Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fabula

Fabula

Titel: Fabula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
»sie ist gewitzt.«
    Dann verließen sie den langen Korridor mit den unheilvollen Bildern und betraten den großen Salon, wo der alte Constable viele Fragen zu stellen gedachte und vieles komplizierter, dafür aber nichts, aber auch wirklich gar nichts, einfacher werden sollte.
    Der Salon befand sich im Westflügel. Durch die großen Fenster konnte man über die Klippen hinaus auf die See blicken, an klaren Tagen sogar bis hinüber zur irischen Küste. Überaus elegante Möbel und Teppiche, die dem Salon ein angenehmes Gesicht gaben, luden zum Verweilen ein.
    Miss Robinson servierte Tee, Earl Grey, schwarz, und der Constable begann zu reden.
    »Sie entstammen einer wohlhabenden Familie, Mr. Darcy.« Er machte eine Pause und sagte dann: »In wohlhabenden Familien gibt es nicht wenige Abgründe.«
    Miss Robinson saß mit gefalteten Händen da und blickte von einem zum anderen.
    »Wenn Sie es sagen«, erwiderte Colin. Gab es die nicht überall?
    »Ja, das sage ich.« Er seufzte lang gezogen, was etwas bezwecken sollte. »Wissen Sie, dass ich auch damals schon bei der Polizei in Stranraer war, als sich der Unfall ereignete?«
    Colin schaute auf. »Sie sprechen von meinem Vater?«
    »Ja. Von keinem anderen. Ich war, wie gesagt, bereits damals bei der Polizei in Stranraer. Natürlich weiß ich, dass Ihr Vater, Archibald Darcy, ein berühmter Kunsthändler war, das weiß jeder hier in der Gegend. Aber ich weiß auch, dass die Umstände seines Todes in hohem Maße ungewöhnlich waren.« Er machte eine Pause und nippte an seinem Tee. »Der ist gut«, lobte er Miss Robinson, »richtig gut.«
    »Oh, danke«, sagte die nur.
    Constable Plummer trank noch etwas Tee und fuhr dann fort: »Wenn ich mich recht entsinne, dann war es ein Unfall, irgendwo an der Küste. St. Abb's Head?«
    Colin nickte, überflüssigerweise.
    »Aber man hat den Leichnam nie gefunden? Tja«, gab er sich selbst die Antwort, »so war das.«
    Colin wurde ungeduldig.
    Was sollte dieses Spiel bezwecken? »Was wollen Sie damit sagen?«
    Constable Plummer seufzte, lang gezogen und gönnerhaft. »Wissen Sie, Mr. Darcy - ist es Ihnen recht, wenn ich Sie Mr. Darcy nenne, oder ist Ihnen Professor Darcy lieber?«
    »Egal«, murmelte Colin verwirrt. »Mr. Darcy ist okay.« Er spürte, wie gereizt seine Stimme klang.
    »Mr. Darcy«, betonte Constable Plummer,«ich bin, das sagte ich ja schon, aus Stranraer, ja, ich bin dort sogar geboren. Wie Sie, möchte ich meinen.« Er lachte, was freundschaftlich aussehen sollte, es aber nicht tat. Der Constable wollte bloß zeigen, dass er sich bestens über Colin Darcy informiert hatte, nichts weiter. Colin hatte genug Krimis gesehen, um diese Taktik zu durchschauen. »Wissen Sie, ich gehöre nicht diesem komplizierten Menschenschlag an, der unnötig viele Worte verliert. Ich spreche die Dinge aus, wie sie sind.«
    »Nun?«
    »Sie entstammen einer recht vermögenden Familie.«
    »Das sagten Sie bereits.«
    »Kennen Sie einen Mr. Peabody?«
    Colin musste überlegen. »James Peabody?« »Genau der.«
    »Wer ist das?«, fragte Livia.
    »Peabody ist der Anwalt meiner Mutter.«
    »Anwalt und Notar, manchmal Steuerberater, er selbst mag es, wenn man ihn als Rechtsbeistand bezeichnet. Wissen Sie, ich kenne ihn noch von früher. Er hat damals, als er noch kein Rechtsbeistand war, schon Cricket gespielt. Heute spielt er nur noch Golf.«
    »Können Sie endlich zur Sache kommen?«, bat Colin.
    »Wussten Sie, dass das Golfspiel in Schottland erfunden wurde? Ja, auf dem Sandstrand von St. Andrews. James II., mein Namensvetter, hat es sogar verboten, weil es seine Bogenschützen behinderte.« Er zwinkerte Colin zu. »Und Mary Stuart soll nach dem Mord an ihrem Mann sofort eine Partie Golf gespielt haben, wussten Sie das?!«
    »Nein, wusste ich nicht.«
    »Sehen Sie«, sagte der Constable, »jetzt wissen Sie es.« Die Augen des Haifischs waren unergründlich.
    »War das eine Anspielung?«
    »Worauf sollte es denn eine sein?«, entgegnete der Constable.
    »Das, was Sie, glaube ich, sagen wollen, ist geradezu infam.«
    »Colin!«, rügte ihn Miss Robinson instinktiv.
    Er zuckte zusammen.
    Schaute die alte Dame entnervt an.
    »Entschuldigen Sie«, sagte die schnell, dem Constable zugewandt.
    »Ahm, um auf den Anwalt und Notar zurückzukommen. Ich wollte von Mr. Peabody nur eines wissen.«
    Colin starrte ihn an.
    Er schwieg.
    »Was?«
    Constable Plummer schien äußerst zufrieden zu sein mit seiner Dramaturgie. »Wenn Helen Darcy verschwunden

Weitere Kostenlose Bücher