Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Facetten der Lust

Facetten der Lust

Titel: Facetten der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marcuse
Vom Netzwerk:
reichte ihr ein Taschentuch.
    »Ich bin nicht Chloe«, brach es aus ihr heraus. »Chloe ist meine Freundin. Sie hat sich das Bein gebrochen und konnte nicht fahren. Bitte rufen Sie nicht die Polizei. Ich habe versucht, ihr das auszureden, aber sie kann sehr hartnäckig sein.«
    Albert zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihr gegenüber.
    »Ich wusste sofort, dass Sie nicht Ms. Westwood sind. Alle hier haben es bemerkt.«
    »Ich weiß, meine Klamotten sind schäbig«, schluchzte sie.
    »Das hat Sie nicht verraten.«
    »Was dann?«
    »Die fehlende Arroganz. Es ist Ihnen unangenehm, sich bedienen zu lassen. Menschen mit Geld denken, sie hätten ein Recht darauf, andere zu benutzen.«
    »Nicht alle sind so«, begehrte sie auf.
    »Nein«, lächelte Albert. »Mr. McAlister ist nicht so. Er ist eine der wenigen Ausnahmen.«
    Shirley schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. »Hat man uns gesehen?«
    »Mr. McAlister bat mich heute Morgen, Ihnen Blumen aufs Zimmer zu schicken. Haben Sie die Rosen nicht bemerkt?«
    Sie erinnerte sich an den Duft und schüttelte den Kopf.
    »Ich muss gehen.«
    »Warum?«
    »Was wird er von mir denken, wenn er erfährt, dass ich ihn belogen habe? Ich kann ihm nicht in die Augen sehen.«
    »Sie sollten mit ihm reden, Kind. Mr. McAlister ist ein sehr verständnisvoller Mann.«
    Shirley schmunzelte. Kind hatte er zu ihr gesagt. Er hatte etwas Groß-väterliches an sich. Seine Sorge tat ihr gut, doch es änderte nichts an der Tatsache, dass sie gehen musste. Auch Albert konnte sie nicht überzeugen.
    Er ließ Chloes Wagen vorfahren, legte persönlich ihre Tasche in den Kofferraum und ergriff ihre Hand.
    »Wie heißen Sie wirklich?«
    »Shirley, Shirley Dearing. Ich bin eine einfache Kellnerin. Glauben Sie mir, Albert, es ist besser so.«
    Sie drückte ihm einen Kuss auf die runzlige Wange und stieg in den Wagen.
    Albert lächelte und holte einen Notizblock aus der Innentasche seines Fracks. Shirley Dearing, Los Angeles, notierte er und war sehr mit sich zufrieden.
    Klirrend fiel das Geschirr zu Boden. Shirley bemerkte es nicht einmal. Fassungslos starrte sie den Mann an, der gerade das Diner betrat. Er wollte seinen Blick hart aussehen lassen, doch sie las Erleichterung in seinen Augen. Moosgrüne Augen!
    »Bitte geh«, stammelte sie so leise, dass er es unmöglich hören konnte.
    Sie zitterte, ihre Beine wurden zu Gummi. Sie trug abgewetzte Jeans und ein Jackie’s Diner Shirt. Typisch für Jackie war es eine Nummer zu klein und der Ausschnitt zu tief. Shirley schämte sich abgrundtief, dass Colin sie so sah.
    Neben ihr kniete jemand nieder und sammelte Scherben zusammen. Jackie’s Stimme zerriss das Schweigen.
    »Bist du zu allem zu blöde, Shirley? Das ziehe ich dir vom Lohn ab. Setz deinen Arsch in Bewegung, sonst mache ich dir Beine.«
    Noch nie hatte sie sich so gedemütigt gefühlt. Lautlose Tränen kullerten ihr über die Wangen.
    Colin warf Jackie einen derartig bösen Blick zu, dass ihm die nächsten unflätigen Worte im Hals stecken blieben.
    Die Situation wurde immer unerträglicher, als er wortlos auf sie zukam, auf seine Arme hob und zur Tür trug.
    »Hey, sind Sie verrückt? Was soll der Blödsinn«, blaffte Jackie hinter dem Tresen.
    Seelenruhig drehte Colin sich um.
    »Ms. Dearing nimmt sich den Nachmittag frei.«
    Mit diesen Worten verließ er das Diner und stellte sie auf der Straße auf die Füße.
    »Warum hast du mich sitzen lassen?«
    Seine Stimme klang ruhig und einfühlsam.
    Shirley brauchte ein paar Sekunden, bevor sie sich so weit beruhigt hatte, dass sie sprechen konnte.
    »Ich habe dich angelogen, Colin. Ich gehöre nicht in deine Welt. Bitte geh.«
    »Für deine Lüge werde ich dich angemessen bestrafen, aber darum geht es momentan nicht. Du hast dich mir hingegeben und danach nicht genug Vertrauen gehabt, mir die Wahrheit zu sagen?«
    Ein lustvoller Schauer lief über ihre Wirbelsäule, doch sie blieb standhaft.
    »Das hätte keinen Sinn. Wir leben in zwei völlig verschiedenen Welten. Was willst du?«
    »Ich will dich, Shirley. Du berührst mich. Schon als ich dich zum ersten Mal im Gang vor deinem Zimmer sah, schlug mir das Herz bis zum Hals. Was glaubst du, wie vielen Menschen so etwas passiert? Gib uns eine Chance.«
    »Ich bin Kellnerin.«
    »Ich habe während meiner Schulzeit auch gekellnert. Meine Eltern hätten mir die Universität niemals bezahlen können. Ich konnte nur durch ein Sportstipendium studieren. Wir haben mehr gemeinsam, als du

Weitere Kostenlose Bücher