Fabula
sich an wie verrückte Musik, zu der die Stimme Disco tanzt. »Lady Pandora«, so nannte er Madame Redgrave, »hat mir mitgeteilt, dass ich Sie hier treffen würde.«
»Ja«, sagte Colin, der wusste, dass dies alles nach Plan lief.
»Nein«, wimmerte Archibald Darcy, der zu ahnen begann, was ihm bevorstand.
Mr. Moon stand im Türrahmen und bewegte sich nicht von der Stelle. Mondlicht strahlte von ihm ab, kühl wie frischer Wind und bestimmt nicht freundlich.
»Ich muss mich entschuldigen«, sagte er, »aber ich platze gern mitten in Gespräche hinein. Es ist so erbaulich, zu sehen, wie Menschen, die sich etwas zu sagen haben, miteinander reden.« Er grinste, und die spitzen Zähne funkelten in dem Mondlicht, das er im Grunde ja höchstselbst war.
Er sieht wirklich aus wie Ziggy Stardust, dachte Colin.
Und dann, als würde das Mondlicht Wunder wirken, sah Colin erneut die Panik in seines Vaters Augen. Er sah, wie Archibald Darcy auf der Pritsche saß, als erwarte er, dass die Anklageschrift verlesen wird.
Und er verstand, dass genau dafür jetzt der Moment gekommen war.
Es war wie in den alten Filmen.
Ein Augenblick wie jener, in dem die junge Joan Fontaine endlich versteht, was es mit Rebecca de Winter auf sich hat, in dem John Robie erfährt, dass Danielle Foussard die zweite Katze ist, und John »Scottie« Ferguson schließlich, hoch oben auf dem Glockenturm, den Zusammenhang zwischen Madeleine Elster und Judy Barton erkennt.
Ja, es war ein ebensolcher Augenblick der Klarheit, den Colin erlebte, als das Licht Mr. Moons das Antlitz Archibald Darcys berührte.
Trotzdem fühlte er sich wie Roger Thornhill am Mount Rushmore, und der Gedanke, dass auch Eve Kendall (oder aber Eva Marie Saint, wie auch immer) dort gewesen war, ließ ihn an Livia denken und sich wünschen, dass sie jetzt bei ihm wäre.
Zugleich war ihm aber auch klar, dass er dies allein durchstehen musste, und außerdem, auch das wusste er, war Livia in Gedanken bei ihm, er konnte es spüren.
Es gibt immer ein Motiv, so hatte es Constable Plummer formuliert, und damit hatte er recht. Es gab wirklich immer eins. Nie passierte etwas ohne Motiv, und es zu finden hieß, den Schlüssel in der Hand zu halten, einen Schlüssel, mit dem man die Tür aufsperren oder für alle Zeit verschließen konnte, je nachdem.
»Du hättest dich nicht für den Rest deines Lebens versteckt, nicht wahr?«
Archibald schwieg betreten. Seine Blicke wechselten ängstlich von Mr. Moon zu Colin und wieder zurück.
»Du hast nach einem Weg gesucht, sie loszuwerden. Du konntest dich nicht von ihr scheiden lassen, weil sie die Macht über dich hatte, aber du konntest etwas anderes tun, du konntest untertauchen und jemand anderen die Arbeit machen lassen.«
»Sie hat meine Verwandtschaft getötet, einfach so«, schrie Archibald Darcy seinen Sohn an, und dicke Tränen standen in seinen Augen. »Sie hat sie ermordet, weil Danny und du sie verärgert habt.« Er hielt sich die Hand vor den Mund.
Colin wurde es ganz anders zumute, als er verstand, was sein Vater da gerade gesagt hatte. »Das Aquarium!«, flüsterte Colin und dachte an all die Fische und Frösche und anderen Tiere, die dort zwischen den hohen Gräsern und dem Schilf in dem künstlichen Tümpel gelebt hatten.
Das Aquarium.
Ja, das war es gewesen!
Die ganze Zeit über hatte Archibald Darcy seinen Verwandten aus den Bächen und Flüssen im Arbeitszimmer Obdach gewährt. Sie waren bei ihm gewesen, alle unter einem Dach.
»Wenn sie alt werden, dann muss man sich doch um sie kümmern«, klagte er.
Colin seufzte.
Nein, darüber wollte er jetzt nicht reden.
»Du hast Danny die Karte geschickt«, stellte er fest, »damit er Madame Redgrave aufsucht. Und vorher hast du Mutter einen Hinweis gegeben, wo sie Danny finden kann.«
Archibald Darcy nickte beschämt. »Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie, nachdem ich fort war, all ihren Hass auf euch beide konzentrieren würde.«
»Das konntest du nicht ahnen?«
Sein Vater schüttelte den Kopf.
Colin zischte nur: »Lügner.«
Oh, wie er die Schnauze doch voll hatte!
Trotzdem, das alles war noch immer kein schlüssiges Motiv, nein, das alles nicht.
Aber das hier: »Du hast nichts gegen Mutter ausrichten können, weil du an sie gebunden warst.« Durch Magie, Geld oder einfach nur Trägheit, was auch immer. »Aber wir, Danny und ich, wir konnten es tun. Das hast du gewusst, du Heuchler, du hast gewusst, dass Mutter rasend werden würde vor Eifersucht, wenn sie
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