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F44.3 - In den Augen das Blut

F44.3 - In den Augen das Blut

Titel: F44.3 - In den Augen das Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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denn noch sein Freund war. Wollte er das denn noch?
    Auch bei diesem Gedanken regte sich etwas in seinen Erinnerungen, aber es schien zu tief vergraben, lauernd hinter einem dicken Nebel. Und dann dachte Luka an die Reisen durch die brennenden Städte und über die Wiesen. Die anderen Orte, die er doch so gerne gesehen hatte. Hier würde er vielleicht etwas finden.
    Als er wieder zum Arzt blickte, war alles um ihn in rötliches Licht getaucht. Die Wände in einem helleren Ton als der Tisch oder das Gesicht des Mannes. Aber alles war rot, wie Blut. Und damit kamen all die Erinnerungen wieder und er wollte weinen, weil er seine Eltern bespuckt und Chrissie an den Haaren gezogen hatte, aber es war zu spät.
    Er war da, er füllte nun seinen Körper aus, er kontrollierte.
    „Wir sind Legion“, sprach Luka mit tiefer, kratziger Stimme und grinste.
    Der Arzt war irritiert, blickte sich hektisch im Raum um, atmete schließlich tief ein und wieder aus und versuchte ein Lächeln. Diesmal war es weder warmherzig noch vertrauenswürdig, sondern unsicher. Das gefiel dem Ding in Luka. Es wusste, es hatte immer diese Wirkung auf Menschen.
    „Bist du das jetzt? Lukas Freund?“
    „Fick dich, du Schwanzlutscher“, schrie Luka und der Arzt zuckte zurück, als hätte ihn jemand geschlagen, „glaubst du wirklich, du kannst mich mit deiner Pseudo-Medizin heilen? Wer bist du schon, du Speichel leckender Wurm? Du frisst die Scheiße, die dir serviert wird. Und daran wirst du krepieren.“
    Plötzlich sprang der Arzt von seinem Stuhl.
    „Das ist genug, Luka. Ich hole jetzt deine Eltern.“
    „Willst du mich denn nicht?“, fragte er nun in einem kindlichen, enttäuschten Ton. Luka wusste nicht, was das bedeuten sollte.
    „Wie?“
    „Stehst du nicht auf kleine Jungs, Herr Doktor? Ich kann da was für dich arrangieren. Das muss ja keiner erfahren.“
    „Das ist ja ekelhaft.“
    Luka grinste, obwohl er es nicht wollte. Nichts davon wollte er tun. Nur dass sein Freund endlich wieder ging.
    „Sag das doch gleich. Du fickst deine Praxishilfen. Fickst sie richtig durch bis zum Feierabend. Weiß deine Frau davon, Herr Doktor?“
    Der Arzt murmelte vor sich hin, dann schritt er um den Tisch herum, wollte an Luka vorbei, als dieser ihn packte und mit den Fingernägeln über seine Hand kratzte.
    Luka lachte, als der Arzt überrascht aufschrie.
     
    Doktor Martins sah blass aus, anders als vorhin, und erschrocken, als hatte er einen Geist gesehen. Und vielleicht hatte er das auch, dachte Susanne. Aber als Jan und sie ins Zimmer gerufen wurden, machte Luka einen ganz anständigen Eindruck und war brav ins Vorzimmer gegangen, um zu warten. Wer wusste, was hinter der verschlossenen Tür geschehen war?
    Susanne hielt Jans Hand, als sie sich gesetzt hatten. Der Arzt nahm seine Brille von der Nase, legte sie auf den Tisch und drückte mit Daumen und Zeigefinger am Nasenrücken.
    „Ich werde Ihnen eine Überweisung fertig machen“, sagte er.
    „Überweisung? Wofür?“
    Susanne war verwundert, auch wenn sie tief in sich damit gerechnet hatte. Die Erlebnisse von gestern Abend begleiteten sie von Moment zu Moment wie ein böser Traum.
    „Zu einem Spezialisten. Als Hausarzt kann ich da wenig tun.“
    „Was für ein Spezialist?“, fragte Susanne.
    Sie wollte ihre Hoffnung nicht aufgeben. Noch nicht.
    „Ein Seelenklempner“, sagte Jan und es klang entmutigt, „ist doch klar.“
    „Doktor Gernhausen ist ein guter Kinderpsychologe, ja.“
    „Was ist passiert?“, fragte Susanne, aber Doktor Martins schüttelte nur seinen Kopf und zeigte seinen bekratzten Handrücken.
    „Das, wovon Sie mir am Telefon berichtet haben“, antwortete er.
    „Das war Luka?“, fragte Susanne.
    „Könnte man so sagen. Auch wenn ich glaube, dass er das nicht direkt war.“
    Susannes Bauch fühlte sich an, als hätte ihr jemand hinein geschlagen, ein Krampf, der ihre Kehle hinauf schlich. Sie wollte es nicht, aber Tränen stiegen ihr in die Augen und plötzlich weinte sie. Jan nahm sie in den Arm.
    „Stellen Sie die Überweisung aus“, sagte er.
    „Was können wir tun, bis wir einen Termin haben?“, fragte Susanne, als sie sich zwingen konnte, nicht weiter zu schluchzen.
    „Informieren“, sagte der Arzt.
    „Informieren? Worüber?“
    „Über den Zustand Ihres Sohnes“, antwortete er und Susanne starrte ihn genauso ratlos an wie Jan. Okay, Luka ging es in letzter Zeit nicht gut, aber was sollte das für ein Zustand sein, über den man sich informieren

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