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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Kniehosen aus Samt bei mir auf, einem Pony im Haar und Rüschenhemd und sagte immer wieder leise wie ein Kind jaulend, Mama Mama Mama Mama Mama Mama.
    Um ehrlich zu sein, Herr Hauptmann, es war nicht nur in jener Nacht so, wir haben weitergetrunken wie heute, drei oder vier Tage hintereinander, die Uhrzeiten und Erinnerungen flossen ineinander, schaukelten wie Quallen in meinem Kopf, der Libanese redete ununterbrochen von der raffinierten, unendlichen Wollust der Hühner, ich erinnere mich vage an dicke Mulattinnen in schmutzigen Hütten zahnloser Schwarzer mit grauem Kraushaar, die die riesigen Gaumen zu tonlosem Gelächter öffneten, daran, daß mir die Brieftasche, die Papiere, die Schlüssel, das Geld gestohlen wurden, daß wir Arm in Arm im Sonnenschein über den Strand gingen, pfiffen und einander beschimpften, uns gegenseitig Zuckerrohrschnapsflaschen auf die Köpfe kippten, albern und glücklich, bis wir wieder in der Pension inmitten der bebilderten Bücher, der Lexika, der Notizen, beim Affen landeten, der vom Alkoholgeruch angestachelt mit angstvollen Schluchzern von Hocker zur Hocker hüpfte, zu einem ausgestopften Albatros, der uns wütend von einem Bücherstapel herab ansah, und als ich schwindlig, einen sauren Geschmack auf der Zunge, in die Schädlingsbekämpfungsmittelfabrik zurückkehrte, fand ich das Büro der Geschäftsleitung voller verstorbener Verwaltungsratsmitglieder vor, eine letzte Schreibkraft, die in Agonie auf dem Fußboden strampelte, die absolute, feste, mineralische, auf Eisenbahnunglücke folgende Stille träufelte eine verlassen polare Atmosphäre auf die Schreibtische, in der der kleinste Gegenstand (ein Notizbuch, ein Radiergummi, ein Stempel, ein Keramiktopf mit Stiften) unvermittelt eine zugleich geheimnisvolle und offensichtliche
Bedeutung erlangte, ich bezahlte mich selbst im menschenleeren Lohnbüro, in dem die offenen Schubladen kraftlosen Kiefern glichen und Bürodienerkakerlaken unter den Tischen trockneten, im gesamten Viertel wankten Geschöpfe mit Augenringen vor mir her, bis sie an den Ecken mit einem kleinen, stockenden Seufzer umfielen, Bäume wie welke Kohlpflanzen neigten sich schlapp zum Boden, der mitleidige Biologe gab mir eine Anstellung in dem Labor, in dem er jetzt die postmasturbatorische Melancholie der Uhus in einem Raum studierte, der mit den Käfigen von Dutzenden von Vögeln mit dichten, gerunzelten Augenbrauen und ängstlichen hypermetropen Pupillen ausgekleidet war, die Gänsehaut bekamen von den gleißenden Lampen und dem Pfeifen komplizierter Apparate voller Knöpfe, Zeiger und Zifferblätter, Thermometer, Nägel, der Libanese und eine schielende Assistentin, die intensiv nach zu wenig Wasser und mathematischen Gleichungen roch, beide im Kittel und mit Brille, spähten eifrig und wortreich durch die Gitterstäbe und diktierten einander begeisterte Notizen, Aufgabe des Leutnants war es, die Tiere mit großzügigen Mahlzeiten aus Eidechsen, Ratten und Nacktschnecken zu füttern, ihr Gefieder zu bürsten und mit einer Art Messer oder Maurerkelle den Kot vom Grund der Käfige zu raspeln, ein alter Herr mit Sommersprossen und polnischem Akzent, den alle respektvoll Professor Rdwkvsmky nannten, ein berühmter Fachmann für Eulensperma, kam hin und wieder, um mit kritischer Lupe die Bäuche der Tiere zu betrachten, und riet, die Wände mit Fotos von Öllichtern, Glocken und Kirchtürmen zu bepflastern (Es gibt nichts Besseres als die Religion, um die Uhus zu beflügeln, behauptete er energisch, es gibt nichts Besseres als den Katholizismus, um die libidinösesten und perversesten Instinkte der Vögel zu stimulieren), wir rannten eine ganze Woche lang, die Nase in der Luft, herum und nahmen Sakristeien und Kapellen auf, klauten Türklopfer und hängten Kruzifixe an die Bunsenbrenner, stellten sieghaft mitten im Saal einen riesigen heiligen Antonius aus Ton mit einem Christuskind auf dem Schoß
auf, das aussah wie Mickey Rooney, und die Eulen, Herr Hauptmann, zitterten immer trauriger, immer frösteliger, immer stummer, immer regloser, immer nervöser, in den Ecken ihrer Käfige versteckt, Professor Rdwkvsmky versuchte erfolglos, sie mit einem langen Haken, mit einem Besenstiel, mit einem Stock, mit der Spritze eines Schlauchs zu stimulieren, der Libanese und die Schielende winkten ihnen mit nutzlosen Plakaten vom Vatikan, von der Sixtinischen Kapelle, der Kathedrale von Chartres, sie ersetzten den monströsen heiligen Antonius durch einen Christus in

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