Ezzes
bei so einer feschen Frau? Wie g’sagt, Sachen, von denen ein Mann glaubt, dass s’ a Frau hören will.“
Bronstein fühlte sich noch kleiner. Genau solche Wortketten würden ihm auch einfallen, dachte er bei sich. Zum Glück war er zu feige, sie auszusprechen, sonst hätte er sich schon wieder blamiert.
„Und dann hat er natürlich immer g’giert und auf bestimmte Körperteile hing’starrt, wenn S’ verstehen, was ich mein’. Ja, genau so, wie Sie grad.“
Bronstein erschrak. Es stimmte, er hatte der Gindl gerade auf die Brüste gesehen. Aber nur zufällig. Sein Blick war abgeglitten, nur für einen Moment. Und just da hatte sie ihn erwischt, wie peinlich. Er wagte nicht, sie anzusehen, versuchte, eine Entschuldigung zu stammeln. Die Gindl lächelte. „Is scho recht. Bei Ihnen nehm ich’s als Kompliment. Aber wissen S’ eh, Komplimente soll man nicht zu oft machen, sonst verlieren s’ ihre Wirkung.“
Bronstein nickte artig. „Das heißt“, sagte er nach geraumer Zeit, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen, „angegriffen hat er Sie nie?“
„Nicht wirklich, wie g’sagt. Ansatzweise schon, doch halt immer in einer Art und Weise, die, wie sagt man, grenzwertig war. Aber ich hab natürlich von der Kundschaft g’hört, dass er das mit den anderen oft genug gemacht hat. Vor allem die Frau Schüller hat mir das immer wieder erzählt, aber auch andere Kundinnen. Vor allem die zwei, die früher bei ihm angestellt waren, die dürft’ er richtig bedrängt haben. Echt grauslich sogar, was ich so g’hört hab’, so an den Busen fassen und mit dem Gemächt ans Hinterteil drücken und so Sachen halt.“ Die Selbstverständlichkeit, mit der die Gindl über diese Dinge sprach,irritierte Bronstein. Seine Vernunft sagte ihm, dass es um einen Mordfall ging, an den er leidenschaftslos heranzugehen hatte, um den Täter oder die Täterin zu überführen. Er aber saß da, hörte Worte wie Busen, Hintern und Gemächt, und spürte eine immer größer werdende Erregung in sich aufsteigen.
„Und die haben sich das gefallen lassen?“, brachte er endlich hervor.
„Anscheinend schon“, mutmaßte die Gindl.
„Sie aber nicht“, wiederholte er Gindls Aussage von zuvor.
„Wie gesagt, so wirklich hat er’s bei mir gar nicht erst versucht. Aber ich hätte mich auf jeden Fall gewehrt. Eher verliere ich die Stelle als meine Würde.“
„Würden Sie, Fräulein Gindl, …“
„Ach, sagen S’ doch einfach Karin zu mir. Fräulein Gindl klingt irgendwie seltsam.“
Bronstein lächelte dankbar. Der erste Erfolg an diesem Tag. „Gut, gerne, … Karin. Glaubst du, könnte Guschlbauers Verhalten im Geschäft …, also wenn er deine Kollegin auch so behandelt hat wie die anderen beiden …, könnte das dazu geführt haben, dass die sich eventuell gerächt hat?“
Karin Gindl dachte einen Augenblick nach, dann schüttelte sie den Kopf. „Das glaube ich nicht. Immerhin hatte ich an dem Tag Dienst, sie hatte also gar keinen Grund, ins Geschäft zu kommen. Und ich denke, so eine Tat setzt man wenn, dann eher im Affekt. Außerdem haben Sie mir ja erzählt, wie er gefunden wurde, und dass er so mir nichts dir nichts die Hosen runterg’lassen hätt, das kann ich mir auch wieder nicht vorstellen.“
Bronstein ließ ihre Worte auf sich wirken. Er befand sich in einem für ihn ungewöhnlichen Zwiespalt. Als Polizist wusste er, dass er niemals einem Verdächtigen Einblick in die polizeilichen Ermittlungen gewähren durfte. Keinesfalls durfte er sagen, was er über den Fall dachte, und doch fühlte er sich zu Karin Gindl auf eine merkwürdige Art hingezogen. Er spürte,dass da mehr war als bloßes Schwärmen für das aparte Äußere dieser Frau. Er sehnte sich nach einem Gedankenaustausch und meinte, in der Gindl jemanden gefunden zu haben, der ihm ordnend zur Seite stehen konnte.
Doch wenn der Schein trog? Nicht nur einmal hatten sich die unscheinbarsten, nettesten und hilfreichsten Personen am Ende als Täter entpuppt – Pokorny würde ihm sicher zwei, drei Dutzend Fälle schildern können, in denen genau dies der Fall gewesen war –, und mochte es gut sein, dass er sich gerade jener Person anvertraute, die für das Verbrechen, das er aufzuklären hatte, verantwortlich war? Bronstein sah der Gindl in ihre kastanienbraunen Augen und versuchte, darin eine Art von Wahrheit zu ergründen.
„Was denken dann Sie?“, sagte er endlich.
„Na Sie haben Fragen“, entgegnete sie. „Woher soll ich denn das wissen? Aber
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