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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sein wie… wie hast du es genannt? Ein
außerkontextuelles Paradoxon.«
    »Problem«, berichtigte Tishlin.
»Außerkontextuelles Problem.«
    »Hmm. Ja. So etwas. Beinahe.«
    Ein Außerkontextuelles Problem war etwas, dem die meisten
Zivilisationen nur ein einziges Mal begegneten und dem sie etwa auf
dieselbe Weise zu begegnen geneigt waren wie ein Satz einem
Schlußpunkt. Das üblicherweise angeführte Beispiel,
um ein Außerkontextuelles Problem zu verdeutlichen, war die
Vorstellung eines Stammes auf einer großen, fruchtbaren Insel;
ihr macht euch das Land Untertan, erfindet das Rad oder die Schrift
oder sonst etwas, die Nachbarn sind hilfsbereit oder versklavt, aber
auf jeden Fall friedlich, und ihr seid damit beschäftigt, euch
selbst Tempel zu bauen, mit all der außergewöhnlichen
Produktionskapazität, die euch zur Verfügung steht; ihr
genießt eine Stellung der beinahe absoluten Macht und
Herrschaft, von der eure geheiligten Vorfahren kaum hätten
träumen können, und die ganze Situation gleitet
überaus erfreulich dahin, wie ein Kanu auf nassem Gras… bis
plötzlich dieser bedrohliche Eisenklotz ohne Segel, dafür
mit einem Rauchschweif in der Bucht erscheint und diese Kerle mit
langen, seltsam aussehenden Stöcken an Land kommen und
verkünden, daß ihr soeben entdeckt worden seid, daß
ihr nunmehr allesamt Untertanen des Kaisers seid, daß dieser
ganz scharf auf Geschenke sei, die ›Steuern‹ genannt
werden, und daß die heiligen Männer mit den hellen Augen
sich gern mal mit euren Priestern unterhalten würden.
    Das war ein Außerkontextuelles Problem; so lautete die
gemäß der herrschenden Technik aufbereitete Version
dessen, was ganzen planetarischen Zivilisationen widerfuhr, wenn
jemand wie der Affront zufällig vor – sagen wir mal –
der Kultur bei ihnen aufkreuzte.
    Die Kultur hatte jede Menge kleinerer AK-Probleme gehabt, die sich
als verhängnisvoll hätten erweisen können, wenn man
sie ungeschickt gehandhabt hätte, aber bis jetzt hatte sie sie
alle überlebt. Vom letzten AKP der Kultur wurde in der
Öffentlichkeit gern die Meinung vertreten, daß dahinter
wahrscheinlich eine galaxisverzehrende hegemonistische Bande oder
eine verärgerte Ahnen-Zivilisation steckte oder daß es
sich um einen überraschenden Kurzbesuch von Nachbarn aus der
Andromeda-Galaxis handelte, wenn die Expedition erst einmal dort
angelangt war.
    In gewisser Weise lebte die Kultur ständig umgeben von AKP in
der Form dieser Erhabenen Ahnen-Zivilisationen, aber bis jetzt hatte
es den Anschein, daß dies von irgend jemandem unter ihnen in
entscheidendem Maße erkannt und gesteuert würde. Das
Warten auf das erste echte AKP war die intellektuelle
Entscheidungshemmung für jene Leute und Gehirne in der Kultur,
die entschlossen waren, die drohende Katastrophe selbst in Utopia zu
finden.
    »Beinahe. Vielleicht«, bestätigte die Erscheinung.
»Vielleicht wird es durch deine Hilfe ein bißchen weniger
wahrscheinlich.«
    Genar-Hofoen nickte und starrte auf die Tischplatte. »Also,
wer hat das Sagen bei alledem?« fragte er grinsend. »Im
allgemeinen steckt hinter solchen Dingen ein Gehirn, das als
Ereignis-Kontrolleur oder wie immer man das nennt,
fungiert.«
    »Der Ereignis-Koordinator ist ein ASF namens Nicht Hier
Erfunden«, erklärte Tishlin. »Und diese
läßt dich wissen, daß du sie alles fragen kannst,
was du möchtest.«
    »Ah – ha.« Genar-Hofoen konnte sich nicht erinnern,
jemals von dem Schiff gehört zu haben. »Und warum ist die
Wahl ausgerechnet auf mich gefallen?« fragte er. Er glaubte, die
Antwort darauf bereits zu kennen.
    »Die ASF Sleeper Service benimmt sich in letzter Zeit
noch merkwürdiger als sonst«, sagte Tishlin mit einer
angemessen geschmerzten Miene. »Sie hat den Kurs geändert,
sie nimmt keine Leute zur Einlagerung mehr auf, und sie hat jede
Kommunikation so gut wie vollständig eingestellt. Aber sie sagt,
daß sie dir den Zugang an Bord gewährt.«
    »Zweifellos zur Einschüchterung«, sagte
Genar-Hofoen mit einem Seitenblick zu einer Wolke, die über die
Wiesen des Tals zog, das an der Projektionswand des Eßzimmers
gezeigt wurde.
    »Wahrscheinlich will sie mir eine Lektion erteilen.« Er
seufzte, und sein Blick wanderte weiter durch den Raum. Dann heftete
er ihn wieder auf Tishlins Simulation. »Und sie ist immer noch
dort?«
    Das Abbild nickte langsam.
    »Scheiße«, sagte Genar-Hofoen.

 
III
     
     
    »Aber davon tut mir das Gehirn weh.«
    »Trotzdem, Major. Es ist von

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