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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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schlichtweg alles…
    Am besten war es, nichts zu sagen, dachte sie. Freundlicher.
Trotzdem, das Herz klopfte ihr natürlich bis zum Hals. Sie war
überrascht, daß die anderen es nicht hörten.
    O Scheiße! Es wird doch nicht alles hier zu Ende
sein, oder? Verfluchter Mist, ich bin noch zu jung zum
Sterben!
    Nein, natürlich konnten sie ihr Herz nicht hören;
wahrscheinlich hätte sie jetzt laut hinausbrüllen
können, und die beiden hätten die gesamte ihnen noch zur
Verfügung stehende Zeit gebraucht, um darauf zu reagieren, so
sehr waren sie damit beschäftigt, einander bedeutungsvoll in die
Augen zu blicken.
    Weitere achtundachtzig Sekunden waren vergangen.

 
VIII
     
     
    Es war nun nicht mehr lange hin. Die Sleeper Service sandte
Signale an verschiedene Fahrzeuge, unter anderem auch an die Nur
Ernstmeinende Anrufer und an die Erschieß Sie
Später. Beinahe augenblicklich kamen die Antworten, die sie
erwartet hatte, von der Wie Lautet Die Antwort Und Warum? und
der Angewandte Psychologie zurück, übermittelt durch
die Grauzone und die Trübe Aussichten.
    Die Ausdehnung der Exzession war inzwischen lokalisiert; ihr
Zentrum richtete sich auf die Sleeper Service selbst, jedoch
mit einer sehr breiten Front, die ihre gesamte weitverstreute
Kriegsflotte umfaßte.
    Ach ja, dachte sie. Sie hatte das schwindelerregende
Gefühl von Erleichterung darüber, daß sie zumindest
keine endgültige Apokalypse ausgelöst hatte. Daß sie
sterben würde (genau wie all ihre Kriegsschiff-Kinder, die drei
Menschen an Bord und möglicherweise auch die Grauzone und
die Trübe Aussichten), war schlimm genug, aber sie konnte
sich einigermaßen damit trösten, daß ihre Handlungen
nichts Schlimmeres heraufbeschworen hatten.
    Sie wurde sich nie ganz klar darüber, was sie zu ihrer
nächsten Handlung bewegte; vielleicht war dabei eine Art von
Verzweiflung am Werk, erwachsend aus der Tatsache, daß sie sich
mit ihrer bevorstehenden Zerstörung abgefunden hatte, vielleicht
geschah es auch aus so etwas wie Trotz, vielleicht war es sogar
etwas, das einem Kunstwerk nahekam. Wie auch immer, sie nahm die
derzeitige Version ihres Gehirnsubstrats – die Update-Version
des letzten Signals, das sie jemals aussenden würde, die
Botschaft, die ihre Seele enthalten würde – und schickte
sie einfach geradewegs nach vom hinaus, mitten hinein in den
Mahlstrom der Gegenwart.
    Dann blickte die Sleeper Service zurück zum Sensorium
ihres Awatara an Bord der Trübe Aussichten.
    Im selben Augenblick veränderten sich die sich ausdehnenden
Grenzen der Exzession. Das Schiff verteilte seine Aufmerksamkeit auf
den makrokosmischen und den menschlichen Maßstab.

    »Wieviel Zeit haben wir jetzt noch?« fragte
Genar-Hofoen.
    »Eine halbe Minute«, antwortete Amorphia.
    Die Hände des Menschen lagen auf dem Tisch. Er drehte die
Handflächen nach oben und sah Dajeil an. »Es tut mir
leid«, sagte er.
    Sie senkte den Blick und nickte.
    Er sah Ulver an und lächelte traurig.

    Die Sleeper sah fasziniert zu. Die Energiewand, die auf sie
zu brodelte, neigte sich innerhalb beider hyperräumlichen
Bereiche nach hinten und bildete zwei gewaltige vierdimensionale
Kegel; die verblassende Explosion des Energiefeldes zögerte in
ihrem Fortgang über den Realraumstrang, während ihre sich
verlangsamenden Wellenfronten immer noch gegen die Oberfläche
des Gitters brandeten. Der Neigungswinkel nahm zu, als der
Grenzstrang nach und nach aufbrach, sich von den Gittern abtrennte
und allmählich auflöste. Schließlich schwanden die
einzelnen Wellen auf den Gittern, brachen aus ihren tsunamischen
Dimensionen heraus und wurden zu schlichten, wenn auch riesigen
Meereswogen, die über und unter dem Strang in sich
zusammenfielen, bis sie nur noch Zwillingswellen waren, die sich
über beide Energiegitter hinweg den Doppelfurchen näherten,
die die Antriebsfelder der Sleeper immer noch in das Gitter
frästen.
    Dann taten die Doppelwellen das Unmögliche; sie machten
kehrt, zogen sich zum Ausgangspunkt der Exzession zurück, und
zwar mit genau der gleichen Geschwindigkeit, mit der die Sleeper bremste.
    Sie wurde beständig langsamer und konnte es immer noch kaum
glauben, daß sie mit dem Leben davongekommen war.
    Es reagiert, dachte sie. Sie verbreitete ein Signal an
Bord, mit den Einzelheiten über das soeben Geschehene, nur
für den Fall, daß sich plötzlich eine neue Gefahr
einstellte. Sie setzte auch Amorphia darüber in Kenntnis, was
sich zugetragen hatte.
    Sie betrachtete die

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