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Extrem

Extrem

Titel: Extrem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Goedde
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In-sich-Hineinhorchen. Und natürlich bin ich die ganze Zeit mit dem Druckausgleich beschäftigt.“
    Meine nächste Frage, ob er in der Tiefe Schmerzen verspüre – denn ohne Schmerzen kann ich mir das Ganze beim besten Willen nicht vorstellen –, verneint er: „In den Armen und Beinen spürt man überhaupt keinen Druck. Wenn überhaupt nur in den Hohlräumen im Körper. Im Kopf, das heißt in den Nebenhöhlen und im Mittelohr, muss man einen Druckausgleich herstellen. Ich habe gehört, dass manche Apnoetaucher Schmerzen haben – meiner Meinung nach trainieren sie falsch. Ich jedenfalls spüre keine Schmerzen.“
    „Und was ist mit lebensbedrohlichen Momenten, einer Ohnmacht?“
    „Ohnmächtig war wohl schon jeder Freitaucher mehrfach“, antwortet Nitsch, als ob das dazugehöre wie das Abduschen vorm Betreten eines Hallenbads. „Das klingt nur so dramatisch“, beruhigt er mich, „ist aber eigentlich relativ harmlos, wenn man die Sicherheitsregel Nummer eins beachtet: Es muss immer eine zweite Person dabei sein, die weiß, was im Notfall zu tun ist. Das sollte natürlich nicht unbedingt die Großmutter am Beckenrand sein (lacht). Im Ernst: Ich habe eine Crew von mindestens 20 Leuten, die nur dafür da sind, meine Sicherheit zu gewährleisten.“
Tiefenrausch
    Was aber, wenn Konzentration und mentale Stärke den Taucher in der Tiefe verlassen? Ich spreche Nitsch auf den sogenannten Tiefenrausch an, den jeder Apnoetaucher immer wieder erlebt.
    „Ab einer bestimmten Tiefe haben das die meisten Freitaucher. Es ist unterschiedlich, wie man das empfindet. In der Fachliteratur wird das meines Erachtens zu 99 Prozent falsch beschrieben. Da steht sehr oft: ‚angenehme, euphorische Zustände‘. Das mag zwar auf den einen oder anderen zutreffen, aber prinzipiell ist es eher ein ungutes Gefühl.“
    Guillaume Néry spricht im Spiegel -Interview von einem Gefühl wie bei einer „leichte[n] Narkose […]. Es fühlt sich an wie nach zwei Bier, wenn man ein bisschen betrunken ist, aber immer noch alles unter Kontrolle hat.“ Auch Nitsch vergleicht den Rauschzustand mit einer „leicht alkoholisierten Autofahrt. Wenn man dann in eine Polizeikontrolle gerät, muss man versuchen, sich zusammenzureißen, damit man nicht betrunken rüberkommt. Man ist tief unter Wasser – und irgendwann muss der Mensch natürlich atmen. Aber es wäre äußerst fatal, wenn man sich diesem Rauschzustand hingeben würde.“
    Nicht wenige Kollegen seien genau deshalb gestorben, gebe ich zu bedenken.
    „Die Gefahr besteht tatsächlich, dass man in einen traumartigen Zustand übergeht. Die Denkfähigkeit ist eingeschränkt, aber das Gehirn bekommt das nicht mit. Man weiß ja manchmal auch nur, dass man Fehler macht, wenn man danach darauf hingewiesen wird. Ein dummer Mensch weiß nur, dass er dumm ist, weil es ihm andere Leute sagen.“
    Und doch spielen Extrem-Taucher aus der Sicht eines untrainierten, normalen Menschen wissentlich mit ihrem Leben. Warum? Was macht die Faszination der extremen Tiefe aus? Nitsch, der schon wieder einen neuen, noch viel extremeren Rekord plant – mit nur einem Atemzug will er in eine Tiefe von 305 Metern –, antwortet:
    „Man lernt, wie man seinen Körper optimal trainiert – der Leistungszuwachs in dieser Sportart ist enorm. Man hat fast das Gefühl, man sei ein Unterwasser-Superman, sodass man sich eigentlich gar nicht vorstellen kann, wo die Grenzen sind. Und diese Unvorstellbarkeit treibt einen an: Wie weit geht das wirklich? Gibt es eine Grenze? Und so kommt man immer, immer weiter.“
Le Grand Bleu
    Immer weiter ins kalte Dunkel? Denn in Tiefen von 200 Metern, so stellt es sich der Interviewpartner von Guillaume Néry vor, sei ja nicht viel anderes. Doch Néry wehrt sich gegen diese Feststellung: „Sie irren sich. […] Es ist eher ein tiefes, starkes Blau. Es ist überall um michherum. Wenn ich will, kann ich mich in alle Richtungen bewegen. […] Ich fühle mich frei, wie ich es an Land nie sein könnte.“
    Das klingt für mich nach dem, was der Filmklassiker „Im Rausch der Tiefe“ suggeriert. Spektakuläre Unterwasseraufnahmen ziehen den Zuschauer in ihren Bann. Der 1988 entstandene Spielfilm von Luc Besson, dessen Geschichte an den langjährigen Wettkampf der Apnoetaucher Jacques Mayol (1927 – 2001) und Enzo Maiorca (*1931) angelehnt ist, hat bis heute Kultstatus. Mayol war der erste Taucher, der sich in den siebziger Jahren ohne Atemgerät in eine Tiefe von mehr als 100 Metern wagte.
    In

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