Fabelheim: Roman (German Edition)
sie auch nicht fangen. Du sollst dir magische Geschöpfe ansehen, von deren Existenz sonst niemand etwas weiß. Komm.«
Widerstrebend schloss er sich ihr an.
»Oh, schau, noch eine Fee«, murmelte er. »Jetzt habe ich eine Million gesehen.«
»Vergiss nicht, den Schädel zurückzulegen.«
Als sie dem Ruf zum Abendessen folgten, saß neben Opa und Dale ein Fremder mit am Tisch. Als sie hereinkamen, stand der Fremde auf. Er war größer als Opa und viel breiter gebaut, mit lockigen, braunen Haaren. Mit seiner wuscheligen Pelzkleidung sah er aus wie ein Gebirgsbewohner. An einem seiner Ohrläppchen fehlte ein Stück.
»Kinder, das ist Maddox Fisk«, sagte Opa. »Maddox, darf ich dir meine Enkelkinder vorstellen, Kendra und Seth.« Kendra schüttelte die schwielige Hand des Mannes und staunte darüber, wie dick seine Finger waren.
»Arbeiten Sie auch hier?«, fragte Seth.
»Maddox ist ein Feenhändler«, sagte Opa.
»Unter anderem«, ergänzte Maddox. »Sagen wir, Feen sind meine Spezialität.«
»Sie verkaufen Feen?«, fragte Kendra, während sie sich hinsetzte.
»Ich fange sie, ich kaufe sie, ich tausche sie, ich verkaufe sie. Die ganze Palette.«
»Wie fangen Sie sie?«, fragte Seth.
»Ein Mann muss seine Geschäftsgeheimnisse für sich behalten«, antwortete Maddox und biss in seinen Schweinebraten. »Lass dir gesagt sein, es ist nicht einfach, Feen zu fangen. Das sind gewandte Biester. Der Trick ist, dass man ihre Eitelkeit ausnutzen muss. Und selbst dann muss man sehr genau wissen, was man tut.«
»Könnten Sie einen Lehrling gebrauchen?«, erkundigte sich Seth.
»Frag mich in sechs Jahren noch mal.« Maddox zwinkerte Kendra zu.
»Wer kauft Feen?«, fragte Kendra.
»Leute, die Reservate betreiben, wie dein Großvater. Einige Privatsammler. Andere Händler.«
»Gibt es viele Reservate?«, wollte Seth wissen.
»Dutzende«, erwiderte Maddox. »Es gibt welche auf allen sieben Kontinenten.«
»Sogar in der Antarktis?«, fragte Kendra.
»Zwei in der Antarktis, aber eins davon ist unterirdisch. Eine unwirtliche Gegend. Aber perfekt für bestimmte Spezies.«
Kendra schluckte ein Stück Schweinebraten herunter. »Wie wird verhindert, dass die Menschen die Reservate entdecken?«
»Es gibt ein Jahrtausende altes, weltweites Netzwerk von engagierten Menschen, die die Schutzgebiete geheim halten«, sagte Opa. »Sie verfügen für diesen Zweck über ein großes Vermögen aus alter Zeit. Es werden Bestechungsgelder bezahlt. Wenn nötig, werden Standorte verlegt.«
»Es hilft, dass die meisten Leute die kleinen Kreaturen ohnehin nicht sehen können«, warf Maddox ein. »Mit den richtigen Lizenzen kriegt man jeden Schmetterling durch den Zoll. Wenn das nicht klappt, gibt es andere Möglichkeiten, um über die Grenze zu kommen.«
»Die Reservate sind die letzte Zuflucht für viele uralte und wundervolle Spezies«, sagte Opa. »Unser Ziel ist es, zu verhindern, dass diese wunderbaren Wesen aussterben.«
»Amen«, erwiderte Maddox.
»Hatten Sie diese Saison einen guten Fang?«, fragte Dale.
»Was das Fangen der Feen betrifft, wird die Ausbeute von Jahr zu Jahr kleiner. Ich hab ein paar aufregende Funde in freier Wildbahn gemacht. Einer ist dabei, bei dem werdet ihr euren Augen nicht trauen. Ich hab mehrere seltene Exemplare in Reservaten in Südostasien und Indonesien aufgelesen. Ich bin sicher, dass wir ein paar
Tauschgeschäfte machen können. Im Arbeitszimmer erzähl ich euch mehr.«
»Ihr dürft euch uns gern anschließen«, sagte Opa.
»Machen wir!«, jubelte Seth.
Kendra nahm noch einen Bissen von dem saftigen Schweinebraten. Alles, was Lena kochte, schmeckte hervorragend. Immer perfekt gewürzt und mit einer köstlichen Soße serviert. Kendra hatte keinen Grund zu klagen, was die Küche ihrer Mom betraf, aber Lena war eine Klasse für sich.
Opa sprach mit Maddox über Leute, die Kendra nicht kannte, Menschen, die mit der geheimen Welt der Feenliebhaber zu tun hatten. Sie fragte sich, ob Maddox sich nach Oma erkundigen würde, aber das Thema kam nicht zur Sprache.
Stattdessen erwähnte Maddox immer wieder den Abendstern. Opa schien diese Neuigkeiten mit besonderem Interesse zu hören. Gerüchte, dass der Abendstern sich wieder formierte. Eine Frau, die behauptete, der Abendstern habe versucht, sie zu rekrutieren. Getuschel über einen Angriff des Abendsterns.
Schließlich konnte sich Kendra nicht mehr zurückhalten: »Was ist der Abendstern? Es klingt so, als würdet ihr ein Codewort
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