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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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einmal auf den Fall zu sprechen. Während er Pokorny seine Überlegungen vomSemmering mitteilte, klopfte der sich plötzlich mit der flachen Hand auf die Stirn: „Jössas, des hab i ja ganz vergessen. Der Präsident will morgen einen Bericht von dir haben. Du sollst um zehn Uhr bei ihm g’stellt sein.“
    Pokorny sagte dies in einem Ton, als gelte es, das Gießen der Blumen nicht zu vergessen. Bronstein spürte, wie ihm sofort der Schweiß auf die Stirn trat. Es gab kaum etwas Unangenehmeres, als bei Präsident Schober vorgeladen zu werden. Dort gab es praktisch nichts zu gewinnen, aber stets viel zu verlieren. Noch dazu, wenn man in einem konkreten Fall so wenig in der Hand hatte wie er in der Sache Guschlbauer.
    „So, jetzt is er hin“, sagte Bronstein daher auch, „der Abend.“
    Pokorny bemühte sich um eine mitfühlende Miene: „Ich hab mir eh die ganze Zeit überlegt, wie ich dir das schonend beibring’, aber weißt eh, manchmal gibt’s halt nur den Stellwagen.“
    Bronstein rang um Fassung. „Ich glaub, es ist besser, ich geh jetzt heim und bereit’ mich auf den Rapport morgen vor. Sei mir nicht bös, Pokorny, aber ich brauch jetzt a bissl a Erholung.“ Er bestellte den Kellner an den Tisch, beglich die Rechnung, nickte Pokorny noch kurz zu und verließ das Lokal. Angesichts der lauen Abendluft querte er entschlossen die Mariahilfer Straße und schlug sich dann durch eine Seitengasse zur Gumpendorfer Straße durch. Dort nahm er den Weg durch die Hofmühlgasse, und nach einer runden Viertelstunde fand er sich auf der Pilgrambrücke wieder, von wo aus er den Margaretenplatz bereits sehen konnte. Mit frischer Energie legte er die fehlenden 200 Meter noch zurück, um sich schließlich im „Silberwirt“ niederzulassen, wo er sich ein Viertel Rot genehmigte. Und da er zudem noch etwas Hunger verspürte, bestellte er noch einen kleinen Imbiss, um sodann den Kartenspielern zuzusehen, die Wartezeit auf sein Essen damit überbrückend.Die Tarockierrunde erwies sich als so spannend, dass er auch dann nicht seinen Blick von ihr lassen konnte, als er schon längst alles aufgegessen hatte. Er bestellte sogar noch ein Viertel Rot, und erst als er seine allerletzte Zigarette ausgedämpft hatte, entschloss er sich dazu, das Lokal zu verlassen, weil er nicht beim Wirten um weiteres Rauchwerk anstehen wollte.
    Die paar Häuser zu seiner Heimstatt lagen rasch hinter ihm, und mit einer leichten Trägheit im Kopf machte er sich daran, die vier Stockwerke hinanzusteigen, um zu seiner Wohnung zu gelangen. Dort endlich angekommen, verwarf er recht rasch den Gedanken, noch etwas zu lesen. Er fühlte sich rechtschaffen müde, ein Zustand, der durch die vorgerückte Uhrzeit seine Berechtigung zu haben schien. Ohne weitere Umschweife kleidete er sich aus, trank noch einen Schluck Wasser, putzte sich die Zähne und legte sich hin. Für einen kurzen Moment dachte er noch daran, sich eine Strategie für das Treffen mit dem Präsidenten zurechtzulegen, doch noch ehe er dazu kam, ein probates Szenario zu entwerfen, war er auch schon in tiefen Schlummer gesunken.

VII. Mittwoch, 13. Juli 1927
    Um sieben Uhr früh rasselte der Wecker. Bronstein setzte sich auf, führte seine Füße zum Boden, schlüpfte noch im Sitzen in seine Hausschuhe und erhob sich. Er trat ans geöffnete Fenster und blickte die Gasse hinauf zum Margaretner Bezirksgericht und zur gleich daneben befindlichen Synagoge, die den Beginn der Siebenbrunnengasse markierten. Die zwei markanten Zwiebeltürme hatte er genau in seinem Sichtfeld, selbst das kleine, zweistöckige Haus des Schildermalers Radl konnte er von seinem Fenster aus noch sehen. Doch um diese Uhrzeit tat sich auf der Gasse noch nichts. Bronstein machte eilig ein paar Streck- und Dehnübungen, absolvierte sodann einige Kniebeugen und begab sich anschließend in die Küche, wo er Kaffee zustellte. Während er darauf wartete, dass die Maschine das braune Gebräu produzierte, wusch er sich Gesicht, Hals und Nacken. Er sah routinemäßig auf die Wanduhr, erkannte, dass er noch genügend Zeit hatte, den Kaffee in aller Ruhe zu trinken, und legte sich das Gewand für den Tag zurecht. Einen Augenblick langte schwankte er zwischen zwei Optionen, das Frühstück betreffend, und entschied sich dann für eine Zigarette.
    Eine Viertelstunde später machte sich Bronstein, fix und fertig angekleidet, auf den Weg in sein Büro. Er ging die Schloßgasse entlang, umkurvte dann den Silberwirt, sodass er am

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