Fado Alexandrino
von Kletterpflanzen überwucherten Eingang, die rissigen Betonstufen,
die Laterne, der heilige Sebastian auf dem antiken Fliesenbild, das letzte Mal hallte die Glocke wie eine Feuerwehrsirene in den Höhlen der verlassenen Zimmer, das letzte Mal die hochfahrende Abneigung von Hiläria, die mich verächtlich von der Höhe ihres gestärkten Kragens herab betrachtete, das letzte Mal ihr ärgerlicher Gruß, ihre vollkommene Gleichgültigkeit, die gerunzelte Stirn, die immer wieder sagte, Du gehörst hier nicht her, geh weg, niemand von uns will dich hier haben. Und irgendwie, Herr Hauptmann, befriedigte ich doch an jenem Tag ihren unermeßlichen, sauren Wunsch, mich nur noch von hinten zu sehen.
– Haben Sie Ihrer Frau verziehen, daß Sie sie erwischt haben, wie sie mit der anderen rumgeknutscht hat, Herr Leutnant? fragte der Soldat, während die skelettöse Blonde, die an ihm hing, auf der Suche nach Zigaretten eifrig seine Taschen durchstöberte. Haben Sie die bittere Pille geschluckt, ohne ihr eine zu scheuern oder gar den Hintern zu versohlen?
Die aneinandergepreßten Körper, die lila Strähnen der Alten, vermischt mit Inês’ hellbraunem Haar, Finger mit langen Nägeln, die sich ineinander verschränkten und voneinander lösten, Gegurre, Geflüster, Gekicher, Rascheln von Röcken und Strümpfen, die beiden verschmierten, ängstlichen Gesichter, die ihn entgeistert ansahen: Wir waren nicht mehr im Krieg, mein Freund, und meine Anstellung hing von ihrer Familie ab, wenn ich mich von ihr trennte, würden sie mir dann kündigen?, die Alte grummelte eilig irgendeine Entschuldigung, Inês grummelte irgendeine Entschuldigung, und ich nahm sie an, als würde ich sie glauben, verstehst du?, als wäre nichts Außergewöhnliches geschehen, und du findest es vielleicht komisch, aber in der Woche darauf hatte ich die Angelegenheit fast vergessen, und wir liebten uns sogar hin und wieder am Wochenende mit stummer, mittelmäßiger Lust. Wahrscheinlich gingen sie zusammen ins Kino, besuchten einander, wahrscheinlich zogen sie sich gegenseitig seufzend in meinem Schlafzimmer aus, wahrscheinlich küßten sie sich und bissen sich und verknäulten sich auf meinen Betttüchern, wahrscheinlich
japsten sie wie Fische auf meinem Kopfkissen, wahrscheinlich luden sie noch mehr Lesben ein und tanzten und tranken und wechselten die Partnerin, wahrscheinlich machte Inês sich über mich lustig, erzählte lächerliche Geschichten über mich, erfand etwas dazu, übertrieb, verzerrte, na und? Ich wollte zu hoch hinaus, mein Lieber, und es war nur gerecht, daß ich den Preis dafür zahlte, es war nur gerecht, daß ich einen reingewürgt bekam, es war nur gerecht, daß ich mit dem Kopf auf das gestoßen wurde, was ich wirklich war: ein Provinzler, der Sohn eines ehemaligen Druckers, ein ziellos treibender, naiver Blödmann. Und ich habe lange dazu gebraucht, das zu begreifen, aber da gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, heute weiß ich es: du zum Beispiel, der sich irgendwie durchschlägt, könntest du nicht für einen Schwachkopf wie mich einen Job bei deinem Umzugsunternehmen organisieren?
– Was man nicht alles erträgt, verdammt, klagte der Oberstleutnant aus dem Mundwinkel, was für eine Menge Scheiße man ertragen muß.
Rücklings im Schlamm zwischen Dutzenden von Leichen und undeutlichen riesig hohen Gestalten, die sich bewegten, dem zähflüssigen Plätschern des Wassers, dem Pfeifen der Gräser und dem Neue-Sohlen-Knarren der Frösche zuhören, der Leutnant sah sich selbst, wie er, in Sicherheit, die Koffer in der Eingangshalle neben dem ebenholzschwarzen Neger in Lebensgröße an der Treppe zum ersten Stock absetzte, er sah das schnelle Abbild von Inês im Goldrahmenspiegel, eine auf der Truhe aufgehäufte Pyramide aus Mänteln und Jacken, die verblichenen Muster des Läufers, den ersten Schwager, bereits kahl, mit Augenringen und höchst besorgt, Gonçalo haben sie bereits festgenommen, sie haben Mane festgenommen, sie haben Onkel Inho festgenommen, sie haben sie zu Hause abgeholt, sie haben sie in der Bank abgeholt, sie haben sie in der Versicherungsgesellschaft abgeholt, Pedro versucht schon seit Ewigkeiten in Caxias anzurufen, aber niemand nimmt ab, er versucht seit Ewigkeiten General Ricardo
im Ministerium anzurufen, aber nichts, er ist nicht da, er kommt heute nicht, er hat eben gerade das Haus verlassen, versuchen Sie es später noch einmal, die üblichen Lügen, Sie wissen ja, wie das ist, mir kann keiner weismachen, daß diese
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