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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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wäre ich an Ihrer Stelle, dann würde ich mir die Frage stellen, ob das Ganze sich so zugetragen hat, wie es den Anschein hat, oder ob irgendjemand hier ganz bewusst etwas arrangiert hat, um einen ganz bestimmten Eindruck zu erwecken.“
    Bronstein musste innerlich lächeln. Genau dieses Thema hatte ihn auch schon beschäftigt. Doch er hatte die These, jemand könnte dem Guschlbauer die Hosen runtergezogen haben, um so einen Mord aus Leidenschaft anzudeuten, bereits wieder verworfen. Immerhin hatte ihm Strakosch mitgeteilt, dass Guschlbauer kurz vor einer Ejakulation gestanden war, und die Aussicht, gleich vom Leben zum Tode befördert zu werden, erregte einen sicher nicht auf diese Weise. Nein, Bronstein war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass die Tat einen sexuellen Hintergrund haben musste. Und genau deshalb war es auch erforderlich, sich der Gindl nicht allzu sehr zu öffnen, denn im Lichte dieser Erkenntnis war es unmöglich, sie von der Liste der Verdächtigen zu streichen.
    Er fühlte Gindls Blick auf sich ruhen und wusste, er musste nun eine Entscheidung treffen. Er räusperte sich und richtete unwillkürlich seinen Oberkörper auf. In knappen Sätzen dankte er der Gindl für ihre Auskünfte und ihre Hilfe. Er werde über die aufgeworfenen Fragen wohl weiter nachdenken müssen und dabei auch den von ihr zuletzt vorgebrachten Hinweis miteinbeziehen. Es wäre ihm, so fuhr er fort, lieb, wenn sie sich auch weiterhin zu seiner Verfügung halten könne, denn wie sich zeige, ergeben sich laufend neue Ermittlungserkenntnisse, die im Bedarfsfall mit den bisher gemachten Aussagen verglichen werden müssten. Der Tee gehe selbstverständlich auf seine Rechnung, und er bedauere es zutiefst, sie aufgehalten zu haben, aber mitunter müsse man sich den Notwendigkeiten einer Ermittlungstätigkeit eben unterordnen.
    Die Gindl schien einen Augenblick lang enttäuscht zu sein, dass die Unterhaltung so abrupt beendet werden sollte, doch dann nickte sie nur und meinte, sie sei jedenfalls in Wien und zu den Bronstein bekannten Zeiten im Geschäft anzutreffen. Dann bedankte sie sich für die Einladung und wünschte Bronstein noch ein schönes Wochenende. Sie erhob sich ebenso rasch wie elegant, nickte noch einmal und strebte dem Ausgang zu. Bronstein sah ihr versonnen nach und bestellte dann noch eine Schale Gold.
    Umständlich kramte er in seinen Taschen nach einem Bleistift und einem Zettel. Als er endlich beides gefunden hatte, schrieb er fünf Namen auf: Karin Gindl, Edith Stepanek, Fräulein Kati, Fräulein Grete, Fräulein Hansi. Er hielt einen Moment inne und schrieb noch die beiden Slowakinnen dazu. Mit der rechten Hand griff er nach seinem Etui und entnahm diesem eine Zigarette, die er bedächtig anzündete, nachdem er sie sich zwischen die Lippen geklemmt hatte. Er blies den Rauch aus und sah dann wieder auf das vor ihm liegende Papier. Entschlossen strich er die Namen der beiden Slowakinnendurch. Es war einfach zu unwahrscheinlich, dass diese sich ausgerechnet in sein Geschäft begeben und Guschlbauer dort zu sexuellen Handlungen überredet hätten, ehe sie zur Tat geschritten wären. Und auch die Stepanek war objektiv auszuschließen. Sie war ja nur für die Gindl eingesprungen. Wobei sich natürlich die Frage stellte, wie oft sie für die Gindl im Laden gewesen war. Das musste man überprüfen, denn wenn dies öfter vorgekommen war, dann gehörte die Stepanek doch auch auf die Liste. Bronstein ärgerte sich, diese Frage nicht gleich gestellt zu haben. Schon wieder so ein kleiner Fehler, der Zeit und Energie kosten würde.
    Auf jeden Fall würde er, wenn er wieder in Wien war, sofort diese Kati in Augenschein nehmen. Die schien ihm gegenwärtig der Schlüssel zu dieser ganzen Sache zu sein, denn nur über sie würde er offenbar an die beiden anderen Verkäuferinnen herankommen. Wenn er wenigstens deren Nachnamen wüsste, dann könnte er bei den entsprechenden Stellen jetzt schon Nachforschungen anstellen.
    Doch andererseits war Samstag. Er blickte kurz auf den Chronometer und stellte fest, dass es bald 14 Uhr sein würde. Als ehrlicher und aufrichtiger Beamter konnte er getrost Wochenende machen. Bronstein faltete den Zettel in der Mitte und steckte ihn wieder in seine Tasche. Was, so fragte er sich, konnte man an einem Samstag allein in Wien anfangen? Früher hatte er an einem solchen Nachmittag einfach einen Spaziergang durch Margareten unternommen und war dann irgendwann entlang des Gürtels in die Außenbezirke

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