Fado Alexandrino
Mauer gefahren.
– Sieht so aus, als sei eine Kolonne Panzerwagen des Kommandoregiments auf dem Weg nach Belém, informierte sie der Feldwebel flüsternd, während er das Mundstück des Hörers mit der Hand zudeckte. Es sieht so aus, als wollten sie die Kavalleriekasernen, die es dort gibt, gleich mit einsacken.
– Dona Elisa, drohte Oberst Ricardo, hören Sie, wenn Ihr Sohn nicht zumindest etwas Respekt mir gegenüber zeigt und mit dem Lachen aufhört, werde ich ihm eine Ohrfeige geben.
– Sie liest zu viele Bücher, Senhor, sie ist schlecht beraten, sie will Revolutionen in Kambodscha machen, stellen Sie sich das vor, hält sich für eine Feministin, blökte der Schwiegersohn mit einem Stimmchen, das langsam seinen Weg durch die Worte suchte wie Wasser aus einem kaputten Rohr auf den Hebungen und Senkungen des Fußbodens. Lauter solchen Blödsinn, verstehen Sie, den ihr die Kolleginnen bei der Arbeit einflüstern, und sie schluckt das alles, ohne zu kauen, wie ein Strauß Rohrzangen verschluckt.
– Die werde ich fertigmachen, versicherte die Concierge, indem sie wütend die Rotznase ihres Sohnes putzte. Vielleicht schadet mir das, aber bei der Gesundheit dieses Kleinen hier, die werde ich vorher fertigmachen.
– Artur, Artur, schalt die Mutter, die der Filmkomödie mit wohlwollender Zerstreutheit zuschaute und mit behandschuhtem Zeigefinger vom Sessel her drohte. Willst du einen ganzen Monat ohne Nachtisch?
Ich half ihr, die Pakete aufzuheben, in denen zum Teil Scherben und Porzellanstücke gegeneinanderstießen, rief einen Soldaten, einen von den riesigen, eindrucksvollen schwarzen Mercedes des Ministeriums, in denen das Nappaleder der Sitze Brandflecken und -löcher von Zigaretten hatte, schob all diese kaputten Backsteine mit den nunmehr welken Schleifen und dem zerrissenen Papier auf den Vordersitz, die Parfümwolke setzte sich hinter den Fahrer, wobei sie Dankesworte murmelte, die ich nicht verstand, Ich bitte noch einmal um Verzeihung, Madame, ich war vollkommen zerstreut, und er blieb im Schatten der Arkaden zurück, tastete einen Leberfleck ab, sah, wie das Auto mit seinen gerafften Gardinen im hinteren Fenster langsam, königlich im Verkehr des Platzes verschwand, Kannst du mir vielleicht mal sagen, was du gegen Brasilien hast? fragte meine Tochter scharf, ein Passagierdampfer legte muhend vom Ponton ab, der Blinde fand endlich die Trompete, setzte sich mühsam wieder auf den Segeltuchsitz, versuchte einen noch vom Schrecken schlingernden Tango, indem er mit dreckigen Fingernägeln auf die zerbeulten Knöpfe des Instruments drückte, die Möwen flogen über dem Schiff und schrien schluchzende Kinderproteste, und mir kamen einfach so, ganz plötzlich, die fernen Jahre in den Sinn, in denen ich dir im Haus deiner Eltern in Seixal den Hof machte, in einem verblaßten Haus am Fluß, das mich immer, wie es so schief, so alt, so abgeblättert und verrottet dastand, an die Überreste eines Schiffbruchs erinnerte, das mit Möbeln bevölkert war, die die Fische, die Algen und die Zähne des Wassers angefressen hatten,
das Menschen mit unregelmäßigen, porösen bimssteinharten Zügen bewohnten, die mit den Gesten von Ertrunkenen im dichten, pestilenzialischen Dunst herumschwebten, der aus dem Ufer emporstieg und in trüben Rollen durch die Fenster drang, die in den Angeln hingen wie unter Eiterfluß leidende Backenzähne im mageren Schwamm der Gaumen. Der Tejo war eine zwischen hinfälligen Mauern und Fabrikschornsteinen gezwängte, abstoßende schmale Schlickbahn, in der ausgeweidete Schiffchen, Reste ehemaliger Kaimauern, die nur noch aus kariösen Holzbalken bestanden, vor sich hin kränkelten und grippekranke Vögel in den Höhlungen der Fassaden zitterten, die Sonne kämpfte mühsam gegen den rötlichen, beinahe festen Dunst des späten Nachmittags, deine Großmutter, die einer gefältelten Koralle glich, schlug im Wohnzimmer vor uns Wurzeln, überwachte mit grimmigen Oktopusäuglein mein Begehren für dich, ein Unterwasserpapagei bewegte sich auf seiner Messingsitzstange seitwärts wie die Figuren auf ägyptischen Fresken, brachte hin und wieder Tümmlergurren hervor, und da war etwas Undefinierbares, Seeanemonengleiches, etwas Absurdes, Rochengleiches in deinen Gesten, gewiß hattest du Miesmuscheln oder Napfschnecken oder Seeinsekten oder kleine Krebse unter deinen Achseln, in deinen Leisten, das kleine Zimmer ähnelte einem grünlichen Aquarium voller Nippeskiesel und Vasen mit Blumen, die das
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