Ezzes
hat miassn und war von dem Standpunkt nimma abzubringen. Die Kati hat no a paar Mal probiert, der Schüller des auszureden, aber irgendwann hat s’ es dann akzeptiert und die Wünsche für des Klane immer brav entgegeng’nommen.“
Bronstein erinnerte sich nun wieder an die Aussagen der Alten und konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Jeder schuf sich die Welt nach seinem Willen. Die Breuer erhob sich: „Wollen S’ noch einen Kaffee?“
Bronstein dachte kurz nach. Eigentlich galt es nur noch, herauszufinden, wo er die Kati antreffen konnte, dann waren sie hier eigentlich fertig. „Nein danke, nicht notwendig. Sagen Sie mir bitte nur noch, wo wir das Fräulein Kati finden können. Und Sie beide würde ich ersuchen, sich zu unserer Verfügung zu halten. Es könnte sein, dass sich weitere Fragen ergeben, die wir dann mit Ihnen noch durchgehen wollen würden.“
„Ja, wie g’sagt“, replizierte die Breuer, „die Kati is bei ihrer Mutter in Wels. Dort müssten Sie s’ a finden.“
„Ja dann“, sagte Bronstein und erhob sich nun ebenfalls, „dann war’s das vorerst. Vielen Dank für den Kaffee und die Auskünfte. Ich darf Ihnen noch einen schönen Tag wünschen.“ Er hielt der Seiler seine Hand hin, diese ergriff sie und sah ihm einen Moment lang tief in die Augen, was Bronstein direktverwirrte, denn es war ihm unmöglich, in diesem Blick zu lesen. Für ihn konnte er alles bedeuten, von der blanken Verführung bis zum umfassenden Schuldeingeständnis, doch er war sich ziemlich sicher, dass dieser Ausdruck weder das eine noch das andere meinte. Er versuchte, sich diesem Blick zu entziehen, doch die Seiler sah ihm weiter unverwandt in die Augen. Bronstein wurde verlegen, fühlte eine Art Bann, der ihn gefangennahm, und seine Kehle wurde trocken. Hätte sich nicht in diesem Augenblick der alte Pokorny neben ihm umständlich darum bemüht, gleichfalls auf die Beine zu kommen, Bronstein hätte nicht gewusst, wie er sich aus dieser Lage befreien sollte. So aber hüstelte der Pokorny heiser vor sich hin und hob dadurch die Verzauberung auf. Tatsächlich wandte die Seiler ihren Blick von Bronstein ab und reichte nun Pokorny die Hand. Bronstein nutzte die Gelegenheit, verabschiedete sich schnell von der Breuer und sah zu, dass er ins Vorzimmer kam, während Pokorny noch die fehlenden Formalitäten erledigte. Bronstein, der sich nun unbeobachtet fühlte, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Was war das eben gewesen? Mit einer einzigen Bewegung – oder vielmehr eben Nicht-Bewegung – ihrer Augen hatte die Seiler ihn so klein mit Hut werden lassen, dass er locker durch den Türschlitz durchgepasst hätte. Die hätte er keinesfalls als Lehrerin haben wollen, so Ehrfurcht gebietend wie ihr Blick gewesen war. Er hatte Geschichten gelesen von den Roten in Russland, die unter dem Kommando von harten Politkommissarinnen dienten, und wenn er sich nie ein Bild von einer solchen Amazone hatte machen können, dann hatte er jetzt eines. Der kecke Rock und das neckische Blüschen der Seiler verwandelten sich in eine stramme Ledermontur, die Haare waren von einer Schirmkappe verdeckt, auf welcher der rote Stern der Sowjets prangte. Während links und rechts die Granaten einschlugen und die Rotarmisten verzweifelt Deckung suchten, stand die Politoffizierin Grete Seilerowa einfachauf ihrem Posten und sah verächtlich auf die Feiglinge herab, die dem Feind nicht mit offenem Visier entgegentraten. Bronsteins Kehle wurde nur noch trockener, und er sehnte sich nach einem Schnaps. Nein, die Seiler konnte er als Verdächtige streichen. Die hätte den Guschlbauer niemals mit siebzehn Messerstichen ins Jenseits befördert, die hätte ihn allein mit ihrem Blick zum ruhmlosen Selbstmord gezwungen.
Doch auch der Breuer traute er einen solchen Mord nicht zu. Die war ein lebenslustiges, stets freundliches Mädel, das als Kindergärtnerin ohne Frage ihre Bestimmung gefunden hatte. Die löste Konflikte sicher nicht mit Gewalt. Und außerdem hatte keine der beiden auch nur das geringste Motiv für eine solche Tat. Niemand rächte sich nach über einem Jahr für eine Entlassung, zumal, wenn man längst schon eine andere Stellung gefunden hatte. Blieb besagte Kati – und natürlich nach wie vor die Gindl, gestand sich Bronstein ein.
„Samma so weit?“
Pokorny riss ihn aus seinen Grübeleien. Bronstein nickte nur und trat ins Stiegenhaus. Wenige Minuten später sahen sich die beiden Polizisten wieder auf der Straße und schlugen den
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