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F (German Edition)

F (German Edition)

Titel: F (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kehlmann
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dass ich aufgestanden bin, genügt: Sie wenden sich nicht ab.
    «Wer bist du denn?», fragt Y von neuem.
    «Wenn ich das wüsste.» Aus so mancher schlimmen Lage hat man sich mit Witzen befreit.
    «Bist du irre?», fragt Y .
    Und bubbletea is not a drink I like , wie überrascht von dieser Erkenntnis, sagt: «Steck es ein, Ron. Der ist irre.»
    Da fällt mir auf, dass sich etwas in MorningTowers Hand entfaltet hat, etwas Kleines und silbrig Böses. Jetzt ist die Lage ernst. Auch wenn ich dachte, sie wäre es zuvor schon gewesen – ich hatte unrecht, sie war es nicht. Jetzt ist sie es. «Wollt ihr ihn umbringen?», frage ich. Aber um ihn geht es gar nicht mehr.
    «Ron!», sagt MorningTower zu bubbletea is not a drink I like . «Halt die Schnauze.»
    «Nein, Ron!», sagt Y . «Du hältst die Schnauze.»
    Es muss an meinem Verstand liegen, es kann nicht sein, dass sie alle den gleichen Namen haben. Übertrieben laut, um mein Herzklopfen zu übertönen, frage ich: «Wollt ihr Geld?»
    Aber sie starren nur und sagen nichts, und ich habe das Gefühl, dass ich schon wieder einen Fehler gemacht habe. Der pochende Schmerz hinter meiner Stirn. Vielleicht sollte ich ihnen Geldscheine zeigen. Mein Jackett, aus dünnem Stoff geschneidert bei Kilgour in London, ist so nass, als wäre ich aus dem Wasser gestiegen. Ich führe die Hand zum Portemonnaie in meiner Innentasche, nehme wahr, dass ihre Blicke sich verändern, will die Bewegung schnell zu Ende führen, damit es keine Missverständnisse gibt, und merke, während meine Fingerspitzen schon das Leder der Brieftasche spüren, dass auch das falsch war: Y duckt sich, bubbletea is not a drink I like macht einen Satz rückwärts, MorningTowers Hand schnellt vor, berührt mich und zieht sich wieder zurück, und während ich die Brieftasche hervorhole, schießt Schmerz durch meine Brust, meinen Kopf, meine Arme, strahlt flammend aus, durchdringt Asphalt, parkende Autos, Häuser, Himmel und Sonnenball, erfüllt die Welt, wird zur Welt, kehrt zurück, ist wieder in mir. Meine Brieftasche fällt zu Boden, aber ich flattere mit den Armen, kann das Gleichgewicht halten, falle nicht.
    Ich sehe die drei an. Sie sehen mich an: ruhig, beinahe neugierig, als wäre ihre Wut mit einem Mal gestillt. Nicht dumm, nicht böse, bloß verwirrt. Mir scheint es, als ob bubbletea mich sogar anlächeln möchte. Ich versuche zurückzulächeln, aber es gelingt nicht, ich fühle mich sehr schwach. Y hebt meine Brieftasche auf, blickt sie fragend an und lässt sie wieder fallen. Dann laufen sie los. Ich blicke ihnen nach, bis sie um die Ecke verschwunden sind.
    Der Junge zu meinen Füßen bewegt sich. Er räkelt sich, stöhnt leise, streckt die Arme, dreht sich und versucht, auf die Füße zu kommen. Sein Gesicht ist geschwollen und blutig, aber dennoch sieht er gar nicht so schwer verletzt aus. Nein, er wird nicht sterben. Wahrscheinlich muss er nicht einmal ins Krankenhaus. Er rollt vornüber, stemmt sich mit den Ellenbogen gegen den Boden und steht schwankend auf.
    «Alles in Ordnung», sage ich. «Nicht aufregen. Alles gut.»
    Er sieht mich blinzelnd an.
    «Alles gut», sage ich. «Alles gut.»
    Er geht mit unsicheren Schritten zu meiner Brieftasche, hebt sie auf und blickt hinein. Sein rechtes Auge ist geschlossen, das Augenlid zuckt, Blut läuft ihm aus einem Ohr. Auf seinem roten T-Shirt steht gar nichts. «Scheiße», sagt er.
    «Ja», sage ich.
    «Dem Ron habe ich es letzte Woche gegeben. Jetzt haben sie mich erwischt, und ich war allein.»
    «Ja», sage ich.
    «Die kommen zurück», sagt er. «Die kommen, die kommen zurück, die kommen schon. Die kommen zurück.» Tief in Gedanken steckt er meine Brieftasche ein, dann wendet er sich ab und wankt davon.
    Hat er gesagt, dass sie zurückkommen werden, hat er das wirklich gesagt? Vorsichtig, Schritt für Schritt, gehe ich über die Straße. Ich darf nicht hinfallen. Liege ich erst einmal, kann ich nicht mehr aufstehen. Jedes Einatmen sticht, und immer wenn ich auftrete, zucken Blitze aus Schmerz. Da vorne ist die Tür, da muss ich hin, dahinter wartet der Lift, da oben ist mein Studio, sicher hinter der sicheren Stahltür, da können sie nicht hinein, da ist es sicher, da bin ich in Sicherheit, wenn sie zurückkommen.
    Die Straße ist so breit. Ich darf nicht ohnmächtig werden, es sind doch nur ein paar Schritte.
    Und weiter. Er hat meine Brieftasche genommen!
    Und weiter. Wenn sie wirklich alle Ron heißen, wird es nicht schwer sein, sie zu finden.

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