Fado Alexandrino
das Geld für die Miete vorschießen, Liebster, ich werde sie bitten müssen, daß sie uns bei den Kosten unterstützen, Liebling, und deine Freude und deine zufriedenen Augen und dein Lächeln, Inês, die Lampe aus gelbem Papier, wie wir sie im Triumph aus dem Laden nach Haus gebracht haben, die Plastikstäbe, die Papierkugel, die Drahtkreise, die man einhaken, zusammenfügen, aufspannen mußte, Bist du sicher, daß das gut aussehen wird, Jorge? bist du sicher, daß du auch nichts kaputtmachst, Jorge?, die enthusiastische Begeisterung des Anfangs, die so schnell verflog, so schnell, das Fieber, Läden zu entdecken, durchzuwühlen, Antiquare, Matratzenläden, Geschirrfabriken, Möbelfabriken, Werkzeugfabriken zu finden, die alte Schwuchtel mit staubigem Toupet und staubigen Wangen, die nach spanischem Parfüm duftete und surrealistischerweise Espiridiäo hieß und die, während sie die Fenster ausmaß, ringewedelnd Vorträge über Vorhänge und Gardinen hielt, ihre plötzliche, komplizenhafte, unerwartete Intimität mit Inês, dein blinder Glaube an die wortreichen Meinungen des Alten, Frag erst Senhor Espiridiäo, Lieber, Ich habe soviel Vertrauen in seine Erfahrung, Lieber, Was meinst du, würde Senhor Espiridiäo hier machen, Lieber?, und Senhor Espiridiäo entschied, hieß gut, hieß nicht gut, legte die Stirn in Falten, verbot, begrüßte sie mit zwei brüderlichen Küssen auf die Schläfen, gewährte mir ein Bündel schlaffer, von Cremes und Lotionen weich gemachter Finger, und dann, Liebes,
ganz allmählich, Liebes, die Gewohnheit, die Routine, der Ärger, die Schwierigkeit, den Wagen inmitten so vieler anderer Wagen zu parken, die erste Nacht, in der ich dachte, Ich habe überhaupt keine Lust, nach Hause zu gehen, Ich habe überhaupt keine Lust auf diese monotone Quallenexistenz, das erste Glas in einer Bar nach Feierabend, ich fühlte mich unglücklich, fühlte mich schuldig, fühlte mich allein, fühlte mich wie ein Idiot, weil ich mich unglücklich und schuldig und allein fühlte, blätterte inmitten von Porzellangegenständen und Postkarten aus den zwanziger Jahren in irgendeiner Zeitschrift herum, mein dumpfer, heftiger Wunsch, ohne dich zu leben, Fisch auf einem Petroleumgrill zu braten, die Jugend zu haben, Herr Hauptmann, die ich nicht hatte, Seid ihr immer noch nicht weg? fragte die Schwiegermutter, die hin und her lief, um Silbergegenstände zusammenzuraffen, Wartet ihr immer noch darauf, daß sie kommen, um euch festzunehmen?, die Wagen verschwanden, gefolgt vom überbordenden, ärgerlichen, enthemmten Galopp der Hunde auf dem Hang, und das letzte Mal die Eingangshalle, das letzte Mal der riesige Neger aus Ebenholz, das letzte Mal die Laterne und die Fliesen und die Stufen zum Garten, das letzte Mal die phantastischen Einhörner, die unter der ruhigen Oberfläche des Meeres muhten, das letzte Mal der Geruch nach Erde und nassem Rasen und den roten und gelben Pflanzen in den Beeten, das letzte Mal Carcavelos, das letzte Mal Lissabon, der gute und sanfte Geruch der Reichen, Inês, die mit der Lässigkeit einer Besitzenden in den weißen Alfa Romeo stieg, die Dame mit dem lila Haar, die wie zufällig ihre Ellenbogen berührte, sich in den Pelzmantel kuschelte, sich ans Steuer setzte, und meine Frau ließ die Scheibe herunter, drehte ihren Mund in meine Richtung, sah mich an, als wäre ich ein Untergebener oder irgendein Arsch oder ein Dienstbote, und meinte, Am besten fährst du hinter uns her, damit du dich nicht verfährst, ließ die Scheibe wieder hochfahren, lächelte ihre beschissene Freundin an, schüttelte kokett die Schultern, die Abgase aus ihrem Auspuff vor mir, die zermahlenen Kiesel, meine Wut,
die Bremslichter, die an- und ausgingen, Marianas Hand, die mir kleine kindliche Grüße zuwinkte, Ich hasse dich, Inês, ich wünsche mir so sehr, daß du stirbst, Straßen und Straßen, Villen, Landgüter, die Sonne im Zenit über den Märzbäumen, und immer mal links, mal rechts die obsessive, intensive, glitzernde, beinahe goldene Allgegenwärtigkeit des Meeres.
– Entschuldigen Sie, Herr Leutnant, meinte der Soldat, aber da hatten Sie selber Schuld. Ein paar Ohrfeigen zur rechten Zeit lösen jede Art von Geweihproblemen.
– Drei Frauen, stellen Sie sich das bloß mal vor, beharrte der Oberstleutnant mit vagem, in einem Labyrinth der Erinnerungen verlorenem Blick. Ich glaube, sie wurden Freundinnen, ich glaube, sie wurden so was wie Schwestern, was weiß ich, gingen gemeinsam ins Kino,
Weitere Kostenlose Bücher