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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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der Militärpolizei, der flaue, schlafwandelnde Mitternachtsverkehr, Ob es das kleine, ordinäre Hotel im Bairro das Colónias mit seinem
vertikalen Schild und der aphtösen Fassade noch gibt und noch denselben verstrubbelten jungen Mann, der über das Schlüsselbrett und das Buch mit dem Gästeregister wacht, noch denselben mit Metallkrampen an den Brettern der Stufen festgemachten abgewetzten Läufer? Ein paar Frauen patrouillierten langsam an den Ecken, majestätisch, übertrieben, finster, Pensão Lemos, Pensão Dias, Pensão Maracujá, Pensão Colonial, Pensão Chicago, enge Zimmer, durchgebrannte Glühbirnen, dreckige Betttücher, Fenster zu nebulösen Innenhöfen, denen, vermischt mit dem leisen Heulen der Katzen, ein Gestank nach Müll, Schreie und Schläge und Gerüttel von Sprungfedern entströmten, die hartnäckig wie Nägel ständig die Wand durchlöcherten, wie viele dieser Morgengrauen, wie viele Geschlechtskrankheiten (sieben, acht?), wie viele von Kippen überquellende Glasmuscheln, wie viele gallebittere Gewissensbisse, wieviel mühsames, aschiges Erwachen.
    – Stell dir vor, sie haben ihn zum General befördert, Clarisse, sie haben ihn zum Direktor der Militärschule ernannt, sagte die Parfümwolke herausfordernd, während sie mit der dicken freien Hand einen gräßlichen Ohrring in Lüstergröße zurechtrückte, der das Licht in Tausende, in gegensätzliche Richtungen blitzende Reflexe zerstreute. Übrigens sprach ich gerade mit Artur, und da fiel mir ein, daß dein Mann nie über einen Leutnant im Bataillonsbüro hinausgekommen ist, das war doch so, oder?
    – Suchen Sie eine Bar, in der wir ein Glas trinken können? fragte die Verkäuferin, deren Arm auf meinem Arm leichter, deren Leib unmerklich härter, kleiner wurde und sich zurückzog.
    – Ich lag doch richtig damit, daß er unten angefangen hat, ich lag doch richtig damit, daß er als Unteroffizier angefangen hat, fuhr Edite unerschütterlich fort, ihre Freundin zu unzähligen, winzigen Stückchen mißhandelten und erniedrigten Fleisches zu zerquetschen. Er hatte jedenfalls ein Heidenglück, daß er überhaupt Offizier geworden ist, die Messen für die Gefreiten und Feldwebel und so (ich kann sie nicht einmal unterscheiden, aber
was soll’s) sind ja so mies, du lieber Gott, ihr Essen so ordinär, findest du nicht? Und die Uniformen, entsetzlich schlechte Stoffe, wie grauenhaft, daß man sie zwingt, sich als Verkehrspolizisten ohne Helm zu verkleiden.
    – Es gibt da eine richtig nette mit Musik am Martim Moniz, schlug das Mädchen vor. Ich gehe da manchmal mit meinen Freunden hin.
    Ich bin nicht nur in meiner Jugend zusammen mit meinen Mitschülern aus dem Gymnasium zu ihnen gegangen, dachte der Oberstleutnant, nicht nur, als ich erwachsen wurde, mit sprießendem Schnurrbart, einsam wie ein Fuchs, sondern auch während der Ehe und vor allem nach deinem Tod im Krebskrankenhaus, um nicht allein zu Hause zu bleiben, verstehen Sie, und dort wach im Dunkeln vor Angst zu zittern, mit blinden Augen nach dem etwas helleren, fettfarbenen Fleck des Fensters zu suchen, den Geräuschen der Büsche und den Schritten eines fernen Afrika zu lauschen, die vom Ticken der Armbanduhr auf dem Nachttisch und vom Wasserstrahl der Tankwagen, die unten die Straße wuschen, ganz allmählich aufgelöst wurden. Vor allem nach deinem Tod im Krebskrankenhaus, das sollst du wissen, wenn kein Wein in der Speisekammer war oder er, über die Stühle stolpernd, es aufgab, nach der Flasche Whisky oder Tresterschnaps im Schrank zu suchen, wenn ihn gasige Klauen quälten, die ihn zwickten und zogen, Gestalten in weißen Kitteln und Gummihandschuhen, die, mit großen blutigen Messern bewaffnet, auf Steintischen liegende bleiche Körper zerteilten, Finger blutrünstig auf ihn zeigten, Du hast sie getötet. Eine gelöschte Leuchtreklame an einer Ecke, Pensão Angola, Übernachtungen, Erster Stock, hoch oben schaukelte von schwarzen Faltern umflattert eine schmiedeeiserne Laterne, Was soll das? empörte sich die Boutiquenverkäuferin, während sie hineingingen, was soll das, ein Typ in Hemdsärmeln döste hinter einem kaputten Tresen, der einem Stück Kaimauer aufs Haar glich, der Oberstleutnant zeigte der Gleichgültigkeit des anderen eine Ecke Visitenkarte, schrieb das Datum und setzte
seine Unterschrift auf eine Karteikarte, erhielt einen Schlüssel, Dritte Tür rechts, trieb sie eine Art Tunnel entlang, der nach Urin und verdorbenen Konserven roch, drehte den Türknauf,

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