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F (German Edition)

F (German Edition)

Titel: F (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kehlmann
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wenig wie ich.
    Das Zittern hat nachgelassen. Vorsichtig schiebe ich mir Essen in den Mund. Zum Glück beachtet mich keiner.
    Oder? Jetzt sehen mich alle an. Was ist denn, was habe ich versäumt, was falsch gemacht? Offenbar hat Laura etwas über eine Reise nach Sizilien gesagt. Alle lächeln und freuen sich und gratulieren.
    «Entschuldigt mich bitte», sage ich. «Dringender Anruf. Bin gleich wieder da.»
    «Du arbeitest zu viel», sagt Laura.
    «Man muss sich auch etwas gönnen», sagt mein Schwiegervater. Er überlegt einen Moment und fügt dann in einem Ton, als hätte er eine verborgene Weisheit mit uns zu teilen, hinzu: «Ein Mann muss zu leben wissen.»
    Ich frage mich, ob er in seinem ganzen Leben auch nur einmal etwas geäußert hat, das nicht eine tausendfach vorgeprägte Phrase ist. Ich beneide ihn sehr.
    Auf dem Weg zum Arbeitszimmer komme ich an der offenen Tür zum Salon vorbei. Ligurna, unsere litauische Hausangestellte, grüßt mich mit trauriger Miene. Ich nicke ihr zu und gehe schnell weiter. Vor einem Jahr habe ich in einem schwachen Augenblick mit ihr geschlafen. Leider passierte es nicht in der Küche oder auf dem Schreibtisch, sondern im großen Schlafzimmer, im Ehebett. Ligurna hat danach mit detektivischer Hingabe Teppich und Nachttisch nach Haaren, Wimpern und anderen Spuren abgesucht; dennoch hatte ich wochenlang Angst, sie könnte etwas übersehen haben. Seither spreche ich nur mit ihr, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Hinauswerfen kann ich sie nicht, sie könnte mich erpressen.
    Ich setze mich hinter den Schreibtisch, schlucke zwei Beruhigungstabletten ohne Wasser, betrachte den Paul Klee, betrachte den Eulenböck an der Wand gegenüber: eine mit Zeitungsausschnitten bedeckte Leinwand, in deren Mitte eine zerdrückte Coca-Cola-Dose und ein Teddybär befestigt sind. Man muss nahe herangehen, um zu erkennen, dass alles Illusion ist, Bär und Dose sind nicht echt, auch nicht das Zeitungspapier, alles ist in Öl gemalt. Wenn man die Zeitungsausschnitte mit der Lupe untersucht, sieht man, dass es Kunstkritiken über Collagen sind.
    Das Bild stammt aus Eulenböcks später Periode, seiner teuersten. Ich habe den alten Angeber ja noch kennengelernt, er war sehr herablassend, sehr weißhaarig und hat nicht aufgehört, über Iwan und mich und unsere Ähnlichkeit dumme Witze zu machen; ganz offensichtlich glaubte er, mich gut zu kennen, weil er Iwan gut kannte. Hundertsiebzigtausend hat es gekostet, angeblich ein Freundschaftspreis. Aber immerhin gibt es darauf den Teddybären. Er macht mir Freude. Ich weiß, dass alles eine Parodie auf irgendetwas ist und nichts das bedeutet, was es zu bedeuten scheint, aber das ist mir egal. Auf der kurzen Liste der Dinge, die nicht entsetzlich sind in meinem Leben, steht dieser Bär weit vorn.
    Was für ein Glück, dass man heute alle Medikamente im Internet bestellen kann. Wie hätte einer wie ich es vor fünfzehn Jahren geschafft? Ich verschränke die Arme und lehne mich zurück. Ich würde gern arbeiten, um mich abzulenken, aber ich habe nichts zu tun. Ohne Hoffnung hat man wieder Muße.
    Es klopft, Laura sieht herein. «Hast du Zeit?»
    «Leider nicht.»
    Sie setzt sich, schlägt die Beine übereinander und blickt zuerst den Paul Klee an und dann mich.
    «Geht es um Marie?»
    «Es geht um mich.»
    «Dich?»
    «Stell dir vor, Eric. Es geht um mich.»
    Das hat mir noch gefehlt. Will sie mir wieder einen Traum erzählen? Oder hat ihr gar jemand eine Rolle angeboten? Das wäre wirklich eine schlechte Nachricht.
    «Ich habe ein Angebot. Eine Rolle.»
    «Das ist ja wunderbar!»
    «Keine große, aber wenigstens ein Anfang. Es ist nicht leicht, nach fünfzehn Jahren zurückzukehren.»
    «Du bist schöner als damals!»
    Nicht übel. Keine halbe Sekunde habe ich gebraucht, um das zu sagen, der Satz ist gut vorbereitet und jederzeit zur Hand. Selbstverständlich ist sie nicht schöner als damals, wie sollte sie auch, aber sie ist schlanker und durchtrainiert, und die feinen Linien der Reife um ihre Augen stehen ihr gut. Ohne weiteres könnte sie in Filmen spielen. Ich muss es verhindern.
    «Ich habe nachgedacht.»
    «Ja?»
    «Ich will mich nicht aufgeben. Ich muss mich auf mich selbst konzentrieren.»
    Sie schweigt, offenbar um mir Gelegenheit zu einer Antwort zu geben. Aber welcher?
    «Es ist nur für einige Zeit, Eric. Zunächst. Wir trennen uns noch nicht. Alles wird sich zeigen.»
    Sie sieht mich an. Ich sehe sie an.
    «Eric, was soll das?»
    Sie streicht sich

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