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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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einfach
nicht aufhört, in mir mit durchlöchertem Bauchnabel umzufallen, was soll ich mit diesem Neger machen, der für immer, jede Sekunde in mir mit durchlöchertem Bauchnabel umfällt, es ist einer von euch beiden, der mich ans Telefon ruft, entweder du oder er, ich nehme den Hörer ab und höre Hallo, Lieber am anderen Ende, er stieß mit den Beinen an eine Ecke des Bettes, als er, sich planlos an die Vorhänge am Fenster klammernd, versuchte, den Apparat zu erreichen, demnächst gehen unten die Lichter an, er richtete sich mit berstendem Magen
    (– Nein, Spaß beiseite, sagte der Soldat zu mir, Sie wissen doch selber, daß es nicht einfach ist, Herr Hauptmann, heutzutage mit einer Frau und drei Kindern klarzukommen.)
    schwindligem Kopf, verhedderten Gliedern auf, Was bittest du mich, dich in der Baixa abzuholen, warum nimmst du dir kein Taxi, oder, Ich bin bei Maria João mit dem Baby geblieben, in einer Viertelstunde bin ich zu Haus, Ich muß dir das von dem Neger erzählen, ich muß dir erzählen, wie sehr du mir fehlst, er ging an den Teppichfransen entlang, Ich liebe dich, stell dir bloß vor, was die mir im Krebsinstitut für einen üblen Streich gespielt haben, stell dir bloß deren Blödheit vor, er streckte die Hand zum Telefon aus, hob den Hörer auf Mundhöhe, und als er gerade antworten wollte, hatte es aufgegeben, er legte den Hörer neben sich aufs Kissen, streckte sich von Erbrechen geschüttelt auf der Matratze aus und klammerte sich mit aller Kraft an das Bakelit wie an den lebendigen Körper einer Frau.

3
    – Und für Sie, Herr Hauptmann, ist für Sie das Leben einfach gewesen? fragte mich der Soldat.
    Der Funker wohnte mit seiner schwerhörigen Patentante und einer dicken, schwarzweiß gefleckten Mischlingshündin zusammen in einer uralten Wohnung mit riesigen Zimmern in der Straße hinter der Feria Popular: im Sommer öffnet sich das Fenster seines Zimmers direkt zu den beleuchteten Karussells, daher kreisten dann und wann sekundenlang, in den süßlichen Geruch von Schmalzgebackenem gehüllt, ein Elefant oder ein Holzpferd auf dem Fußboden, bevor sie wieder zur Bude der Zigeunerin hin verschwanden, die Thrombosen, Erbschaften und Schiffbrüche voraussagte, oder zu den Ständen mit den Erfrischungsgetränken und Säften, die von jungen Frauen mit tiefen Ausschnitten und abschätzenden Pfandleiheraugen geführt wurden. Die Patentante und die Hündin, die einander ähnlich sahen, hinkten mit dem gleichen Bein, litten unter den gleichen Zipperlein, teilten eine Diät aus Kohl und Seebrasse und trabten unter klagend-triefäugigem freudigem Japsen um ihn herum.
    – Ich weiß nicht, antwortete der Soldat, wenn ich Sie mir genauer ansehe, Herr Hauptmann, dann sind Sie genauso gealtert wie wir.
    – Esmeralda, bellte die Patentante in das Zimmer mit den Schränken, indem sie mühsam den Kopf auf den verrosteten Knochen drehte, Esmeralda, komm und schau mal, wer da ist.
    Ein drittes hinfälliges Wesen, das nach Stärke und heißer Wäsche roch, tauchte mit dem Weihwasserwedel eines Wäschesprengers in der Faust auf und betete ihn mit offenem Mund in stummer Leidenschaft an, in die sich zärtliche Erinnerungsfetzen
stahlen: Taufen, ein Dreirad im Regen in einem Hof, Jodtinktur, Geburtstage. Hunderte von Uhren schaukelten feierlich zwischen Buddhas aus Porzellan, Tellern aus China, Fotos von Leutnants der Marine mit riesigen martialischen Schnurrbärten. Ein fauliger Pisseduft durchtränkte die Teppiche, und die Alten schwammen wie Taucher in dem Geruch, stießen mit dem Atem kleine Puderbläschen aus dem Mund aus:
    – Der junge Herr, rief Esmeralda hingerissen aus und suchte in der Schürzentasche, deren Naht aufgegangen war, das Tuch für die Gefühle.
    – Meine Patentante ist fünfundsiebzig gestorben, sagte der Funker, aufgezehrt davon, daß die Pide immer wieder im Morgengrauen in die Wohnung kam, um mich zu den Verhören, zu den Drohungen, in den Bau abzuholen. Esmeralda erblindete später in einem Altenheim für Arme in Combro: ich besuche sie immer zu Weihnachten, und sie spricht nicht, hört nicht, versteht nichts, kennt mich nicht. Meinetwegen haßten sie Marcelo Caetano, Herr Hauptmann, meinten, der Schuft setzte sich höchstpersönlich dafür ein, mich zu ärgern.
    Er wurde den langen Flur entlanggeleitet (die Feuchtigkeit ließ die Wände unterhalb der Decke schimmeln) und fand sein Zimmer genauso vor, wie er sich daran erinnerte, genauso wie er es zurückgelassen hatte: das Bett,

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