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Fabelheim: Roman (German Edition)

Fabelheim: Roman (German Edition)

Titel: Fabelheim: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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Tag, an dem ich den See verließ.«
    Kendra spuckte heiße Schokolade über den Tisch. »Sie sind die Najade?«
    »Ich war eine Najade, früher einmal.«
    »Sie sind sterblich geworden?«
    Lena wischte mit einem kleinen Handtuch geistesabwesend die Schokolade auf, die Kendra ausgespuckt hatte. »Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich dieselbe Entscheidung immer wieder treffen. Wir hatten ein glückliches Leben. Patton hat Fabelheim einundfünfzig Jahre lang geleitet, bevor er es an einen Neffen weitergab. Danach hat er noch zwölf Jahre gelebt – er ist mit einundneunzig gestorben. Sein Verstand war bis zum Ende glasklar. Eine junge Ehefrau zu haben hält fit.«
    »Wie kommt es, dass Sie noch leben?«
    »Ich war jetzt zwar den Gesetzen der Sterblichkeit unterworfen, aber das machte sich erst nach und nach bemerkbar. Als ich an seinem Sterbebett saß, sah ich vielleicht zwanzig Jahre älter aus als an dem Tag, an dem ich ihn aus dem Wasser getragen hatte. Ich fühlte mich schuldig, dass ich noch so jung aussah, während sein gebrechlicher Körper ihm den Dienst versagte. Ich wollte alt sein wie er. Doch jetzt, da mich das Alter langsam einholt, sehe ich das natürlich anders.«
    Kendra nahm noch einen Schluck von ihrer heißen Schokolade. Lenas Geschichte zog sie so sehr in den Bann, dass sie kaum etwas schmeckte. »Was haben Sie gemacht, nachdem er gestorben ist?«
    »Ich habe mir meine Sterblichkeit zunutze gemacht. Ich hatte einen hohen Preis dafür bezahlt, also habe ich die Welt bereist, um zu sehen, was sie zu bieten hat. Europa, der Mittlere Osten, Indien, Japan, Südamerika, Afrika, Australien, die Pazifischen Inseln. Ich habe viele Abenteuer erlebt. Ich habe in Großbritannien einige Schwimmrekorde aufgestellt und hätte es auf diesem Gebiet noch weiter bringen können, aber ich habe mich zurückgehalten  – ich wollte nicht zu viele Fragen provozieren. Ich habe als Malerin gearbeitet, als Köchin, als Geisha, als Trapezkünstlerin und als Krankenschwester. Viele Männer haben mir den Hof gemacht, aber ich habe mich nie wieder verliebt. Schließlich wurde das Reisen eintönig, also kehrte ich nach Hause zurück, zu dem Ort, den mein Herz nie verlassen hatte.«
    »Gehen Sie manchmal noch zum See?«
    »Nur in der Erinnerung. Es wäre unklug. Sie verachten mich dort, und ihr heimlicher Neid macht es nur noch schlimmer. Wie sie über mein Aussehen lachen würden! Sie sind keinen Tag gealtert. Aber ich habe vieles erlebt, das sie niemals kennenlernen werden. Manches schmerzlich, manches wundervoll.«
    Kendra trank den letzten Schluck von ihrer Schokolade und wischte sich die Lippen ab. »Wie war es, eine Najade zu sein?«
    Lena blickte aus dem Fenster. »Schwer zu sagen. Ich stelle mir selbst dieselbe Frage. Es war nicht nur mein Körper, der sterblich wurde; mein Geist hat sich ebenfalls verwandelt. Ich denke, ich ziehe dieses Leben vor, aber das könnte daran liegen, dass ich mich grundlegend verändert habe. Die Sterblichkeit ist ein vollkommen anderer Daseinszustand. Man wird sich der Zeit bewusster. Als Najade war ich absolut zufrieden. Ich habe über eine
Zeit, die sich über Jahrtausende erstreckt haben muss, in einem unveränderten Zustand gelebt, habe niemals an die Zukunft oder die Vergangenheit gedacht, immer auf der Suche nach Erheiterung, die ich auch immer gefunden habe. Es gab so gut wie keine Selbstwahrnehmung. Es fühlt sich jetzt an wie ein Nebel. Nein, wie ein Wimpernschlag. Ein einziger Augenblick, der Tausende von Jahren gedauert hat.«
    »Sie hätten ewig gelebt«, rief Kendra aus.
    »Wir waren nicht ganz unsterblich. Wir alterten nicht, daher nehme ich an, dass einige von unserer Art für immer existieren könnten, wenn Seen und Flüsse für immer existieren würden. Schwer zu sagen. Wir haben nicht wirklich gelebt, nicht wie Sterbliche. Wir haben geträumt.«
    »Wow.«
    »Zumindest war das so, bis Patton kam«, sagte Lena, als spräche sie mit sich selbst. »Ich begann mich auf seine Besuche zu freuen und kehrte in der Erinnerung zu vergangenen Besuchen zurück. Ich nehme an, das war der Anfang vom Ende.«
    Kendra schüttelte den Kopf. »Und ich dachte, Sie wären lediglich die halb chinesische Haushälterin.«
    Sie lächelte. »Patton haben meine Augen immer gefallen.« Sie klimperte mit den Wimpern. »Er sagte, er habe ein Faible für Asiatinnen.«
    »Was ist Dales Geschichte? Ist er ein Piratenkönig oder etwas in der Art?«
    »Dale ist ein Mensch. Ein Cousin zweiten

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