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Fabula

Fabula

Titel: Fabula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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bleiben sollte«, mutmaßte er so ruhig, dass es Colin nervös machte, »dann sind doch sicherlich Ihr Bruder und Sie die Erben dieses Hauses.« Er hüstelte laut. »Mr. Peabodys Sekretärin erwähnte etwas in der Richtung. Na ja, Peabody macht gerade Urlaub in Cornwall, und die junge Dame war so nett, in den Ordner hineinzuschauen.«
    »Ja, wir sind wohl die Erben von Ravenscraig, dem Haus und dem Garten und aller Kunstobjekte, die sich hier befinden. Und?«
    »Ich bin ein einfacher Polizist, Mr. Darcy. Verzeihen Sie mir also meine direkte Denkweise.«
    Colin stutzte, als er verstand, worauf der Constable hinauswollte. »Das ist nicht Ihr Ernst?!«
    »Was ist nicht mein Ernst?«
    »Sie unterstellen mir, dass ...« Er stockte. »Das ist doch absurd.«
    »Ist es das?«
    »Ja, ist es.«
    »Es gibt immer ein Motiv. Nichts passiert ohne Grund.«
    Tolle Erkenntnis, Sherlock, dachte Colin, schwieg aber.
    »Ihr Bruder kam aus Amerika hierher, obwohl er seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter gepflegt hatte. Keiner wusste, wo er wohnte, aber zufälligerweise rief er zwei Tage nach Helen Darcys Verschwinden an, um sich nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen.« Er faltete die Hände. »Und dann verschwindet er ebenfalls, einfach so.« Er kratzte sich an der Stirn. »Wenn ich mich recht entsinne, Mr. Darcy, sind auch Sie während der vergangenen Jahre nicht oft hier gewesen.«
    »Ist das ein Verbrechen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Aber nein, wo denken Sie hin.«
    »Das Verhältnis zwischen meiner Mutter und mir war nicht das beste.«
    »Das ist mir bekannt.« »Gut.«
    Miss Robinson sah für einen Sekundenbruchtcil schuldbewusst aus.
    »Wissen Sie, ich bin ein einfacher Polizist«, sagte er schon wieder.
    »Ja, das weiß ich jetzt«, unterbrach Colin ihn.
    »Und es ist das Motiv«, fuhr er unbeirrt fort, »das immer die Antwort liefert. Die meisten Antworten sind einfach, die wirklich komplizierten Fälle gibt es nur in den Serien bei der BBC.« Er lehnte sich zurück, lachte. »Und bei den Amerikanern, natürlich. Calumbo, Maverick, Die Straßen von San Franzisco, Sie kennen das.«
    Colin nickte.
    Der Constable und Inspektor McGuffin waren sich nicht unähnlich, Polizisten eben. Sollte McGuffin irgendetwas von ihm wollen, dann würde der Constable die schönen Grüße ausrichten.
    Colin war alles andere als begeistert.
    »Aber lassen wir doch einmal die letzten sieben Jahre Revue passieren, nur ganz kurz.« Der Constable starrte Colin an. »Archibald Darcy stürzt von den Klippen in der Nähe von St. Abb's Head. Mrs. Helen Darcys Söhne verschwinden, nachdem ihr Vater beigesetzt wurde, und melden sich die ganze Zeit über nicht bei ihrer Mutter. Dann verschwindet Helen Darcy, und ihr Sohn Daniel meldet sich zufällig. Und zufällig kommt er sogar den langen Weg aus Amerika nach Schottland zurück. Und dann verschwindet auch er, zufällig, und kurz darauf tauchen Sie wieder auf.« Er lachte, und es klang wie ein Knurren, »Für mich sind das wirklich sehr, sehr viele Dinge, die zufällig passieren. Und es gibt nur ein einziges Motiv, das allem einen Sinn geben kann.«
    »Ach ja?«
    »Haben Sie schon einmal daran gedacht, Mr. Darcy, dass Sie der alleinige Erbe des ganzen Familienvermögens sind, sollten Ihre Mutter und Ihr Bruder verschwunden bleiben?«
    Colin saß nur da und starrte ihn an.
    Die Wanduhr tickte.
    Unbehaglich.
    Something wicked this way comes.
    Als er seine Worte wiederfand, sagte Colin: »Sie unterstellen mir wirklich, dass ich etwas mit dem Verschwinden meiner Mutter und mit dem Verschwinden meines Bruders zu tun habe?«
    Der Constable schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Darcy, das tue ich nicht. Ich sagte nur, dass dies ein schlüssiges Motiv sein könnte. Es ist nur Logik, Sie verstehen?! Nichts passiert ohne Grund.«
    Colin erhob sich und begann im Raum umherzulaufen. Das pflegte er während seiner Vorlesungen auch zu tun. Es lenkte ihn ab, es half ihm beim Denken.
    »Aber Danny ging es gut«, sagte Colin nach einigen Augenblicken. Er hatte das Gefühl, seinen Bruder verteidigen zu müssen. Eher noch ihn als sich selbst. »Kennen Sie die Band >Dylan's Dogs    »Seine letzte CD war kein Hit«, bemerkte der Constable lapidar, und das war eine Bemerkung, die Colin zutiefst traf. »Die Musikbranche wirft weniger Geld ab, als man denkt.«
    Danny wurde erst seit vier Tagen vermisst, und Constable Plummer wusste bereits, wie gut oder auch schlecht Dannys

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