Ezzes
sich. „Von Ihnen hab ich ja an sich alles, Fräulein Gindl. Aber ja, eine Leberkässemmel hätt’ ich gern. Mit einem aufg’schnittenen Gurkerl drin.“ Unwillkürlich musste er bei dieser Bestellung an die Stepanek denken, doch sogleich gehörte seine ungeteilte Aufmerksamkeit wieder der Gindl. Innerlich ging er seine Möglichkeiten durch. Er war sich sicher, er würde ihr ein stattliches Trinkgeld geben. Die Frage war aber: Wie viel konnte er zulegen, ohne dass es peinlich oder gar aufdringlich wirkte? Zehn Prozent vom Kaufpreis?Das mochte dann bei den paar Groschen, welche die Bestellung ausmachen würde, wieder knausrig aussehen. Während er noch so überlegte, lag das Gewünschte schon fix und fertig verpackt auf die Budel. „Sonst noch was?“
„Ham S’ a Bier auch?“
„Ja. Schwechater.“
Bronstein zuckte innerlich zusammen. Es gab in seiner Wahrnehmung wohl kaum ein schlimmeres Gebräu, wenn man von dem gelben Wasser, welches die Liesinger Brauerei abfüllte, einmal absah. Aber bei den Liesingern stand, wie es hieß, ohnehin schon der Exekutor vor der Tür, weshalb sie sich hektisch um einen strategischen Partner umsahen. Schwechater aber florierte und expandierte nun auch schon ins Zentrum der Wienerstadt. Mannhaft nickte Bronstein und fügte sich ins Unvermeidliche. Dann sollte es halt ein Schwechater sein. Neben sich hörte er die Alte schnaufen, die sich sichtlich mit ihrer Einkaufstasche abplagte. Bronstein reagierte schnell.
„Fräulein Gindl, dürfte ich meine Semmel und mein Bier kurz in Ihrer Obhut lassen? Dann helfe ich der Frau Schüller nämlich, ihren Einkauf nach oben zu bringen.“
Er war richtig stolz auf sich. Vor der Gindl hatte er sich als hilfsbereiter Zeitgenosse präsentiert, und die Schüller mochte er auf diese Weise noch ein wenig befragen können. Die Alte schenkte ihm tatsächlich einen dankbaren Blick, die Gindl, wie er erkennen konnte, immerhin einen anerkennenden. „Na, da sog i ned na“, hörte er die Schüller. Kurzentschlossen griff er nach ihrer Tasche, nickte der Gindl zu, fügte ein „Bin glei wieda do“ hinzu und öffnete die Ladentür.
„Sag’n S’, Frau Schüller“, begann er das Gespräch von neuem, während er der Alten in den Hausflur folgte, „wissen Sie eigentlich a wos über die anderen Madeln, die do orbeiten?“
„Andere?“ Die Schüller war erstaunt. „Da gibt’s nur das Fräulein Karin und das Fräulein Kati. Sonst arbeitet da niemand.“
Na bitte, er suchte also nach einem Fräulein Kati.
„Die Kati, genau“, sagte er laut, „wissen S’ da ein bisserl mehr?“
„Ja mei, aus Simmering is s’ halt. A so a junges Ding.“ Dabei kratzte sich die Schüller ungeniert die Nase. „Hildebrand oder so haaßt s’. Eigentlich is a g’lernte Schneiderin. Aber bei ihrem oiden Brotherrn hot’s aufhean miassn, weu s’ an Baunkert kriagt hot.“
„An Baunkert?“
„Na, wos Klans hoit. Unehelich, verstengan S’? Des hot da Schneider net verkroftet. Na, und deswegen hot s’ beim Guschlbauer ang’fangen, weu dem woa des wurscht.“
„Aha“, nickte Bronstein, „und seit wann is die Kati da?“
„Na ja, glei, nochdem der Guschlbauer die anderen zwa außeg’haut hot, hot s’ ang’fangen. Vor an Joa oder so.“
„Also zeitgleich mit dem Fräulein Karin?“
„Genau. G’rad a so.“
„Und wissen Sie, warum der Guschlbauer die anderen beiden Mädln entlassen hat?“
Die Alte winkte ihn zu sich, sah sich nach links und nach rechts um, dann flüsterte sie regelrecht: „Wissen S’, des woa scho a eigenortige G’schicht’.“
Bronstein verstand nicht, weshalb die Schüller mit einem Mal so verschwörerisch tat, doch er spielte mit, um der Alten nicht ihren Spaß zu verderben. Er legte sich also eine fragende Miene zu und sah sein Gegenüber erwartungsvoll an.
„Z’erst hot er s’ nämlich goa net genug loben kennan, die zwa. Wia fleißig de net san und so. Und auf amoi, so vo heit auf muang, woan s’ weg. G’stoin soin s’ eam wos haum. Aus da Kassa, hot er g’sogt. Oba des glaub i eam net.“
„Und wos, Frau Schüller, glaub’n Sie?“
„Na seine Klebeln hot er net loss’n kennan von de zwa. Und des hob’n s’ sa se net g’foin loss’n.“
„Sie meinen, der Herr Guschlbauer war mit seinen Huren noch nicht genug bedient?“
„Jo, genau des man i. Der hot ka Gelegenheit ausloss’n, an Mensch irgendwo hizumgreifen. Amoi da Hintern do, dann die G’spaßlaberln duat. G’rod, wia’s hoit gongan is.
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