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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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bleibt nur, in ihr irgendwie zurechtzukommen. Das gelingt den einen besser, den anderen schlechter – und manchen gar nicht.“
    Bronstein nickte: „Das haben S’ jetzt schön g’sagt, Kollege. Wenn der Guschlbauer nicht so ein grauslicher Saubartl g’wesen wär’, die Hildebrand wäre heute noch ein ehrbares Mädel.Aber gerade über solchen Menschen schwebt beständig ein drohendes Schicksal, weil niemand da ist, der für sie eintritt. Und wehe ihnen, wenn sie für sich selbst einstehen. Was dann passiert, das sieht man ja.“
    „Nun ja, aber das deutet ja alles auf Notwehr, im allerschlimmsten Fall auf Notwehrüberschreitung, hin. Man wird sie doch nicht des Totschlags oder gar des Mordes anklagen.“
    „Lieber Freund, Sie kennen anscheinend die heimische Staatsanwaltschaft nicht. Für die ist ein solches Mädel ein gefundenes Fressen! Gerade in unserer Zeit sind die Hyänen vom Einser-Landl ganz scharf auf einen Fall, an dem man die Moral einer ganzen Nation wieder emporheben kann. Da werden wortreich die alten Tugenden beschworen und genau das Gegenteil der Wirklichkeit wird als Realität verkauft. Gerade jetzt, wo der politische Hader wieder einmal überhandnimmt, sind die doch froh, wenn sie so eine Sache zu einem Klassiker aufbauschen können. Und zwar völlig ungeachtet dessen, was ich in meinen Bericht schreibe.“
    Cerny nickte zustimmend: „Da haben Sie schon recht. Die heimischen Staatsanwälte machen nicht viel her, dafür sind s’ aber ziemlich bösartig. Doch die Entscheidung treffen schließlich die Geschworenen, und die haben doch auch ihre eigene Vorstellung von Gerechtigkeit, wie man gerade gesehen hat.“
    „Ach, hat man?“ Bronstein verstand nicht, worauf Cerny anspielte.
    „Na, die Schattendorf-Geschichte“, sagte der leichthin.
    „Was, da gibt’s schon ein Urteil? Seit wann? Und wie ist es ausgegangen? Ich hab die Sache ja recht intensiv in den Zeitungen mitverfolgt.“ Mit dem letzten Satz versuchte Bronstein seine beinahe kindische Neugierde ein wenig verständlicher zu machen.
    „Freispruch in allen Punkten“, erklärte Cerny, „um elf hab ich’s von den Kollegen g’hört.“
    „Das gibt’s nicht!“ Bronstein war perplex. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Die Anklage war doch ohnehin schon so defensiv gewesen, da war ein solches Urteil doch nachgerade eine offene Ermunterung für Mord und Todschlag.
    „Doch, und die Geschworenen haben nicht einmal lange dafür gebraucht. Die waren sich anscheinend ziemlich schnell einig. Aber was ich so gehört habe, hat die Anklage ja wirklich keinen sonderlich guten Eindruck hinterlassen.“
    „Das stimmt schon“, fiel ihm Bronstein ins Wort, „aber bitte schön, da sind zwei Menschen erschossen worden. Da kann man doch nicht einfach mit einem Schulterzucken darüber hinweggehen.“ Und dann, nach einer kurzen Pause, „Na servus, da kommt was auf uns zu, das sag ich dir … Ihnen.“
    „Na ja, die Schwarzen werden jubilieren, die Roten werden schäumen, und die Staatsanwaltschaft wird in Berufung gehen. Im Herbst reden wir weiter. Zurück zu Ihrer Sache, Herr Oberstleutnant.“
    Plötzlich läutete das Telefon. Bronstein und Cerny sahen sich überrascht an. Wer um alles in der Welt wählte um 1 Uhr 23 nachts eine Nebenstelle des Justizpalastes an? Das konnte doch nur ein Irrtum sein. Ein beharrlicher allerdings, denn das Läuten erstarb nicht. Endlich fasste sich Bronstein ein Herz und hob ab.
    „Oberstleutnant Bronstein im Justizpalast“, meldete er sich umständlich.
    „Brrronschtajn, mein mosaischer Held, hab ich doch g’wusst, dass ich da wen find!“
    „Herr Polizeipräsident“, hektisch suchte Bronstein nach Worten, „was verschafft mir die Ehre Ihres Anrufs, zumal zu solcher Stunde?“
    „Ich weiß nicht, ob Sie’s schon g’hört haben, die Schattendorfgeschichte ist entschieden worden.“
    „Ja, gerade eben.“
    „Ja, und dieses Urteil schmeckt der roten Reichshälfte ganz und gar nicht. Der Austerlitz, auch so ein mosaischer Held, hat mich gerade angerufen und mir g’steckt, sub rosa natürlich, weil offiziell reden die ja nicht mit mir, gell, also klammheimlich hat er mir g’sagt, dass sie morgen in der Früh am Ring demonstrieren werden. Klarerweise hat er g’sagt, es besteht kein Anlass zur Sorge, der Schutzbund – haha – der Schutzbund wird schon für Ordnung sorgen. Der Witz war wirklich gut, da hab ich sehr gelacht. Aber weiter. Jedenfalls hat er ernsthaft geglaubt, mir sagen zu

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