Fabelheim: Roman (German Edition)
Oma erstaunt an. War sie wirklich so reich?
»Eine vernünftige Summe«, meinte Oma. »Bedauerlicherweise haben wir keine derartigen Schätze dabei.«
»Ich kann warten, während ihr die Bezahlung herbeischafft, wenn ihr das Mädchen inzwischen als Pfand dalasst.«
»Bedauerlicherweisemangelt es uns an der nötigen Zeit, die Bezahlung herbeizuschaffen, es sei denn, du würdest Stans Aufenthaltsort preisgeben, bevor du deine Entlohnung erhältst.«
Nero leckte sein linkes Auge und grinste. Ein grässlicher Anblick, bei dem Doppelreihen nadelspitzer Zähne zum Vorschein kamen. »Ich muss restlos bezahlt werden, bevor ich eure Bitte erfüllen kann.«
Oma verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie ich gehört habe, besitzt du bereits große Reichtümer. Es überrascht mich, dass eine so magere finanzielle Gabe, wie ich sie beisteuern könnte, dich zu einem Handel verlockt.«
»Sprich weiter«,sagte er.
»Du bietest uns einen Dienst an. Vielleicht sollten wir ihn dir ebenfalls mit einem Dienst vergelten.«
Nero nickte nachdenklich. »Möglich. Der Junge hat Mut. Gib ihn mir für fünfzig Jahre in die Lehre.«
Seth sah Oma verzweifelt an.
Oma runzelte die Stirn. »Ich möchte mir nicht die Möglichkeit für zukünftige Geschäfte verbauen, deshalb möchte ich dich nicht gerne hinters Licht führen. Der Junge hat Mut, aber kaum Talent. Du würdest die Last auf dich nehmen, ihn zu deinem Diener auszubilden, und doch ständig an seine Grenzen stoßen. Du würdest seinem Leben mehr Wert verleihen, als er es dir durch die geleisteten Dienste zurückzugeben vermag.«
»Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen«, sagte Nero. »Obwohl du noch viel zu lernen hast, was das Feilschen betrifft. Ich frage mich langsam, ob du überhaupt irgendetwas von Wert zu bieten hast. Wenn nicht, wird unsere Unterredung kein gutes Ende nehmen.«
»Du sprichst von Wert«, sagte Oma. »Ich frage dich, welchen Wert hat ein Schatz für einen wohlhabenden Troll? Je mehr Reichtümer er besitzt, desto geringer ist der Wertgewinn durch einen neuen Schatz. Ein Goldbarren bedeutet einem Armen tausendmal mehr als einem König. Außerdem frage ich mich, welchen Wert hat ein schwächlicher menschlicher Diener für einen Herrn, der unendlich viel weiser und tüchtiger ist? Betrachte es doch einmal so. Wir wollen, dass du uns einen Dienst erweist, der einen hohen Wert für uns hat, etwas, das wir selbst nicht zu tun vermögen. Du solltest für dich selbst nichts Geringeres verlangen.«
»Da stimme ich dir zu. Aber hüte dich. Deine Worte spinnen ein Netz um deine Füße.« Eine tödliche Schärfe hatte sich in seine Stimme geschlichen.
»Das ist wahr, es sei denn, ich wäre ausgebildet, dir einen Dienst von außerordentlichem Wert zu leisten. Hast du jemals eine Massage bekommen?«
»Ist das dein Ernst? Der Gedanke kam mir immer lächerlich vor.«
»Die Idee scheint nur denen absurd, die nicht eingeweiht sind. Hüte dich vor vorschnellen Urteilen. Wir alle streben nach Wohlstand, und jene, die am meisten haben, können sich gewisse Annehmlichkeiten leisten, die für die anderen unerreichbar sind. Der größte Luxus jedoch ist die unbeschreibliche Entspannung durch eine Massage aus den Händen dessen, der diese Kunst beherrscht.«
»Und du behauptest, in dieser sogenannten Kunst versiert zu sein?«
»Ausgebildet von einem wahren Meister. Meine Fähigkeiten sind so außerordentlich, dass sie fast unbezahlbar sind. Die einzige Person auf der Welt, die je eine Ganzkörper-Massage von mir erhalten hat, ist der Verwalter selbst, und das, weil ich seine Frau bin. Ich könnte dir eine Ganzkörper-Massage geben und jeden Muskel in deinem Körper kneten und entspannen. Die Erfahrung würde deine Auffassung von Wohlbehagen neu definieren.«
Nero schüttelte den Kopf. »Es wird mehr brauchen als blumige Worte und großartige Versprechungen, um mich zu überzeugen.«
»Du musst mein Angebot unter dem richtigen Aspekt betrachten«, sagte Oma. »Die Menschen bezahlen ungeheure Summen für eine sachkundige Massage. Du wirst deine unentgeltlich erhalten, lediglich im Austausch gegen eine Dienstleistung. Wie lange würdest du brauchen, um Stans Aufenthaltsort zu ermitteln?«
»Wenige Augenblicke.«
»Eine Massage wird mich dreißig anstrengende Minuten
kosten. Und du wirst etwas Neues erfahren, eine Wonne, wie du sie in all deinen langen Jahren noch nie erlebt hast. Eine ähnliche Gelegenheit wird sich dir vielleicht nie wieder bieten.«
Nero leckte sich
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