Facetten der Lust
erfüllte den ganzen Raum. Sein Blick war unverwandt auf sie gerichtet. Leise öffnete sich die Tür. Sara erkannte die Bedienung aus der Cocktailbar. Sie stellte ein Tablett auf den Tisch, verbeugte sich leicht und verschwand fast lautlos.
Ungläubig starrte sie die Tür an.
Nathan reichte ihr ein geschwungenes Glas mit einer rötlichen Flüssigkeit.
»Das ist ein Peaches, ein alkoholfreier Cocktail. Du kannst ihn bedenkenlos trinken. Ich hoffe, er schmeckt dir.«
Skeptisch nahm Sara das Glas entgegen, schnupperte daran und trank einen kleinen Schluck. Er war so köstlich, dass sie für Sekunden die Augen schloss.
»Was erwartest du von mir?«
Sie verschluckte sich fast an ihrem Cocktail. Fahrig stellte sie das Glas ab und sah ihn überrascht an. »Nichts! Was sollte ich erwarten?«
»Du hattest heute Abend unzählige Angebote, doch du erwähltest mich. Warum?«
Erwählt! Wie das klang? Und von unzähligen Angeboten konnte keine Rede sein.
»Du warst es, der mich angesprochen hat«, begehrte sie auf. Seine antiquierte Art reizte sie.
Nathan stellte sein Glas ab und beugte sich nach vorn.
Diese Geste hatte etwas Drohendes an sich. Sie sank tiefer in ihren Ledersessel.
»Fordere mich nicht heraus, kleine Sara. Du bist völlig ahnungslos, mit wem du es zu tun hast.«
Damit hatte er Recht.
Überdeutlich wurde ihr bewusst, dass er ein Fremder war, von dem sie nicht das Geringste wusste. Der Rausch verflog, ihre Lust flaute ab und plötzlich stieg Furcht in ihr hoch. Zitternd stand sie auf.
»Ich möchte gehen.«
»Es steht dir frei zu gehen, wann immer du willst.«
Sara sah ihn unverwandt an. Sein langes, fast schwarzes Haar reichte bis über seinen Rücken. Sein Gesicht war so ebenmäßig, dass sie es mit einem Engel vergleichen könnte, wenn nicht diese undurchdringlichen Augen wären. Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Fingerspitzen aneinandergelegt.
Er hatte unglaublich schöne Hände. Sie sehnte sich danach, von ihnen berührt zu werden, egal ob grob oder sanft. Ihr Herz krampfte sich bei dem Gedanken, ihn zu verlassen, zusammen. Wieso empfand sie so viel für ihn? Sie kannte ihn doch gar nicht. Konnte man sich in einen Traum verlieben?
»Warum zögerst du?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht«, gab Sara zu. »Mein Verstand sagt, dass ich gehen sollte. Ein Teil von mir drängt zur Tür, schreit: Verschwinde, bevor er dich verschlingt. Aber ein anderer Teil möchte bleiben und verstehen, was mit mir geschieht.«
Nathans Herzschlag beschleunigte sich. Mit so viel Offenheit hatte er nicht gerechnet. Sie wühlte ihn auf, brachte Seiten in ihm zum Klingen, die er längst verloren glaubte.
Wie unter Zwang griff er nach ihrer Hand, die nur ein paar Zentimeter von ihm entfernt war. Behutsam küsste er ihre Handinnenfläche.
»Ich bitte dich, zu bleiben.«
Sara konnte nicht anders. Sanft streichelte sie über Nathans Wange. Er schmiegte sich in ihre Hand und seufzte leise.
»Ich verstehe nicht, was hier passiert. Wo ist der Master, der mich vor wenigen Minuten unterworfen hat? Wer bist du?«
Was bist du?
, formte ihr Geist eine weitere Frage.
»Ich bin Nathaniel!«
Es war Jahrzehnte her, dass er seinen vollen Namen ausgesprochen hatte. Warum er ihr diese Macht zugestand, wusste er nicht.
»Und glaube mir, der Master ist noch immer in mir.«
»Worüber wolltest du mit mir reden?«, fragte Sara, um ihr Herzklopfen zu überspielen.
Sein Name erzeugte einen Nachhall in ihr, der ihr fast den Atem raubte. In ihr herrschte Chaos. Seine Stimme hatte bedeutungsvoll geklungen. Sie wusste nicht warum, aber in den Tiefen ihrer Seele war sie sicher, am Ende ihrer Suche zu sein.
Er war der Mann aus ihren Träumen. Zuneigung erfasste ihr Herz.
Nathan ließ ihre Hand los, und der Augenblick der Zusammengehörigkeit war vorüber.
»Bitte setz dich. Wenn du mich als Master erwählst, muss ich vorher ein paar Dinge wissen.«
»Was bedeutet das: Dich erwählen?«
Sara setzte sich und trank einen Schluck. Samten lief die Flüssigkeit ihre Kehle hinab.
Sie verspürte Enttäuschung, dass er sie nur als Schiava sah. Was hatte sie erwartet? Dass er ihr romantische Gefühle entgegenbrachte? Sie verstand ihre eigenen Empfindungen ja selbst nicht.
»Solange ich dein Master bin, wirst du mit niemandem sonst zusammen sein. Ich bin der Herr deiner Lust, deines Schmerzes, deiner Begierde.«
Sara starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
»Hast du ein Problem damit?«, fragte er drohend.
»Ich …
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