Extrem
Einsamkeit in einer faszinierenden Umgebung – das ist es, was mich total anzieht. Und trotz der großen Anstrengungen und der großen Kälte sind es vor allem die schönen Momente, die in Erinnerung bleiben. Wie jetzt am K2: Nach 14 Stunden anstrengender Kletterei haben wir dort einen Sonnenuntergang gesehen … den kann ich Ihnen gar nicht beschreiben, man muss ihn wirklich erleben. Alles rundherum leuchtete im Abendrot. Ganz egal, wo man hinschaute, nur unzählige schöne Berge und die absolute Stille. Das ist so etwas Kraftvolles, in dem Moment kommt für mich so viel Energie zurück– einfach unbeschreiblich. Sie ist einfach da und durchströmt mich komplett.“
Was das Höhenbergsteigen so anstrengend macht, ist neben dem extremen Sauerstoffmangel die große Kälte. Minus 40 Grad sind keine Seltenheit.Hatten Sie schon Erfrierungen, Frau Kaltenbrunner?
„Ich habe mir einmal die Zehen am rechten Fuß leicht angefroren, das war beim Abstieg von einem Berg. Ich war 30 Stunden in den Bergschuhen drin und hatte damals zu wenig getrunken. Daraus habe ich gelernt, dass ich auch beim Abstieg viel Schnee schmelzen und genug von dem so gewonnenen Wasser trinken muss.“
Es gibt also einen Zusammenhang zwischen Erfrierungen und der Menge Wasser, die man zu sich nimmt?
„Ja, das Blut dickt in extremer Höhe ein, die Durchblutung ist nicht mehr so gegeben. Wenn man aber viel trinkt, kann man das Blut gut flüssig halten. Das ist in erster Linie eine Frage von großer Disziplin. Denn es ist eine große Anstrengung, den Schnee zu schmelzen – das dauert oft stundenlang. Aber ich schaue trotzdem, dass ich täglich fünf Liter Flüssigkeit zu mir nehme. Das ist enorm viel und schmeckt auch irgendwann nicht mehr. Aber ich weiß genau, dass ich das machen muss. Ansonsten kann es passieren, dass ich mir etwas abfriere, vor allem aber auch, dass das Denken eingeschränkt ist.“
Natürlich, ganz oben ist die Luft bekanntlich extrem dünn – auf einem Achttausender nicht nur sprichwörtlich, sondern ganz real. Was bedeutet es für den Körper, wenn man auf über 8000 Metern versucht durchzuatmen?
„Für den Körper ist das natürlich allerhöchste Anstrengung. Allerdings ist es nicht so, dass wir zum Berg gehen und sofort auf 8000 Meter hinaufsteigen – wir müssen unserst langsam dem geringeren Sauerstoffgehalt in der Luft anpassen.“
Das heißt, die Bergsteiger steigern sich bei ihren Klettertouren Tag für Tag, kehren aber zum Übernachten immer wieder in gemäßigtere Höhen zurück. Auf diese Weise erhöht sich die Zahl der roten Blutkörperchen im Blutkreislauf, die ja für den Sauerstofftransport vom Blut ins Gewebe verantwortlich sind. Der Sauerstoffmangel in großen Höhen kann so zumindest für einige Zeit ausgeglichen werden.
Ohne diese sogenannte Akklimatisationsphase…
„… würde man sofort an einem Lungen- oder Hirnödem erkranken“, so Kaltenbrunner, „was ja relativ häufig vorkommt.“
Der mit zunehmender Höhe absinkende Luftdruck und auch der sinkende Sauerstoffgehalt in der Luft sorgen dafür, dass zwangsläufig auch weniger Sauerstoff in Lunge und Blutkreislauf aufgenommen wird. Gleichzeitig kommt es stressbedingt – der Körper leistet Schwerstarbeit – einerseits zu einer Blutdruckerhöhung und andererseits zu einer Gefäßverengung in der Lunge. Es wird vermehrt Flüssigkeit aus dem Blut der Lungengefäße in die Alveolen, die Lungenbläschen, gepresst, sodass sich ein sogenanntes Lungenödem, eine Ansammlung von Flüssigkeit in der Lunge, bildet und ein Atmen kaum noch möglich ist. Die Symptome sind besonders zu Beginn nicht leicht auszumachen. Neben allgemeinem Leistungsabfall zählen zu den häufigsten Signalen Atemnot, Husten, Erschöpfung und Fieber. Später kommt „rasselnder Husten mit blutig-schaumigem Auswurf“ hinzu.
Auch bei einem Hirnödem sammelt sich durch den zunehmenden Druck Flüssigkeit im Gehirn, was hier besonders fatale Auswirkungen hat, da sich der Druck auf dasHirn immer weiter steigert, die starren Schädelknochen aber wenig Möglichkeiten bieten, der Flüssigkeitsansammlung Raum zu geben. Ein Höhenhirnödem tritt meist erst oberhalb von 5000 Metern auf. Es kommt zwar nicht so häufig vor wie ein Lungenödem, führt aber in etwa 40 Prozent der Fälle zum Tod. Anzeichen für ein Hirnödem sind Koordinationsstörungen, die sich durch einfache Tests wie durch das Gehen auf einer Linie feststellen lassen. Doppeltsehen, psychische Veränderungen wie
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