leere läuft, gibt er auf und fummelt wieder am Radio rum. Wir sitzen nebeneinander und starren nach vorne. Es ist völlig klar, warum das Cheerleading nicht wirkt: Wir wissen beide viel zu gut, dass uns am Ende der Straße nicht die sagenumwobene Atari-Müllkippe erwartet, sondern einer dieser Anti-Höhepunkte, die schon fast zum Markenzeichen unserer Trips geworden sind. Nach zehn Minuten Fahrt durch das Städtchen, über das es absolut nichts zu sagen gäbe, erreichen wir den Autohaus-Gürtel. Nick hat mittlerweile seinen Rechner ausgepackt und jongliert ihn auf seinen Knien.
    »Hier rechts«, befielt er, während er mit seinem Zeigefinger unsere Route auf dem Satellitenfoto nachzeichnet. Hinter Checker Auto Parts und dem Hidy Ho Drive-In hört die geteerte Straße auf, und wir biegen in einen Schotterweg ein. Er ist so ausgefahren, dass sich zwischen den Fahrspuren ein unangenehm hoher Berg von Steinen aufgetürmt hat, der alle paar Meter an unserer Ölwanne kratzt. Krack! Unser Unterboden hobelt den ersten Brocken ab. Wir schauen uns kurz an und lachen etwas unsicher. Die Angst davor, auf so einer Piste liegen zu bleiben, steckt bei uns beiden tief, schließlich ist es verboten, mit einer Limousine auf unbefestigten Wegen zu fahren. Wer

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