Ezzes
nächsten Tag Schnitzel zu machen, weshalb das Schmalz fürs Braten gedacht sei. Die Gindl nickte wissend und holte das gewünschte Produkt aus dem hinteren Raum.
„Und dann werden S’ ja Schnitzeln auch brauchen, gell, Frau Schüller, i hätt da ein gutes Schweinernes, frisch vom Bauern.“ Und um ihre Worte zu unterstreichen, hob sie das betreffende Stück Fleisch aus der Budel und hielt es der Alten vor die Nase. Diese warf einen prüfenden Blick darauf, nickte dann und gab der Gindl zu verstehen, sie wünsche drei Scheiben, die nach Tunlichkeit nicht zu dünn ausfallen sollten. Die Gindl nahm das große Fleischermesser und begann, die gewünschte Menge von dem Fleischberg abzutrennen. Sie war richtiggehend in ihre Arbeit versunken, was Bronstein die Gelegenheit bot, das konzentrierte Gesicht eingehend zu betrachten. Am besten gefielen ihm ihre großen, ausdrucksstarken Augen, doch auch das Haar, das Gindls Gesicht sanft umschmeichelte, faszinierte ihn. Sein Kopf reckte sich unwillkürlich ein Stück nach vor, so als könnte er dadurch ihren Geruch einsaugen. Und Bronstein spürte, wie seine Kehle trocken wurde.
„Die Frau Schüller kauft hier nämlich schon seit Jahrzehnten ein“, sagte die Gindl unvermittelt, „vielleicht sollten S’ die einmal fragen, ob sie etwas über den Herrn Guschlbauer weiß.“ „Na freilich weiß ich alles über den“, krähte die Schüllerunaufgefordert, „da könnt ich Ihnen G’schichten derzähl’n, die san ned von schlechte Eltern.“
„Ah so?“ Bronstein riss sich vom Gesicht der Gindl los und sah die Alte an.
„Ja freilich. Immerhin wohn i in dem Haus seit fast fünfzig Jahr’. Da, im ersten Stock“, ergänzte sie und deutete mit dem Zeigefinger an die Zimmerdecke.
„Da hat ja auch der Herr Guschlbauer eine Wohnung gehabt, oder?“
„Ja sicher. Gleich neben der meinen. Was man halt so a Wohnung nennt. A Zimmer war’s, a klanes. Aber für seine Zwecke hat’s allemal g’reicht.“
„Und was waren seine Zwecke?“
„Na die Hur’n halt. Der hat da immer pudert da oben. Glaub’n S’ ma’s, der hat den ganzen lieben langen Tag nix anders g’mocht. Woher des Mannsbüd die Kraft g’habt hat, mecht i wiss’n. In aner Tour is des gangen. Eine, auße, und die nächste. Oft amoi war’n da drei, vier Flitscherl hintereinander bei eam. Zum Glück is er meistens am Abend weg’gangen, dann hob i wenigstens mei Ruah ghobt. Oba untertags war des a pausenlose Geräuschkulisse. Der hot überhaupt kan Genierer g’hobt, der ausgschamte Bazi.“
Bronstein schluckte. Während die Alte völlig zwanglos über die sexuellen Abgründe ihres Nachbarn berichtete, fühlte er die ganze Zeit über Gindls Blick auf sich ruhen, und er konnte nicht behaupten, dass ihm das sonderlich behagte. Er wollte die Lage wieder unter Kontrolle bringen: „Und sonst hat er keinen Besuch empfangen. Ich meine irgendwelche Herrschaften, Geschäftspartner, Lieferanten oder vielleicht gar Freunde?“
„Sie glaub’n do ned, dass der Freind ghobt hot? In all die Johr, die der do gwohnt hot, hob i nia a anderes Mannsbüd bei eam g’sehn, da kennen S’ Gift drauf nehmen.“
„Und ist er dann irgendwann wieder z’Haus kommen?“
„Na, der hot jo ned wirklich da g’wohnt. Des woa wirklich nua a Absteige, miassn S’ wissen. I sog jo, auf da Nocht hob i immer mei söliche Ruah ghobt.“
„Und wissen S’ vielleicht a, wo er eigentlich g’wohnt hot, der Herr Guschlbauer?“
„Angeblich hot er a Villa g’erbt in Döbling draußt. Aber ob des stimmt und wos er daun durt gmocht hot, des waaß i ned, gell.“
Bronstein merkte auf. Endlich eine neue Information. Und sie klang nicht einmal so unplausibel. Vielleicht hatte die alte Hofratswitwe ja nicht nur ein Zinshaus ihr Eigen genannt, sondern eben auch ein Häuschen in der Cottage. Das musste man im Grundbuchamt erfragen.
„Frau Schüller, Sie ham mir sehr gholfen“, sagte Bronstein endlich, da ihm keine weiteren Fragen mehr einfielen.
„Wollen S’ von mir auch noch was?“ Das war die Gindl, und Bronstein lächelte nur versonnen.
„Na, ernsthaft jetzt. Wollen S’ mich noch was fragen, oder wollen S’ was bestellen? Oder waren S’ nur wegen der Frau Schüller da?“
Bronstein wurde erst in diesem Augenblick bewusst, dass er offenbar ziemlich lange schweigend dagestanden war. Unterstrichen wurde diese Erkenntnis durch eine schnippische Bemerkung von Frau Schüller: „A ganz a Gschwinder.“
Umständlich räusperte er
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