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Fabula

Fabula

Titel: Fabula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Mond!«
    »Nein, nein, das war doch nur ein Trick«, kreischte Archibald Darcy verzweifelt.
    »Ja, das war es. Wir ließen dich glauben, dass Mutter freigelassen würde, wenn Danny den Preis nicht zahlt.«
    Archibald Darcy erkannte nun die Falle, in die er getappt war.
    Colin hatte sich alle nur erdenkliche Mühe gegeben und bei Constable Plummer randaliert, damit man ihn einsperrte. Archibald Darcy hatte befürchten müssen, dass folglich niemand mehr Danny finden und das Geschäft damit platzen würde.
    Er hatte seinen Sohn befreien müssen, damit dieser seine Rolle zu Ende spielen konnte.
    »Du hast mich ausgetrickst, damit ich mich dir zeige.«
    »Es hat funktioniert«, stellte Colin fest.
    Die seltsamen bunten Vögel, die Archibald Darcys Augen und Ohren in der Welt gewesen waren, hatten es ihm zugezwitschert.
    »Ich denke«, sagte Mr. Moon, »dass es jetzt an der Zeit ist, zu gehen.«
    Archibald Darcy sprang auf und wollte zur Tür laufen, aber das Licht des Mondes lähmte ihn.
    Mr. Moon fletschte die Zähne, die wie kleine Blitze waren, und trat auf den Mann zu, der noch immer ein wenig wie Cary Grant aussah, aber langsam im Licht zu zerfließen begann.
    »Colin, bitte!« Archibald Darcy reckte die Hände verzweifelt seinem Sohn entgegen. »Das kannst du nicht machen, Junge. Ich werde die Ewigkeit dort oben verbringen, mit ihr! Stell dir das vor: Jetzt, da sie alles weiß, wird sie mir so viele Geschichten erzählen wie nie zuvor. Du kennst sie, du weißt, was sie tun kann.«
    »Du hast sie geheiratet.«
    »Ja, aber ...«
    »Du hast es getan, keiner sonst.«
    »Colin, bitte ...«
    Mr. Moon packte ihn mit Klauen aus reinem Licht. Sie wickelten sich ihm um den Körper und zerrten ihn hinein in eine Helligkeit, die ewig, ewig, ewig war.
    »Die Kinder«, flüsterte Colin, »sind nicht für das Glück ihrer Eltern verantwortlich.«
    »Wir hatten doch auch schöne Zeiten«, kreischte Archibald Darcy wie von Sinnen.
    Das grelle Licht zerrte an ihm. Unnachgiebig floss es wie Klingen durch ihn hindurch und brachte ihn fort aus der Zelle, fort aus Stranraer, fort aus der Welt, die nie, nie mehr die seine sein würde.
    Colin musste an die lustige Melodie denken, die sein Vater so gemocht hatte.
    »Lebwohl«, sagte er, als das gleißende Licht explodierte und ihn blendete, als habe ihn die Sonne geküsst. »Lebwohl und richte Mutter liebe Grüße von mir aus. Sie wird schon wissen, wie ich es meine.«
    Dann begann er, ganz ohne Bedauern, das Lied zu pfeifen. Fröhlich und beschwingt.
    Tie a yellow ribbon round the oie oak tree.
    Der Wind trug die Melodie in die Nacht hinaus, wo die Mücken in den Lüften tanzten. Er trug das Lied ganz weit, weit fort, höher und höher. Und oben, am sternenklaren Firmament, das konnte Colin Darcy erkennen, wenn er durchs Zellenfenster blickte, leuchtete ein voller Mond über den Rhinns of Galloway, die einmal seine Heimat gewesen waren.
    Ja, früher hatten sich die Menschen erzählt, dass dort oben in der silbernen Scheibe jemand wohne, dass es einen Mann im Mond gebe, der ein geheimnisvoller Kerl sei.
    Doch Colin Darcy, der glücklich lächelte und noch immer das lustige Lied pfiff, wusste es besser. Es gab einen Mann, und es gab eine Frau, die beide im Mond lebten, und es gab Mr. Moon, der auf sie aufpasste.
    Das war alles, was jetzt wichtig war. Das und die Tatsache, dass Dinge manchmal sogar ein gutes Ende linden für jene, die sich ein gutes Ende ihr Leben lang verdient haben.
    »Ein Epilog«, sagte Livia, »ist nur ein hinausgezögertes Ende.« Sie mochte keine Epiloge.
    Colin Darcy, der sich am nächsten Morgen bei Constable Plummer für sein Verhalten entschuldigte und wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, lief Livia in die Arme, als er die Polizeistation in Stranraer verließ. Das einstige Friedhofsmädchen umarmte ihn und bedachte ihn mit Küssen.
    »Es ist vorbei«, sagte er.
    Der Polizist, den Archibald Darcy ausgeschaltet hatte, war irgendwann in der Nacht mit Kopfschmerzen erwacht, hatte die Zelle aber verschlossen und den Trisassen schlafend vorgefunden. Das war alles, was geschehen war, an etwas anderes konnte er sich nicht erinnern.
    »Heute Morgen, gleich nach Sonnenaufgang«, erklärte Livia ihm, als sie zum Wagen gingen, »hat mich Madame Redgrave in einem Cafe unten beim Hafen getroffen. Wir haben Tee getrunken, gefrühstückt und geredet, sie ist eigentlich sehr nett. Und sie ist die Lady Sunshine, hast du das gewusst?!«
    »Ich habe es mir gedacht«, sagte Colin,

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