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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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gingen gemeinsam zum Tee, gingen gemeinsam mit den Kindern zum Arzt, sie haben sogar bis zum nächsten General in derselben Wohnung gewohnt. Die eine hat Brigadegeneral Horta übernommen, sie werden heiraten, von den anderen habe ich bis heute nichts mehr gehört.
    – Das weiß doch jeder, daß einen Geliebten mit jemand anderem teilen schon immer etwas war, was Leute sehr vereint, merkte der Funker an, der ein Stück Eis wie ein Bonbon lutschte.
    Bald wird die Flut kommen, dachte der Leutnant, dieser Geruch nach fauligen Pilzen, dieser Aufruhr im Gras, dieses unruhige Wogen des Wassers täuschen mich nicht: die Flut steigt an und überschwemmt meinen Körper, meinen Mund, meine Nase, meine Augen, ich werde einige Momente lang über den Wolken den schmutzigen Himmel der Fabriken, die stinkenden Abendwolken, die abgenutzten Gebäude von Vila Franca in der Ferne zittern sehen, der Alfa Romeo vor mir und tief darin die Umrisse der beiden Köpfe, er fährt, biegt ab, folgt einer komplizierten Spur von kleinen Plätzen, Boulevards, Straßen, Gassen (Sie wollen die Militärs vermeiden, folgerte er, sie wollen vermeiden, auf Militärlaster zu treffen), von Stadtvierteln, die ich nicht kannte und die an den Röhrichtdickichten an der Eisenbahn und
dem von Zebramustern aus Rissen und Spalten überzogenen armseligen Bahnhofsgebäude entlang verliefen, Stadtviertel mit Müll an den Straßenrändern, mit grauen Typen, die einen Telefonmast reparierten, sie kletterten eine krumme enge Straße zwischen zwei Mauern hinauf und trafen auf ein spitzes Dach, Steinbänke mit Löwenfüßen um ein ovales Schwimmbecken, Rosenstöcke, den wirr duftenden Würfel eines Treibhauses, große verglaste Veranden zum Gebirge hin, ich hielt neben dem Alfa Romeo auf einem Rechteck aus Backsteinen neben den prätentiösen Arabesken der Tür, ein grauhaariger Diener grüßte ihn aus dem mit Truhen und Konsolen bevölkerten Schatten heraus mit einer Art zeremoniösen Verbeugung. Hallo, Fernando, sagte Inês vertraut zu ihm, und der Leutnant zu sich, Du kennst ihn, du Miststück, du bist hier schon wer weiß wie viele Male gewesen, während ich mich mit dem Ärger und der Scheiße in der Bank rumschlagen mußte, Teatime für Lesben, du Schlampe, lange Siestas im Juli in einem riesigen Bett, ganze Nachmittage, an denen du dich auf einem mit Snoopys bedruckten Handtuch auf dem Gras am Swimmingpool mit Öl eingeschmiert hast, Und nicht mal ’ne Ohrfeige, Herr Leutnant? wunderte sich der Soldat, keine auf die Schnauze, um sie zur Ordnung zu rufen?, ein großer Raum, Kissen, niedrige Schemel, eine komplizierte Skulptur in einer Ecke, ein gleichgültiger Pudel, der auf dem Teppich döste, das Foto eines gutmütigen Herrn mit ausländischem Aussehen, der Maurice Chevalier ähnlich war (die gleiche vorgestreckte Lippe, der gleiche Hut, die gleichen zusammengekniffenen Augen), der alle mit einer endlosen väterlichen Nachsicht anlächelte. Der Leutnant rülpste und suchte tastend nach einem Flaschenhals, wobei der ruderlose Spatz seiner Hand unsicher über das Tischtuch schwebte:
    – Weder eine Ohrfeige noch eine auf die Schnauze, mein Freund (eine Stimme wie ein Docht, der, von einer Brise von Gasen angefacht, an- und ausging), ich blieb, an das Wägelchen mit den Getränken gelehnt, mit Mariana auf dem Arm im Salon stehen,
schaute blöd auf eine riesige grün-schwarze Tapisserie, die so etwas wie Hibiskusblüten darstellte, die sich auf einer Art Palmen niedergelassen hatten, während die beiden fast lautlos mit dem schlafwandelnden Rascheln ihrer Kleider um mich herumtanzten, redeten, rauchten, schwiegen, Getränke servierten, aufstanden, sich wieder in dicke Nappaledersessel setzten, die knirschten und ächzten, und ich stand da und zündete mir eine Zigarette an, suchte mit den Blicken einen Aschenbecher, hüpfte mit schiefen, schüchternen Truthahnschritten über die Auslegeware, hörte das röchelnde Keuchen des Pudels, hörte den Diener in der Anrichte husten, hörte (oder stellte es mir vor? oder stellte mir vor, daß ich es hörte?) die sprudelnden Proteste des Meeres, das nun nicht mehr so fern, beinahe in sich selbst brodelte, hinter einer Reihe durchsichtiger kleiner Villen und der von Herzmuscheln, Schnecken, Müll und Algen bärtigen Mauer der Uferstraße, Mariana saß auf dem Boden und spielte mit Meeresschnecken, mit Muscheln, mit gesprenkelten, klingenden Schalen, Ich sollte meine Eltern anrufen, Ich sollte ihnen wenigstens sagen, daß ich

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